Kapitel 4

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Das hier war auf jeden Fall nicht mein Zimmer. Panisch setzte ich mich auf, musste aber sofort inne halten. Mein Kopf schmerzte höllisch und mir war noch immer schwindelig. Ich konnte mich überhaupt nicht an die letzten Stunden erinnern. Das Einzige was ich noch wusste war dass Melissa mir ihre Nummer gegeben hatte

Oder hatte sie?

Ich hatte ernsthaft keine Ahnung. Zuerst würde ich gerne wissen, wo ich war und wie ich hierher gekommen war. Mir war allerdings bewusst, dass ich in dem Zustand erstmal gar nichts machen würde. Mein ganzer Körper schmerzte und mein Kreislauf schien alles andere als stabil. Wenigstens meinen Kopf ließ sich einigermaßen bewegen und so konnte ich mich zumindest ein wenig orientieren. Auf dem Nachttisch neben dem Bett stand ein Glas Wasser und darunter lag ein Zettel.

Wenn ich nicht da bin wenn du aufwachst, keine Sorge. Ich komm gleich wieder -Ole

Ole? Natürlich. Ich hatte sein Zimmer seit langem nicht mehr gesehen. Die Häuser der anderen waren schlichtweg größer und besser ausgestattet als Oles Haus und deshalb trafen wir uns eher dort als hier. Aber weshalb hatte Ole mich nicht einfach nach Hause gebracht? Was war auf der Party überhaupt passiert?

Ich hörte das Schaben der Tür über den Boden und kurz darauf sah ich Ole mit einem Tablett in der Hand in der Tür stehen.

,,Oh du bist wach. Gut.'' er schien erleichtert und nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte, setzte er sich zu mir auf das Bett.

,,Wie geht's?'' fragte er und legte mir das Tablett auf die Beine, woraufhin ich nur mit den Schultern zuckte. Die ganze Situation machte mir Angst, ich hatte einen totalen Filmriss und so langsam begann ich an mir selbst zu zweifeln.

Hatte ich vielleicht irgendwie verschissen und am Ende doch noch zu viel Restmedikament im Blut gehabt? Ich war an dem Tag der Party um zwei nach Hause gekommen, hatte meine Medikamente genommen und bin schlafen gegangen. Keine Ahnung ob ich mich da verkalkuliert hatte, vermutlich. Ich sah auf das Tablett, ein Croissant und ein Tee. 

,,Denkst du es waren die Medikamente?'' fragte ich nun auch Ole, der mir still dabei zugesehen hatte wie ich am Croissant knabberte, bekam daraufhin von ihm auch nur ein stummes Kopfnicken. Ich wusste, dass er vor allem am Morgen kein großer Freund von überschwänglichen Gesprächen war und gerade im Moment war ich froh darüber. Lina hätte mich jetzt vermutlich mit Fragen bombardiert und ich hätte überhaupt nicht mitkommen können. Miko hätte versucht alles herunterzuspielen indem er Witze gemacht hätte, dabei wäre aber alles nur noch schlimmer geworden. Nadja wäre definitiv heillos überfordert gewesen und von Pascal brauchte ich gar nicht er anzufangen.

Nach dem Frühstück fühlte ich mich schon um einiges besser und zu dem Zeitpunkt an dem Ole meinen Rucksack aus dem Auto unten gekramt und ich meine Medikamente genommen hatte, war schon wieder fast alles beim Alten. Er hatte wohl meine Mutter gestern Abend noch angerufen und gesagt ich würde hier schlafen und wäre bereits eingeschlafen. Ich war wirklich dankbar, dass er nichts verraten hatte. Ich würde bis zum Hals in der Scheiße stecken wenn das hier rauskam und Ole wusste das. Zudem war es nicht das erste Mal, dass er dafür sorgte, dass ich nach einer Party sicher war. Bei seiner Party, dem letzten Tag an dem er noch siebzehn gewesen war, ging es Miko am Ende richtig beschissen und wir alle waren bei ihm geblieben um uns zu versichern, dass es ihm irgendwann besser ging. Ole hatte für alle von uns gecovert und bis heute war nichts rausgekommen.

,,Alles klar?'' fragte Ole und ich hörte etwas Besorgnis in seiner Stimme.

,,Jap. Tut mir leid, dass du die Party gestern verpasst hast wegen mir.''

Er wank ab.

,,Ach egal. War eh nicht der Hammer.''

,,Mmh. Was hast du den anderen gesagt?''

Er zeigte mir sein Handy, er hatte in unsere Gruppe geschrieben

Mir geht's nicht so gut, ich bin schon früher abgehauen und hab Sami mitgenommen. Ihr wolltet ja eh bei Nadja pennen. Wenn's sein muss fahr' ich euch home morgen

Miko: Ne alles gut, gute Besserung O.

Lina: Ja kein Problem ruh dich aus

Nadja: Gute Besserung

Ich nickte. Er hatte nichts davon gesagt was gestern los war, die Erinnerungen an die letzten Stunden auf Nadjas Feier waren bruchstückhaft bereits wieder zurückgekehrt und ich wollte nicht, dass sich irgendwer Sorgen machte.

,,Du hast mir gestern einen heftigen Schock eingejagt als du im Auto zusammengeklappt bist. Ich hatte echt Angst dass dir was passiert ist als du mit dem Kopf gegen die Fensterscheibe geknallt bist, aber soweit ich erkennen kann ist alles gut, oder?''

Ich bejahte und lehnte mich an die Wand am Kopfende des Bettes, bevor ich wieder zu meinem Rucksack griff und mein Handy herauszog. Wo hatte Melissa nochmal ihre Nummer hingeschrieben? Hatte sie sie direkt eingespeichert oder war sie unter Notizen? Ich hatte es total vergessen. Ich probierte alle möglichen Kombinationen ihres Namens aus und stieß bei meinen Kontakten irgendwann auf den Kontakt Melissa Brunner. Das musste sie sein. Ich wechselte direkt auf WhatsApp und suchte nach ihrem Kontakt auch dort. Zu meiner Überraschung war sie nicht zu finden, also beschloss ich, es auf die altmodische Art zu machen und ihr eine SMS zu schicken, die sogar ankam.

Hey Melissa. Hier ist Samuel, von der Party gestern.

Oh hey Sami! Ist alles gut? Du bist gestern mega blass geworden und ich habe nur noch gesehen wie so'n Typ dich mitgenommen hat.

Ich lebe noch und keine Sorge, der ''Typ'' ist ein Kumpel von mir. Ole.

Ah okay sorryy

Ne kein Problem aber ich habe eine Frage

Ja?

Hast du kein WhatsApp oder funktioniert mein Handy einfach nicht richtig?

Ahhh ne mein Handy ist neu und ich bin noch nicht dazu gekommen irgendwas runterzuladen. Liegt nicht an dir.

Okay dann ist gut, ich dachte schon. Was machst du gerade?

Daraufhin bekam ich keine Antwort mehr. Na gut. Vielleicht hatte sie gerade einfach was anderes zu tun, als nur am Handy zu hocken.

,,Soll ich dich nach Hause fahren? Meine Eltern kommen gleich sicher wieder und dann haben wir nur unnötige Fragerei.''

Ich nickte, packte schnell meine wenigen Sachen in meinen Rucksack und kaum fünf Minuten später fand ich mich im Auto wieder. Meine Eltern waren vermutlich noch immer arbeiten, also sollte ich kein Problem damit haben, ihnen für das Erste aus dem Weg zu gehen.

Auf halbem Weg klingelte auf einmal mein Telefon. Lina.

,,Hey Sami, wie geht's?''

,,Oh gut, und selber?''

,,Auch. Du bist doch gerade bei Ole, oder?''

,,Ja, wieso?''

,,Ich wollte fragen ob du ihn fragen kannst ob er mich am Wochenende zum Volleyballtunier fährt. Ich kann ihn nicht erreichen.''

Ich sah zu Ole und stellte die Frage, welche er bejahte. Kurze Zeit später kam die Idee auf, daraus einen Strandtag zu machen und zum Glück hatte jeder Zeit, so dass wir für den kommenden Samstag endlich mal wieder an den Strand - oder in unserem Fall den See - gehen konnten, als Gruppe. Ich konnte mich kaum noch daran erinnern, ob wir es letztes Jahr gemacht hatten, vermutlich eher nicht.

Ole setzte mich Zuhause ab und fuhr mit seiner gewohnten Höllengeschwindigkeit in die Richtung, aus der wir gekommen waren. Ich sah ihm grinsend und kopfschüttelnd hinterher. Das würde ihm nochmal den Führerschein kosten, sicher. Aber ich wollte jetzt einfach nur in mein Zimmer und mit meiner Gitarre allein sein. Es gab so viel über das ich schreiben musste, sonst fraß es mich von innen auf...

PrinceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt