~13~

89 7 4
                                    

Das plötzliche Licht der Fackel blendet mich, so dass ich im ersten Moment nichts erkennen kann. Ich höre Louise' Schritte hinter mir und ihr Rufen: "Komm schnell, Jola!" Doch es ist bereits zu spät; ich spüre den festen Griff um mein Handgelenk. "Du gehst nirgendwo hin", sagt die Gestalt vor mir eindringlich. Im Licht der Fackel werfe ich einen kurzen Blick auf das Gesicht unter der Kapuze. Die grünen Augen funkeln gefährlich. "Lass mich los!", kreische ich panisch und versuche mich loszureißen. "Keine Angst", raunt die Person und kommt mir erschreckend nahe. Mein Herz gleicht einer Trommelparade. Mit einem Windhauch geht die Fackel aus und eine schreckliche Finsterniss legt sich über den Wald. Finsterniss und unheimliche Stille. Ich kann hören wie die erloschene Fackel auf dem Boden aufkommt. "Louise?", rufe ich ängstlich, aber niemand antwortet. Eine Hand streicht mir übers Gesicht, während ich noch immer festgehalten werde. Ich schlucke schwer und versuche die Tränen zu unterdrücken. "Alles wird gut...glaub mir." Endlich merke ich wer vor mir steht. Milton, wer sonst. Ich bringe keinen Ton heraus. Als er noch einen Schritt mehr auf mich zukommt, will ich nach hinten gehen, doch sein Griff ist zu stark. "Lass mich gehen", wimmere ich. Meine Hände sind schweißnass und über meine Wangen strömen Tränen. Jetzt ist es vorbei, sage ich mir immer wieder, endgültig. Ruckartig zieht Milton mich zu sich und drückt mich an seinen Körper. Er lässt mein Handgelenk los und umschlingt mich mit seinen Armen. "Ich will aber nicht dass du gehst", sagt er und auch wenn ich es nicht sehe, spüre ich sein Grinsen förmlich. Ich bin von mir selber angeeckelt, dass ich mich in seiner Umarmung am Morgen noch unglaublich sicher gefühlt habe. Mit einer Hand streicht er über mein Haar und ich schließe meine Augen. Bitte lass das alles hier schnell vorbei sein, bete ich innerlich. "Warum sollte ich jemanden den ich liebe, gehen lassen?", sagt er und lacht. Er hebt mein Kinn an, so dass ich ihm in seine verführerischen, grünen Augen gucken muss.Er kommt meinem Gesicht immer näher, ich spüre seinen Atem auf meiner Haut. "Weil du ein Verräter bist", zische ich, bevor er mich küssen kann. Ruckartig lässt er mich los und schaut mich erschüttert an. "W...was?", diesmal ist er es, dessen Stimme zittert. Das ist die perfekte Chance, lauf weg! Etwas hält mich hier. Die Art wie er auf meine Antwort reagiert hat. "Ja", sage ich deshalb mutig, "Du bist ein mieser Verräter!" "Sag dass nicht! Du liebst mich!", ruft er mit bebender Stimme. Mein Plan geht auf. "Oh nein, ganz bestimmt liebe ich dich nicht! Vielleicht habe ich es einmal getan, aber nachdem ich hinter deine Fassade schauen konnte, werde ich es niemals wieder tun!" Er sieht mich mit purer Enttäuschung an. Ich schaue ihn nicht an, schaue abwertend weg und versuche mir meine Angst nicht anmerken zu lassen. "Ich...ich hasse dich!", schreie ich und laufe davon. Während ich durch das Gebüsch stolpere, fange ich wieder laut an zu schluchzen. Ich hasse ihn. 

Herbstnebel-Meine ErinnerungenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt