Kapitel 11

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Der nächste Morgen verlief noch halbwegs entspannt. Es war schließlich Sonntag und wir hatten keine speziellen Verpflichtungen. Hailey ging es immer noch schlecht wegen meines Bruders, doch ich brachte ihr das Frühstück ans Bett und sorgte dafür, dass sie sich wenigstens ein bisschen wohlfühlte. Sie tat mir wirklich leid, da ich dieses Gefühl genau kannte.

Schließlich machte ich mich fertig, um mir in der Schulbibliothek ein paar Bücher auszuleihen, die ich heute gemütlich lesen konnte. Mit einer schwarzen Jogginghose, einem schwarzen Top, einer schwarz-rot karierten Bluse und meinen ausgelatschten Converse lief ich los, nachdem ich meiner Zimmergenossin kurz Bescheid gegeben hatte.
Faith wich nicht von meiner Seite. Sie war wie mein Schatten, doch es beruhigte mich, sie bei mir zu wissen.

In der Bibliothek angekommen sah ich keine Menschenseele außer der alten Bibliothekarin, die mich freundlich anlächelte und nickte. Schnellen Schrittes ging ich in das hintere Abteil zu den Romanen und suchte ganz vertieft nach etwas, was mich auf Anhieb in seinen Bann zog. Faith legte sich in eine Ecke, während ich völlig die Zeit vergaß, als ich in den Regalen stöberte.
Währenddessen merkte ich nicht, dass die Bibliothekarin auf einmal den Raum verließ und die Tür hinter sich verschloss.
Erst als die Luft sich auf einmal zu erwärmen schien, erwachte ich wie aus einer Trance. Bildete ich mir das gerade nur ein? Oder wurde es wirklich wärmer?
Faith grummelte ein wenig unstimmig. Auch sie merkte, dass hier etwas nicht stimmte. Sofort drehte ich mich rum, um zu ihr zu gelangen, als er plötzlich vor mir stand. Der Schrei blieb mir im Hals stecken und ich konnte ihn nur mit großen Bambi-Augen anstarren. "Na? Hast du mich vermisst?", wollte er schief grinsend wissen, denn ihm war sehr wohl bewusst, welche Wirkung er auf mich hatte.
Mein Herz schlug so schnell, dass man es im Umkreis von 5 Metern noch hören musste und meine Hände zitterten unkontrolliert. Leider konnte ich meine Augen immer noch nicht von diesem wunderschönen Gesicht abwenden.
Sein Grinsen wurde breiter und er kam näher. So nah, dass er nur noch einen kleinen Schritt von mir entfernt war. Mit klopfendem Herzen sah ich zu ihm auf, fasziniert von seinen dunklen Augen.
Sky! Verdammt, reiß dich zusammen! Das ist echt der falsche Typ zum Anhimmeln!!

Unfähig, mich zu bewegen, ließ ich zu, dass er die Distanz zwischen uns überwand und nun ganz dicht vor mir stand. Wo war Faith, wenn man sie brauchte?
Ich wollte sie rufen, doch meine Kehle brachte keinen Laut hervor. Seine Hände legten sich auf meine Hüfte und drückten meinen Körper an seinen. Es war, als hätten meine Gliedmaßen ihr Eigenleben entwickelt, denn meine Arme schlangen sich wie von selbst um seine Taille und, als er sich zu mir hinunterbeugte, stellte ich mich auf die Zehenspitzen, um ihn zu küssen.
Was tust du da?! Stopp! Sky! NEIN!
Doch es war zu spät. Mit einem kurzen Zucken seiner Mundwinkel legte er seine Lippen auf meine und mein ganzer Körper schien zu kribbeln.

Stunden später saß ich noch immer in meinem Zimmer und konnte nichts tun, außer wie gelähmt die Wand anstarren. Was. War. Da. Bloß. Passiert? Wo war mein Gehirn in diesem Moment gewesen? Mein Verstand? Mein Selbstwertgefühl? Alles war in diesem Moment wie verpufft und ich hatte keine Kontrolle mehr über meinen Körper gehabt. Hätte er den Kuss nicht unterbrochen, hätte ich ihm alles gegeben. Alles. Und das Erschreckendste an der Sache war, dass ich das tief in meinem Innern irgendwo wollte, doch mir war klar, dass das falsch war. Er war der TEUFEL! Satan höchstpersönlich! Wie konnte ich nur so naiv sein? Ich wusste doch genau, dass es für mich nicht gut ausgehen würde, doch was tat ich? Ich dummes Ding warf ihm mein kleines naives Herzchen einfach vor die Füße und ließ ihn damit spielen.
Das wird noch böse Folgen für mich haben...
Nein, nein ich konnte nicht in ihn verliebt sein! Es lag einfach nur an seiner beschissenen teuflischen Anziehungskraft und dem Reiz des Bösen. Mehr nicht. Hoffentlich. Nein nicht hoffentlich, es war so!
Mit immer noch wackeligen Beinen stand ich auf, setzte mich an den Schreibtisch, nahm ein Notizbuch und einen Dauerschreiber und begann einfach zu schreiben. Das half mir mit allem beswer fertig zu werden. Beim Schreiben konnte ich einfach mal meine verkorkste Welt vergessen und ganz in meine Fantasie eintauchen. Mir fiel es auch nicht schwer, mir immer wieder neue Geschichten zu überlegen, die Worte flossen förmlich aus meinem Kopf in meine Hand und aufs Papier.
Für diesen einen Moment fühlte ich mich frei von all den Sorgen und den Problemen.

Lucifer-verdammtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt