18.

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Nun doch wieder etwas verunsichert trat Tia an das riesige Bett heran und zeichnete mit leicht bebenden Fingern eine der prächtig geschmiedeten Metalblumen nach, die sämtliche Bettpfosten zierten.
„Gefällt euch die Einrichtung nicht, so könnt ihr alles ändern, Mylady.", sagte Hester wieder in ihre Gedanken hinein. „Der Herr wünscht dass dies hier euer liebstes Gemach wird und vollständig euer Gefallen findet, gleich in welchem Belang auch immer. Das Bett ist gigantisch groß, gewiss. Der Herr hat hier jedoch niemals genächtigt.
Wenn ihr also ein schlichteres wünscht..."
Tia schüttelte lediglich den Kopf.
„Der Herr wird mich hier aufsuchen kommen. Und er wird dies Bett sicherlich genau so stabil und groß brauchen können wie es ist, Hester, so es denn so unzerstörbar ist, wie es aussieht. Ich danke dir für deine Sorge und ja ich werde wohl zwei drei Dinge hier verändern, denn es ist doch sehr... prunkvoll eingerichtet, ich aber bin ein eher schlichter Mensch und finde gefallen an mancherlei Dingen, so auch gelegentlich am Sticken. Ich werde mir also selbst einen Baldachin für mein Gemach fertigen. Das wird mir die Stunden füllen, wenn Darkh nicht nach meiner Nähe verlangt, denke ich. Ich weiß ja nicht wie oft er abwesend geht..."

„Oh den gesamten Tag, Mylady. Es gibt Krieg an gleich zwei Grenzen. Die hoch geborenen Drachenherrn kümmern sich persönlich darum und unterstützen alle Tage die Truppen bei ihrem Vormarsch.
Und ich denke auch euer Königreich wird nun fortan dazugehören, Mylady, weil es heißt man habe euch mit brutaler Gewalt vertraut gemacht, als ihr noch ein Kind wart."
Tia zog verwundert die Brauen hoch und drehte sich rasch wieder zu der Dienerin um.
„Wer hat das behauptet?", fragte sie nun deutlich schärfer sprechend.
Hester knickste sofort besorgt und senkte den Kopf.
„Oh... seid bitte nicht verärgert und verzeiht mir meine Worte. Doch wir hören und sehen viel. Es spricht sich auch rasch herum."

„Es ist dennoch sehr übertrieben, was sie da reden, Hester. Mein Vater schlug mich nur ab und an ob meines Ungehorsams, so wie ein jedes Kind ab und an gezüchtigt wird, wenn es fehlt. Und wenn mein wehrter Gatte mir nicht so sehr weh tut, so bedeutet dies auch nicht sogleich das ich an garstige Grausamkeiten gewohnt bin, sondern das er mir tatsächlich nicht weh tut, Hester.
Er geht mit mir um, als sei ich eine wertvolle Rosenblüte... als sei ich das Kostbarste für ihn. Er ist wirklich sehr behutsam und freundlich. Also was sollte mir da bitte mangeln, frage ich dich? Und wie kann man da das Verhalten meines Vaters schimpfen? Alle Eltern züchtigen ihre Töchter und ich war sehr sehr oft ungehorsam, nur weil er mich niemals lieben konnte, doch das verstehe ich heute gut. Raubte meine Geburt ihm doch die über alles geliebte Gattin.
Was hat das dann noch mit Dünkel zu tun und absichtlicher Härte, wenn er mir einzig sein Herz nie öffnen konnte, frage ich dich?
Gut ich hatte eine grausige erste Gouvernannte, die mich ins Wasser trieb, doch diese entfernte er, als es bekannt wurde das sie mich oft und gerne schlug. Das ist doch sicher nicht die Tat eines grausamen Vaters?", ereiferte sie sich verstimmt und schüttelte schließlich den Kopf.
„Mir will scheinen man sieht hier so manches in sehr düsterem Licht, das tatsächlich aber wunderbar hell ist und strahlt.
Letztlich bin ich schon jetzt sehr froh darüber, nicht das Gift genommen zu haben sondern den Dragon.
Mein Gemahl könnte nicht aufmerksamer und freundlicher sein, Hester. Bitte verbreite auch dies, denn das ist die Wahrheit.
Denn selbst wenn Darkh und sein Vater die Dinge nun gerne anders sehen möchten...  da mein Vater seine geliebten Töchter mit der Runenfälschung beschützte, auf denen ausschließlich mein Name geschrieben stand... ich hatte eine wundervolle Kindheit, auch ohne alle Eltern, doch mit unzähligen freundlichen Menschen im Gesinde, das mich aufzog und auch mochte.
Doch weil mein Vater meine Mutter so sehr misste, das er meinen Anblick nicht ertrug, weiß ich das seine Liebe größer war als das flammende Herz eines Drachen und ich vergebe ihm seine Härten, auch wenn Darkh ihm diese nicht vergiebt und mein Heim vermutlich gerade in Schutt und Asche legt. Indes... ich bin nur eine Braut. Frauen haben zu gehorchen, wenn die Männer entscheiden, Hester. Ich werde ihm also niemals dreinreden, denn ich denke so ist es für alle am Besten. Es war schon überaus freundlich von ihm, dass er mich fragte wen in meinem früheren Leben ich mochte und geschont sehen wollte, abgesehen von meinem Vater, der aber wohl erleichtert sein wird nun endlich den Weg zu meiner Mutter zu finden.
Er hat Gott Jahrelang inniglich angefleht ihn ebenfalls zu sich zu nehmen, allabendlich am Feuer sitzend, wenn er dachte alles würde nun schlafen.
Ich aber ging dann mit Gretel hinaus zum Weiler... schwimmen und schlich mich dazu am Studierzimmer meiner Mutter vorbei in dem er saß und mit ihrem Bildnis, das Fort hängt, sprach. Ja, ich habe ihn sehr oft von ferne betrachtet und mir gewünscht ich könnte ihm helfen seinem Leid zu entkommen. Nun hilft ihm Darkh dabei und mein Vater ist endlich von seiner Qual erlöst."

Die Magd sah sie nur erbleichend an und schluckte merhmals heftig, bevor sie sich wieder fing und das Thema wechselte.
„Wünschen... Mylady später vielleicht ein heißes Bad zu nehmen?", krächzte sie schließlich nur wieder sehr mitleidig schauend.
Tia sah sie schwach lächelnd an und wusste das die Gute ihr gerade wohl noch immer kein einziges Wort glaubte.
Resignierend gab sie es also auf sie zu überzeugen zu versuchen. Darkh genoss hier wahrlich einen äußerst schlechten Ruf, der sicherlich auch nicht ganz unverdient war. Doch ihr gegenüber konnte er milde walten lassen... wohl, weil sie nicht zu laut schrie oder zu sehr ängstigte... oder sich gar erbittert seiner Nähe erwehrte, wie die anderen Bräute es vielleicht gehalten hatten?, fragte sie sich kurz zweifelnd.

„Mylady, wollt ihr ein Bad?", fragte Hester nur wieder verunsichert nach und unterbrach ihre grüblerischen Gedankengänge.
Tia wandte sich der Magd erneut leicht traurig lächelnd zu und schüttelte den Kopf. „Danke, Hester, sehr freundlich von dir. Doch ich hatte bereits ein kaltes Bad am Morgen, im Wasser der Höhle in die Darkh mich zuerst brachte. Eine Kleinigkeit zu Essen jedoch wäre freundlich, wenn es gerade keine Umstände macht. Sicher haben die Köche viel zu tun ...mit dem Mittagsmahl, das ja auch schon bald ist.

„Mylady bekommt selbstverständlich alles was sie haben will, genau dann wenn sie es will. Die Köche werden umgehend etwas zubereiten. Worauf habt ihr denn Appetit?", fragte Hester erstaunt über Tias Umsicht und Zurückhaltung.
„Ach, nur das was für heute geplant war. Es ist mir recht. Ich bin nicht so wählerisch oder mäkle gar an Speisen herum, weiß ich doch wie hart die Arbeit in der heißen Küche ist...
Sie war mir besonders in den Wintertagen oft ein geliebter Aufenthaltsort. Unsere Köchin Margit mochte mich gern und steckte mir immer wieder feine Honigkuchen zu, wenn ich niemandem im Weg herumstand. Sie alle so emsig werkeln zu sehen und auch die Mühe, die sie sich machten, um meinen Vater zufrieden zu stellen hat mich stets beeindruckt.
Also werde ich es auch den hiesigen Köchen nicht schwerer machen.
Die Hauptsache ist doch, dass es gute Köche sind, die da das Essen bereiten, denke ich, dann will ich es zufrieden sein.", übte sie Bescheidenheit und lächelte wieder ein wenig schmerzlich. Denn Margit und Gretel fehlten ihr... wie auch die Burg Ragips.

„Du kannst jetzt gehen, Hester. Ich werde mich ein wenig ausruhen.", sagte sie noch leise und trat an eines der Fenster und blickte hinaus. Das weite Land, Wiesen, Felder und Wälder lagen vor ihr ausgebreitet und sie sah die Arbeiter auf dem Felde das Korn und Heu einholen. Sie wirkten so ruhig und glücklich dabei.
Junge Mägde brachten den Arbeitern am Pflug Wasser und scherzten mit diesen.
Es gab da nirgends einen Aufseher, der sie zur Eile antrieb, so wie daheim. Da hatten die Bauern doch immer sehr gehetzt und müde gewirkt, waren fast über die Felder gerannt, statt gegangen... und gelächelte hatten sie auch fast nie, es sei denn es war einmal eine große Feier und sie dürften mit den Junkern zusammen Speisen.
Ja...
Alles in allem gefiel es ihr hier sehr gut, dachte Tia wieder bei sich und gähnte schließlich verhalten. Sie bemerkte nicht das Hester, die leise zur Tür gegangen und hinausgeschlichen war, doch immer noch durch einen Ritz hineinspähte was die neue, junge Herrin denn nun machen würde, da sie sich nun ganz alleine und unbeobachtet fühlen musste.
Ob sie gar anfing sich tüchtig auszuweinen, ob ihres harten Schicksals, das sie so arg beutelnd getroffen hatte?
So viele vor ihr hatten da schon geweint, an anderen Orten, bei anderen Drachenherren. Doch Lady Tia schien dagegen tatsächlich recht entspannt zu sein, nur eben erschöpft, legte sich schließlich, einzig noch ihre Schuhe abstreifend auf das allzubreite Bett, das ein jeder Diener des Schlosses erschreckend fand und schloss die Augen. Nur wenige Momente später schien sie fest eingeschlafen zu sein.

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