Das besondere an einer besten Freundin ist, dass sie immer und in jeder erdenklichen Lebenslage für dich da ist. Ganz egal wie viele Probleme sie auch selber gerade hat, wenn sie sieht, dass es dir schlecht geht, du ihr offenes Ohr oder ein Schulter zum Anlehnen brauchst, tut sie alles in ihrer Macht stehend, damit es dir wieder besser geht. Während sie also mit der einen Hand mitfühlend deinen Arm tätschelt und dir mit der anderen liebevoll die Tränen trocknet, schafft sie es auf verblüffende Art und Weise auch noch, dir mit ein paar aufbauenden Worten die Welt ein bisschen weniger grau und trübsinnig zu reden. Genau so eine beste Freundin ist auch Leonie.
Schon als ich vor einer guten halben Stunde vor ihrer Wohnungstür stand und sie mich augenblicklich in eine erdrückend feste Umarmung gezogen hat, als hätte sie längst geahnt, dass irgendetwas nicht stimmen würde, brannten Tränen in meinen Augen und dort, wo einst mein Herz war, schien ein schwerer Steinklumpen träge vor sich hin zu schlagen.Nachdem Svenjas aus meinem Haus gestürzt ist und mich erneut mit einer Mischung aus Wut und Fassungslosigkeit zurückgelassen hat, kann ich keinen klaren Gedanken mehr fassen. In meinem Kopf dreht sich alles, wie in einem nicht enden wollenden Karussell und Gefühle, deren Intensität mich in absoluter Verwirrung zurücklassen, saugen mir auch den letzten Funken Kraft aus dem Körper.
Das schlimmste ist, dass es nicht Svenja ist, die all diese Emotionen in mir hervorruft. Nein, es ist die Frau, der ich schon ein mal mein Herz schenkte, das nur für sie zu schlagen schien und das auch jetzt total außer Kontrolle gerät, sobald diese Frau nur in meine Nähe kommt. Hannah.Ihr Name spielt sich seit dem Vormittag unentwegt in meinem Kopf ab, wie ein Lied, das sich in Dauerschleife wiederholt, das man aber nicht abstellen kann. Am liebsten will ich mir die Ohren zuhalten, die Augen schließen, um ihr Gesicht nicht ständig vor mir sehen zu müssen, doch ganz egal was ich auch tue, es hilft nichts. Ich scheine nicht mehr Herr über meinen eigenen Körper zu sein, nicht mehr kontrollieren zu können, was ich denken und fühlen will. Und wenn ich ehrlich zu mir selbst bin, geht es mir schon so, seit Hannah durch meine Eingangstür und mitten in mein so schön geordnetes Leben gestolpert ist.
Das Gefühl, das mich überkam, als ich feststellen musste, dass Hannah nun weiß, dass uns einst sehr viel mehr als nur eine bloße freundschaftliche Beziehung verband, löste ein wahres Erdbeben in meinem Körper aus. Plötzlich war da der Gedanke, sie vielleicht für immer zu verlieren, und mit ihm stieg eine Angst und Panik in mir auf, die ich zuletzt vor zehn Jahren so stark erlebt habe. All diese Gefühle, der Wunsch danach, bei ihr sein und sie hier bei mir halten zu können, die ständigen Signale meines Körpers, wenn ich nur in ihre Nähe kommen und das Blau ihrer Augen, das mich jetzt schon bis in meine Träume verfolgt, lähmen meinen Körper und versetzen mich in eine Situation, deren Auswirkungen mir eine immense Angst machen.
Ich will das nicht fühlen. Es soll verdammt nochmal aufhören!
Doch ganz egal, was ich mir einzureden versuche, ganz egal, wie viele Gründe ich finde, die gegen dieses verdammte Herzklopfen sprechen, es will einfach nicht aufhören.
Auch jetzt nicht, nachdem ich Leonie mein Herz ausgeschüttet und ihr jedes noch so kleine Detail von dem vergangenen Abend und dem heutigen Morgen erzählt habe.
Wir haben uns auf die alten Korbstühle gesetzt, die nur mit dicken Sitzkissen einigermaßen an Bequemlichkeit gewinnen und lassen uns die warmen Sonnenstrahlen auf die Haut scheinen. Nur scheint kein Licht bis in mein Inneres vorzudringen, in das sich eine bittere Kälte und eisige Dunkelheit breit gemacht hat.„Leonie, ich weiß nicht, was gerade mit mir passiert",hauch ich in die angenehm warme Luft.
„Ich sehe ständig die Mappe vor mir, wie sie auf dem Boden liegt, mit all den Zeichnungen und vergangenen Augenblicken. Und dann sehe ich Hannahs Gesicht. Ihr schmerzerfülltes Gesicht und der Blick ihrer Augen, in denen so viel Ekel und Furcht liegen."Ich spüre, wie ich bei all den Bildern in meinem Kopf selbst das Gesicht verziehe und wie das Gefühl von Übelkeit meine Kehle hinaufsteigt und einen bitteren Geschmack in meiner Mundhöhle hinterlässt. Ich muss meine Hände zu Fäusten ballen und meine Fingernägel in der dünnen Haut vergraben, um irgendwie das Gefühl zu bekommen, noch Kontrolle über diesen Körper zu haben. Aber selbst der Schmerz, den ich dabei spüre, fühlt sich ungewöhnlich stumpf an.
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Forgotten Love
RomanceMaja Lindberg lebt ihren lang ersehnten Traum: Sie lebt im idyllischen Schweden, arbeitet in einer kleinen Arztpraxis an der Seite ihres Onkels und führt eine funktionierende Fernbeziehung mit ihrer Freundin. Doch ihr so perfekt geordnetes Leben ger...