Kapitel 5

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Und dann sagt er etwas, was mich erstarren lässt. 

"Schämst du dich dafür?", zischt er und hält mein Handgelenk fest. "Was meinst du?!", frage ich ihn erschrocken. "Dass du mich kennst.", jetzt hört sich seine Stimme verletzt an. Nein. Nein! NEIN!!!  "Ich... wieso sollte ich mich schämen?", erwidere ich unschuldig. Ruckartig lässt er mein Handgelenk los. "Und wieso tust du dann immer so, als würdest du mich nicht kennen?", seine Stimme wird sanfter. Ich werde sauer, keine Ahnung, warum. "Mann, du kennst doch Liz, oder? Heute Morgen im Bus, da... Ich meine... Als ich ausgestiegen bin, hat Liz mich sogar darauf angesprochen!  Sie hat mich gefragt, was das mit dir war! Das war voll auffällig!", sprudele ich heraus. Ups. Er lacht. Aber es ist ein verletztes, abfälliges Lachen. Chris stützt sich am Waschbecken ab. "Ja und? Denkst du, ich wurde nicht darauf angesprochen?!", fragt er mich barsch. Ich komme den Tränen nahe. Das muss er wohl gemerkt haben, denn er zügelt sogleich seinen Ton und fragt sanft: "Was hast du Liz geantwortet?" Nicht heulen. NICHT HEULEN! Es bringt nichts. Ich schluchze, Tränen laufen mir über die Wangen. "Hey...", Chris lächelt  aufmunternd und nimmt meine Hand. Ich hätte nie gedacht, dass er SO nett sein kann! Vielleicht ist er doch nicht so, wie er zu sein scheint... STOP! Was läuft hier überhaupt?!  Erschrocken schaue ich auf. Er lächelt immernoch. Sein Blick ist so süß und hypnotisierend, dass ich ihm einfach antworten muss. "Ich hab sie gefragt, ob sie eifersüchtig ist.", platze ich heraus. Oh-oh! War das jetzt gut oder schlecht? Moment mal... Was wäre eigentlich gut und was schlecht?!  Er fängt an, spöttisch zu grinsen. Alles Sanfte und Liebevolle ist aus seinem Blick verschwunden. Er ruft lachend: "Ich wusste, dass du auf mich stehst!". Dann lässt er meine Hand los und geht zurück ins Esszimmer. WHAT?! WAS FÜR EIN ARSCHLOCH!!! ICH HASSE IHN, ICH... Obwohl... er hat ja Recht... Aber das ist doch kein Grund, so lieb und nett zu tun und dann wieder so scheiße zu sein! MANN! Wütend trete ich den Wäschekorb, der vor mir steht und stampfe aus dem Zimmer. Der Abend ist endgültig vermiest und ich habe keine Lust mehr, mich von meiner besten Seite zu zeigen. Also murmle ich: "Ich esse oben!" Und lade mir meinen Teller mit Ente, Reis und Gemüse voll. Was soll ich jetzt machen? Er guckt schon wieder so spöttisch! Ich darf nicht schwach wirken! Also: RACHE IST SÜß! Und sauer... Ich nehme mir einen Löffel süß-sauer-Soße und gehe betont lässig an Chris vorbei. Dann lasse ich den Löffel ausschweifen und schmiere die Soße an Chris' T-Shirt. "Ups! Hab dich gar nicht gesehen!", gifte ich ihn an. Jetzt wird er wütend: "BIST DU EIGENTLICH GESTÖRT? DAS IST EIN MARKEN-T-SHIRT!" Er brüllt mich so laut an, dass meine Mutter nach Luft schnappt und Jack die Kinnlade runterfällt. Aber beide schweigen. "Kik ist auch eine Marke. Kannst dir ja eh nichts besseres leisten.", sage ich lässig und fange an zu lächeln. Er ballt die Fäuste und ich gehe in mein Zimmer, ich kann die Tränen nicht länger zurückhalten. Während ich heulend und verzweifelt auf mein Kissen beiße, um nicht laut loszuschreien und auszurasten, höre ich, wie Jack Chris unten anschreit. Okay, das Date ist somit wohl beendet. Dann höre ich, wie Jack sich bei meiner Mutter entschuldigt. Oder auch nicht. Jemand stampft wütend die Treppe hoch und knallt die Badezimmertür zu. Wir haben ja zwei Badezimmer, eins oben und eins unten. Ist das meine Mutter, die jetzt heult, weil ich ihr das Date versaut hab? Ich will gerade nachschauen gehen, ob ich sie trösten kann, da geht meine Zimmertür schon auf. Mist. Jetzt krieg ich Ärger. Aber es ist nicht meine Mutter, die mit nacktem Oberkörper mein Zimmer kommt. Es ist Chris. Und ich bin mal wieder hypnotisiert von ihm (Wie denn auch nicht?! Er sieht sooo gut aus!) , starre ihn an und gebe nur ein "Oh!" von mir. Er hebt fragend die Augenbrauen und überlegt, ob er nicht lieber wieder nach unten gehen sollte. Aber er bleibt. "Darf ich mich setzen?", fragt er höflich. Ich laufe knallrot an, grade eben hat er mich noch angebrüllt und jetzt will er so tun, als wäre nichts gewesen? Das ist peinlich, was soll ich denn jetzt sagen?! Es darf nicht so aussehen, als hätte ich ihm schon verziehen! Ich verschränke die Arme vor der Brust. "Wieso solltest du?", frage ich ihn schluchzend. Ohne meine Erlaubnis setzt er sich einfach auf mein Bett, nimmt mich in den Arm und streichelt mir liebevoll über den Kopf. Wie lange ich mich nach so etwas gesehnt hatte. Dass mich jemand in den Arm nimmt und sich Zeit für mich nimmt. Seid der Trennung meiner Eltern hatte meine Mutter nur noch sehr wenig Zeit für mich, sie hat fast die ganze Zeit gearbeitet. Mir ist es egal, wer sich Zeit für mich nimmt, und wenn es Chris ist, es ist mir einfach egal. So sitzen wir jetzt da: Ich heule und er fährt mir tröstend durchs Haar. Nach gefühlten fünf Minuten lösen wir uns voneinander. "Tut mir leid dass ich dich angebrüllt hab.", flüstert er. "Das ist das einzige, was dir einfällt?", frage ich trotzig. "HALLO?! Wieso sollte ich mich für eine Erkenntnis entschuldigen?", erwidert er sauer. "Mann, jetzt wirst du schon wieder wütend und dann schreist du wieder! Achja, und du hast mich verarscht, ich dachte, du wärst ganz okay! Aber NEIN, das hast du nur gemacht, um herauszufinden, die wievielte ich bin, die auf dich steht! Du führst bestimmt eine Liste oder so, wo du alle Namen von den Mädchen einträgst, die du mit deiner scheiß Verarsche dazu gebracht hast, dir zu sagen, ob sie in dich verknallt sind!", jetzt platzt alles aus mir raus. Er stutzt, steht auf und geht aus dem Zimmer. Gaaanz toll gemacht, Ann. Nie denkst du nach, bevor du sprichst! JETZT REDE ICH SCHON WIEDER MIT MIR SELBER!!!  Ich fasse mir ein Herz und gehe ins Esszimmer, wo sich Jack gerade seine Jacke anzieht und meiner Mutter einen Abschiedkuss gibt. Als sie mich erblickt, sagt sie: "Ann, verabschiedest du dich bitte von Jack und Chris?" Von Jack: Okay! Aber von Chris? NEVER!  "Klar.", sage ich und verabschiede mich höflich von Jack. Als Chris aus dem Wohnzimmer kommt, um seine Jacke zu holen, drehe ich mich um und gehe einfach wieder in mein Zimmer. Das habe ich ja alles GANZ toll hingekriegt. Frustriert werfe ich mich auf mein Bett und schnappe mir mein Handy. Ich habe eine Nachricht von Liz: Weißt du was, lass uns die ganze Sache vergessen. Was hast du heute so gemacht? Ich muss einfach mit jemandem darüber reden, egal ob Liz jetzt erfährt, dass ich in Chris verknallt bin: Ich schreibe ihr alles. Dann unterhalten wir uns einfach darüber.
Du bist in Chris verknallt?!
No comment.
Ok, falscher Augenblick. Also... deine Mutter ist mit seinem Vater zusammen?
Ja, das ist sooo scheiße!
Kann ich mir vorstellen! Aber das mit Chris... Bist du dir sicher, dass er eine Liste führt?
Liz, das war nur eine Theorie!
Hätte ich mir auch nicht vorstellen können. Vor allem denke ich, dass Chris auch auf dich steht :*
WHAT?! NEEEE ganz bestimmt nicht, sonst hätte er sich ja voll nicht so scheiße benommen!
Ann, er hat dir die Wange gestreichelt. Er hat deine Hand genommen. Er hat dich in den Arm genommen. Er hat dir voll süß deinen kleinen Dickkopf gestreichelt. Das nennst du scheiße benommen?
Spinnst du? Er hat mich voll grob am Arm gepackt, er war nur so nett, um herausfinden zu können, ob ich auf ihn stehe, er hat mich angebrüllt und nachdem ich ihm alles gesagt hab, hat er ohne ein weiteres Wort das Zimmer verlassen! (Achja: Ich habe keinen kleinen Dickkopf!) º.º
Das hat er alles nur gemacht, weil DU scheiße zu IHM warst! Und das, wo er wieder so assi war, wie du sagst, hat er nur gemacht, damit du das nicht seinen Kumpels erzählst! Er wollte einfach cool  bleiben!
Da waren aber keine Kumpels von ihm.
Vielleicht ist ihm aufgefallen, dass eure Eltern alles hören? Ist nicht mein Problem, wenn du mir nicht glauben willst. Aber gib ihm ne Chance, wenn du ihn wirklich magst. Ich muss jetzt off gehen, wir sehen uns dann morgen in der Schule :*
Ok... bye :* Ich denk nochmal drüber nach.

Somit verlasse ich den Chat und schalte mein Handy aus. Als ich mich übermüdet in mein Bett lege, lasse ich den ganzen Tag nochmal Revue passieren und denke darüber nach, was Liz mir geschrieben hat. Darüber schlafe ich ein.

Oha! Hier ist Kapitel 5 und es hat 1430 Wörter! LG Jessi :)

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