Kapitel 16

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Alleine in seinem Auto sitzend fuhr Harvey von New York nach Boston an diesem kühlen Herbstmorgen. Er war froh alleine zu fahren. Ohne Ray, Donna oder Simon. So musste er niemanden Rede und Antwort stehen. Wie oft war er in den letzten Wochen diese Strecke gefahren? Oft! Es war ein Stück Freiheit, Abwechslung. Weg von der Arbeit. Raus aus der Kanzlei, raus aus BigApple. Unterwegs war es leiser, ruhiger, langsamer. Selten klingelte sein Telefon. Er hatte entweder seine Arbeit vorher erledigt oder sie konnte warten. Gretchen hatte seinen Terminplan mit Donna durchorganisiert und er hatte überstundenfrei. Für einige Stunden hatte Harvey frei in seinem Kopf. Frei von Zahlen, Fakten, Plädoyers. Einfach nur autofahren. Dem Sonnenaufgang entgegen. Und am Ende der Reise, am Ziel, wartete etwas ganz Besonderes auf ihn.

Harvey wusste, dass ihn heute eine große Aufgabe erwarten würde und mittlerweile  überwog seine Zuversicht als er mit seinem Mustang in einem Parkplatz an einem Park in der Nähe des Krankenhauses einbog. Die Sonne schien durch die noch grünen Blätter der Bäume auf die grün metallic Motorhaube. Man könnte sagen, es war Harveys Lieblingsparkplatz, denn von dort waren es zwar noch 20 min Fußweg bis zu Elizabeth Krankenzimmer, aber sehr entspannend. Auf dem Weg konnte er nochmal Luft holen und seine Gedanken ordnen.

*bing eine Nachricht von Donna
Ich warte am Eingang auf dich.

Ok, geniess deinen Moccachino. Bis gleich.

Harvey seufzte und schlenderte gedankenlos durch den Park bis zum Krankenhauseingang, wo Donna schon mit dem 2. Moccachino auf ihn wartete. Harvey lächelte sie an, denn sie wusste genau was er jetzt brauchte.

Ich hab schon nach ihr gefragt. Sagte Donna ganz ruhig. Elizabeth liegt wohl immer noch auf der Intensivstation. Also hier entlang.

Donna drehte sich um und lief los. Harvey lief etwas unentschlossen hinter ihr her. Er wurde von seinen Gedanken überrollt. *Warum liegt sie noch auf der Intensivstation? Ist irgendetwas seit gestern passiert? Sie hatte seit gestern nicht auf seine Nachrichten geantwortet. Irgendwer hätte doch angerufen, wenn sich ihr Zustand verschlechtert hätte oder nicht?*

Die Fahrstuhltür schloss sich. Donna und er waren allein im Fahrstuhl, was ihn nervös macht, denn er wollte nicht reden. Aber Donna begann mit Reden: Hab Vertrauen, es wird ihr gut gehen.

Ich hoffe, meinte Harvey. Die Fahrstuhltür öffnete sich im 6. Stock und sie stiegen aus. An der Anmeldung war es sehr hektisch. Befunde und Blutwerte wurden umhergerufen. Termine wie auf einem Basar verschachert. Donna und Harvey wurden nicht gesehen. Sie waren wie unsichtbar und sahen einfach nur zu, denn am wichtigsten schien etwas anderes oder jemand anderes zu sein. Sie bestaunten ruhig das emsige Treiben bis plötzlich eine Schwester auf sie zu kam: Hallo, wie kann ich Ihnen helfen?

Donna Paulsen und Harvey Specter. Wir möchten zu Elizabeth Heart. sagte Harvey.

Die Schwester schaute in ihren Computer und meinte dann: Ok, Elizabeth liegt in Zimmer 6.42. Aber Dr. Williams möchte gern vorher mit ihnen Mr.Specter sprechen. Nehmen sie bitte dort im Wartebereich Platz. Ich werde Dr. Williams informieren, dass sie da sind.

Donna und Harvey schauten sich verunsichert an und gingen in den Wartebereich. Während Donna Platz nahm, stand Harvey am Fenster und versuchte seine Gedanken zu sortieren. Das Gewusel im Hintergrund ging weiter. Hektisch laufende Ärzte und Schwestern. Doch das hörte Harvey nicht. Nach einigen Minuten setzte er sich weiter schweigend Donna gegenüber hin. Sie versuchten sich mit Blicken auf zu muntern und die Wartezeit zu überbrücken.

Ein Schutzengel für Harvey - Band 1 von 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt