12. Endzeit

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"Sei aber vorsichtig." mahnte mich Sypha, die mir einen Stock in die Hand drückte, welchen ich als Krücke benutzte. Langsam lief ich die leeren Gänge dieses riesigen Schlosses entlang und reflektiere das Geschehene. Gestern wäre ich beinahe gestorben. Für Alucard und die Menschheit. Ich konnte von Glück reden, dass Sypha eine solch hervorragende Heilerin war und mir durch ihre Kräfte das Leben gerettet hatte. Mit einem Verband um den Kopf, um den Arm und um mein rechten Fuß humpelte ich die Steintreppen hinab und hätte mich fast verlaufen, doch war ich noch in die richtige Abzweigung gebogen. Ich war immer noch recht verwundert über meine Überlebenskünste, denn als ich von Dracula durch die Decken geschmissen worden war, hatte ich mit meinem Tod gerechnet. Doch nachdem ich Energie gesammelt hatte, hatte ich Vater und Sohn kämpfen gehört. Ich musste Alucard beschützen! Das war meine Aufgabe gewesen. Ich stellte fest, dass ich etwas traurig wurde. Jetzt war es vorbei und ich musste zurück in mein Dorf. Ich hatte sie schon viel zu lange im Unwissen gelassen, sie waren am Verhungern. Ich musste nach Gresit und Vorräte holen. Das war meine nächste Aufgabe. Und wer weiß. Vielleicht kehre ich ja hierher zurück und... und verbringe Zeit mit Alucard, hm? Ich fühlte mich zu ihm hingezogen und vertraute ihm maßlos. Er hatte sein Vater getötet. Für die Menschen, die seine Mutter getötet hatten. Er hatte die Mörder seiner Mutter über das verbitterte Leben seines Vaters gestellt. Ich wollte ihm helfen ihm selbst zu verzeihen, denn man sah an seiner abwesenden Art, dass es ihn schwer getroffen hatte. "Was Adrian wohl jetzt macht?" fragte die sanfte Stimme Sypha's, die mit Trevor gemeinsam in der Eingangshalle stand, wo wir zu Anfang gegen die vielen Vampire gekämpft hatten. "Wer ist Adrian?" fragte ich verwundert und humpelte zu den Beiden, die mich leicht verdutzt anschauten. "Adrian ist Alucard." , "Was?" fragte ich verwirrt, worauf der Braunhaarige nur genervt seufzte, doch übel nahm ich es ihn nicht mehr. Ich mochte ihn sehr. Genau wie Sypha und Alucard. "Alucard ist nur ein Name, hinter der er seine gebrechliche Seite versteckt. Alucard heißt rückwärts gesprochen 'Dracula'." erklärte mir Trevor, worauf ich erstaunt den Mund öffnete und die Beiden ungläubig anschaute. "Er hatte uns erzählt, dass sein Vater ihn öfter Alucard als Adrian genannt hatte, weil er sich selbst ihn in gesehen hatte oder so ähnlich. Jedenfalls meinte er, dass wir ihn von nun an Alucard von Lupu nennen sollen, da das der Mädchenname seiner Mutter war." erläuterte mir Sypha, die ebenfalls ein Verband um ihre Schulter gebunden hatte, wo Dracula sie verletzt hatte. Nachdenklich schaute ich zu Boden. Adrian. Was ein schöner Name. Genau wie Alucard. "Was denkt Ihr macht Alucard jetzt?" fragte Sypha den Vampirjäger erneut, ehe der Vampir dem Jäger zuvorkam: "Eigentlich hatte ich vor zurück nach Gresit zu gehen und mich in meine Gruft wieder schlafen zu legen.". Schnell drehte ich mich zur Quelle und schaute dem Blonden dabei zu, wie er langsam die riesige Treppe hinunterlief und dabei sein Haar geschmeidige Locken schlug. Unwillkürlich liefen meine Wangen rosa an, als ich ihn in seiner schönsten Pracht sah. Das Sonnenlicht schien durch die offenen Tore des Schlosses und schienen direkt auf die bleiche Haut des Halbmenschen. Er war wunderschön. Vielleicht konnte ich ja zusammen mit Alucard nach Gresit reißen und so etwas mehr Zeit mit ihm verbringen! Das wäre großartig! "Aber?" unterbrach die gelangweilte Stimme Trevor's meine Gedankengänge und riss mich zurück in die Realität. "Ich kann das Schloss hier nicht stehen lassen. Es enthält seine ganze Arbeit. Seine Bibliothek, seine Geräte, sein Wissen. Was würde damit passieren wenn ich fortginge? Ich kann es nicht hier lassen wie ein Grab, offen für Plünderer." meinte er und ließ mein kleinen Traum platzen. Etwas traurig schaute ich ihn an, wie er vor uns zum Stehen gekommen war und nun langsam sein Kopf hob. "Deshalb... soll es mein Grab sein." fügte er leicht lächelnd hinzu, da blieb mir der Mond offen stehen. Ich sah ihm direkt an, dass er gerade alles dafür tat, dass seine Fassade aufrecht blieb. "Nein." hauchte ich geschockt aus, worauf er verwirrt sein Kopf schief legte und seine Augenbraue hochzog. "Nein?" , "Nein, wir können das Ding nicht bewegen. Sypha hat's zerstört." stimmte Trevor mit ein, während der Vampir leicht verwirrt näher an uns trat. Ich wollte nicht, dass er das Schloss als seine Endstation sah. Das war nicht fair. "Habe ich nicht!" , "Naja, irgendwie schon." widersprach ihr Alucard, dessen Monotonie fast schon witzig war. "Ich zerstöre keine Dinge!" erklang ihre piepsige Stimme, worauf ich alle lächelnd anschaute und die Situation urkomisch fand. Wir hatten alle überlebt. Wobei ich dachte, dass wenigstens einer von uns sterben würde. Ich war glücklich. Nach all dem. Ich hatte Kylain und Mutter gerächt. Ich hatte geholfen die Menschheit zu retten. Ich war ein Teil von etwas großem gewesen. "Schön, sind wir uns einig wer es zerstört hat?" fragte Trevor und stemmte seinen Arm an die Hüfte, während er zwischen Alucard und mir schaute. "Oh, ja." stimmte ihm der Vampir zu, worauf ich nur lachte. "Was ist denn jetzt wieder so witzig?" fragte Trevor mit seiner teilnahmslosen Stimme und schaute mich verwirrt an, ehe ich mich beruhigte und ihm seine dumme Frage beantwortete: "Ihr... seit einfach großartig.". Verlegen schaute ich zur Seite und hielt die brennenden Blicke der anderen nicht mehr aus, worauf Trevor seufzte und Sypha schmunzelte. "Wie süß." kicherte sie, worauf ich mit glühenden Wangen auf den Boden starrte. "Also bleibt es genau hier. Für immer. Genau auf der Spitze des Belmont-Fundus. Der nun ebenfalls für Jedermann offen steht. Hier oben haben wir das gesamte Wissen deines Vaters und hier unten das gesamte Wissen deiner Mutter. Wie hier oben, so auch hier unten. Deine beiden Hälften, Alucard." fuhr Trevor fort und lief einmal im Kreis, während ihn der Halbmensch keine Sekunde aus den Augen ließ. "Ich höre dir zu." forderte er ihn indirekt auf weiter zu erklären. Leicht lächelnd lief der Vampirjäger auf den Vampir zu und legte seine Hand auf dessen Schulter, während sie sich ja fast schon brüderlich anschauten. "Dann pass gut auf, du trotziger, kleiner Vampirbastard. Ich vermache dir den Belmont-Fundus." meinte er und verbeugte sich kurz, damit die Situation dramatischer aussah. Geschockt schnappte ich nach Luft, als ich meinen Ohren kaum glaubte. "Mach ihn und dein Schloss zu deinem Zuhause, nicht zu deinem Grab." fügte er hinzu, als der Vampir ihn geschockt und verwirrt anschaute. "Sei sein letzter Verteidiger." , "Du... schenkst mir dein Zuhause?" fragte der blonde Vampir und schien sehr überrascht von Trevors Geste. "Es gehört dir. Das Zuhause meiner Kindheit und deiner Kindheit. Schütze es, Alucard. Mach etwas daraus. Was besseres als ein Haufen Ruinen und ein Symbol für Terror."  meinte Trevor und sprach den Namen des Blonden immer so eigenartig, aber besonders auf seine Weise aus. Alucard verzog seine wohlgeformten Lippen zu einem sanften, dankbaren Lächeln, was keinesfalls gespielt war. Er nickte und bedankte sich ein weiteres mal. Ich grinste Trevor an und war von seiner Nettigkeit sehr überrascht - eher begeistert. Ich fand es wirklich toll, dass er Alucard das gegeben hatte, was ihm von seiner Familie übrig geblieben war.

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