14. Du willst in meine Nähe?

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Es waren jetzt schon fünf Tage vergangen, seitdem wir die Welt von Dracula befreit hatten. Doch irgendetwas sagte mir, dass unserer Welt eine weitere Bedrohung bevorstand... doch was? Hier im Schloss war jedenfalls alles sehr friedlich. Es war viel zu groß für uns zwei, selbst ich fühlte mich hier manchmal einsam. Mein Knöchel war wieder verheilt, jetzt war es nur noch mein angebrochener Arm, der verheilten musste, dann konnte ich 'endlich' wieder los. Doch ich hatte Angst. Ich hatte Angst davor Alucard alleine zu lassen. Ich hörte wie er nachts weinte, wie er langsam mit der Stille des Schlosses verschmolz. Und ich konnte nur zuschauen, obwohl ich diese Schmetterlinge im Bauch hatte. Manchmal waren die Nächte so kalt und einsam für ihn gewesen, dass er verloren durch das Schloss schlich und mich dadurch aufweckte. Ich öffnete ihm die Tür und ließ ihn bei mir schlafen, dabei genoss ich seine Nähe sehr. Ich wusste nicht, ob der Halbvampir das Selbe empfand wie ich für ihn, doch war ich mir selbst nicht mal über meine Gefühle sicher.
Aufgeregt strich ich über mein Oberteil und begutachtete mein zerzaustes Haar im Spiegel. Ich brauchte einen Zopf, sonst würde ich nicht kämpfen können. Aber mit einem Arm klappte das nicht wirklich.... "Alucard?" rief ich, als ich durch die Gänge des Schlosses lief. Suchend eilte ich nach draußen, als ich den Blonden am Eingang des Belmont-Fundus sah. Was machte er denn da? "Alucard." , "Oh, Guten Morgen." lächelte er mich an und wandte sich mir zu, da ließ ich mein Blick neugierig über die Öffnung gleiten. "Oh, das...." er kratzte sich verlegen am Hinterkopf, da staunte ich nicht schlecht. "Ich kann nicht wie Sypha zaubern, deshalb versuche ich mich jetzt an einem Aufzug." , "Das sieht wirklich gut aus." meinte ich und schaute den Blonden lächelnd an, welcher durch mein Kompliment kurz errötete und mir dankte. "Wie geht es dir?" , "Ganz gut... Mein Arm tut manchmal noch etwas weh, aber sonst fehlt es mir an nichts." beantwortete ich ihn strahlend meine Frage. Komisch. Wenn ich bei ihm war, waren meine Sorgen und Ängste wie weggeblasen. Zumal unsere Nähe, die wir füreinander hegten, am nächsten Morgen niemals ausgesprochen wurde. Sah er es vielleicht als selbstverständlich? Als wäre ich vielleicht nur eine gute Freundin für ihn? Warum machte mich der Gedanke, bei Alucard im Schloss du bleiben und ihn zu helfen, glücklicher, als die Aufgabe die mir noch bevorstand? "Könntest du vielleicht...." murmelte ich etwas verlegen, als ich ihm mein Band entgegenstreckte und mir mein strubbeliges Haar ins Gesicht fiel. "Klar." meinte er fröhlich, worauf er sich hinter mich stellte und vorsichtig mein Haar in die Hand nahm. Angenehme Stille hatte sich zwischen uns gelegt, als er mir mein braunes, lockiges Haar zusammenband und extra darauf achtete, dass meine zwei Strähnen wie gewohnt draußen hingen. Ich bedankte mich bei ihm und fragte, wann wir denn mit dem Training anfangen konnten. Die letzten Tage hatte er es mir verboten, da mein Fuß noch nicht komplett verheilt war. Zwar hieß es Alucard nicht gut, dass ich trotz meines angebrochenen Armes kämpfen wollte, doch konnte er mir diese Idee nicht mehr aus dem Kopf schlagen. Ich schwang mir mein blauen, leicht zerfetzten Mantel über die Schulter, ehe ich mir das Schwert, welches mir Trevor damals gegeben hatte, schnappte und ich den Halbmenschen auf einer Wiese neben dem Schloss fand. Nur noch sehr wenig Schnee lag hier, während bestimmt noch eine dicke Schicht oben in meinem Dorf liegen musste. "Also..." er zog sein Langschwert und funkelte mich herausfordernd an. "Zeig mir was du kannst." , "Gerne." stichelte ich und schwang mein Schwert, ehe ich so schnell ich konnte auf den Vampir zu rannte und ihn angriff. Wie erwartet blockte er meinen Hieb mit Leichtigkeit ab und grinste schelmisch. Ich drückte sein Schwert weg und wollte einen zweiten Hieb ansetzen, da hielt er mir bereits seine Klinge an den Hals. "Du bist zu langsam." merkte er mir an, während ich mich verkrampft hatte und in die goldenen Augen des Vampirs schaute. Er nahm die Klinge von meinen Hals und wartete, dass ich wieder angriff. Wie, ich war zu langsam? Schnaubend packte ich den Griff fester und ging mehr in die Hocke, ehe ich losstürmte und den Vampir angriff. Dieser wich meinen Angriff aus und flog durch die Luft, worauf er plötzlich hinter mir stand und ich mich sofort umdrehte. Unsere Klingen knallten aneinander und sprühten kurz Funken, doch waren sie nicht die einzigen, die das taten. Der eindringliche Blick des Halbvampirs ließ meine Knie weich werden, doch gab ich nicht auf. Wir trainierten den ganzen Tag und ich sah keinen Fortschritt. Entweder hatte mir der Blonde das Schwert aus der Hand geschlagen oder mich zu Boden geworfen, dabei kam ich nie richtig in seine Nähe. "Bloß nicht die Hoffnung verlieren." grinste er, als ich erneut unschön auf meinen Hintern plumpste und grimmig meine Wangen aufgeblasen hatte. "Du sollst mir zeigen wie man kämpft, nicht wie man auf den Boden geschmissen wird!" fauchte ich, worauf er amüsiert seine eine Augenbraue hochhob. "Warum benutzt du ein Langschwert? Ich komme nie in deine Nähe." fragte ich ihn interessiert, nachdem er mir aufgeholfen hatte. Ich nahm mein Schwert in die Hand und rannte von hinten auf ihn zu, während er fragte: "Ach, du willst in meine Nähe?". Plötzlich kam er mir einen Schritt entgegen und unsere Schwerter trafen sich erneut, nur war ich Alucard dieses mal so unglaublich nahe, dass mein Herz aufgeregt anfing zu schlagen und mir der Hals zugeschnürt wurde. Er schaute mich mit einem gefährlichen Blick an und beugte sich zu mir weiter hinab, bevor er seine Fangzähne zeigte und mir entgegen fauchte. Dieser Anblick ließ meine Adern gefrieren und ich verstand nicht recht. Ich sprang zur Seite und richtete schützend mein Schwert gegen Alucard, der es mir gleich getan hatte. "Lass niemals ein Vampir in deine Nähe." riet er mir und schaute mich eindringlich an. "Wie du weißt, bin ich nur zur Hälfte Vampir. Und die eine Hälfte will, dass ich dir so nahe komme, dass ich dir die Kehle durchbeißen kann." verriet er mir, worauf ich geschockt die Augen aufriss und einen wackeligen Schritt zurück machte. "Aber keine Angst, Helena." lächelte er und legte zuckersüß seinen Kopf schief und fuhr fort: "Ich war dir schon zu oft zu nah, selbst wenn ich deine Kehle durchbeißen wollte, würde ich es nicht tun.". Ich schluckte, als er mir dies sagte. "Sag, brauchst du menschliches Blut um zu überleben?" fragte ich ihn scharf, während ich ihm immer noch mein Schwert entgegen hielt. "Ich muss schon sagen, dass dich der Kampf zwischen Gut und Böse sehr geprägt hat." wich er leicht lächelnd meine Frage aus, worauf ich misstrauisch den Mund verzog. "Antworte!" , "Ja." erklang seine Stimme wie ein ewig anhaltender Schall in meinen Ohren. Überrumpelt blinzelte ich ihn an, ehe ich erneut zwei Schritte zurücktrat und das Schwert senkte. "Aber nicht so, wie alle Vampire. Ich kann dein Essen essen, ohne daran zu sterben. Ich brauche es sogar, da ich mich nicht hauptsächlich von menschlichem Blut ernähre. Aber...." erklärte er mir und hielt immer noch sein Langschwert auf mich gerichtet. "... Selbst wenn ich Jahrzehnte lang meinen Blutdurst unterdrücke, verschlingt dieses Verlangen mich eines Tages und ein Tropften Blut könnte ausreichen, damit ich meine komplette Fassung verliere." fuhr er fort und machte mir etwas Angst. Aber er hatte Recht. Er war mir bereits... so nah gewesen. Er hätte mich schon längst töten können, aber er hatte es nicht getan. "Es ist schon recht spät. Lass uns reingehen." schlug Alucard vor und steckte sein Schwert zurück, worauf ich es ihm gleichmachte und ihm zurück in das Schloss folgte.

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