„Grace, könnten Sie mir kurz helfen?" Ich hatte mich gerade eben für einen Ritt durch den großen Palastgarten und die Gegend rundherum entschieden. Das Reiten zählte zu den Fähigkeiten, auf die man in meiner Erziehung viel Wert gelegt hatte -wie bei den meisten Prinzessinnen. Allerdings entwickelte ich mit dem älter werden auch eine Vorliebe für das Reiten und es zählte mittlerweile zu meinen Lieblingshobbys.
„Wie kann ich Ihnen behilflich sein, Eure Hoheit?", fragte sie.
„Ich suche meine Reitbekleidung. Die Hose und die Stiefeln habe ich schon. Ich weiß nur nicht, wo das beige Hemd und das marineblaue Jackett sind."
Sie kniff die Augen zusammen. „Einen Moment, bitte", sagte sie und verschwand durch die Tür. Binnen kurzer Minuten war sie wieder da, mit dem Hemd und dem Jackett im Arm. Frisch gebügelt und wunderbar duftend.
„Danke schön, Grace! Ich brauche einfach eine Pause von all dem!", lachte ich und sie stimmte in mein Gelächter mit ein. Dann fiel mir etwas ein.
„Ah ja, wie geht es denn Violet? Ich hoffe ihre Gesundheit hat sich gebessert."
Violet war meine dritte und jüngste Zofe. Vor zwei Wochen haben wir sie auf ihren Wunsch nach Hause geschickt, da es ihr gesundheitlich ziemlich schlecht ergangen ist. Sie hatte über starke Bauchschmerzen, hohes Fieber und Kopfschmerzen geklagt. Wir dachten uns, dass sie in Gegenwart ihrer Familie schneller genesen würde und sie deshalb nach Hause geschickt.
„Es geht ihr besser, die Bauchkrämpfe sind weg und das Fieber auch. Der Arzt hat gesagt, sie hätte sich einen Virus eingefangen und es würde circa noch zwei weitere Wochen dauern, bis sie wieder arbeiten kann." Ich hob eine Augenbraue.
„Oh, ein Virus? Das klingt nicht gut. Ich hoffe es ist nicht allzuschlimm. Bitte richten Sie ihr aus, dass sie es mit dem Arbeiten nicht so eilighaben soll. Sie soll sich lieber ausruhen und wieder ganz gesund werden, egal wie lange das zu dauern vermögen mag."
„Das werde ich, Eure Hoheit", sagte sie und lächelte.
Ich war so vertieft in das Gespräch gewesen, dass ich allmählich vergaß, was ich überhaupt vorhatte.
„So, jetzt gehe ich. Sollte mich irgendjemand in der Zwischenzeit aufsuchen, sagen Sie bitte, dass ich ausreite und in ein paar Stunden wieder zurück bin."
Sie nickte. „Selbstverständlich, Eure Hoheit."
Damit machte ich mich auf den Weg zum Reitstall, zu Phillipe.
Ich spürte den Wind in meinen Haaren, als ich auf dem Rücken meines Hengstes durch die Allee raste.
Ach, das Gefühl war so herrlich erfrischend! Mit jedem Schritt wurden wir schneller und schneller. Ich spürte, wie sich die Muskeln des Tieres unter der Haut bewegten, spürte jeden Knochen, jede einzelne Faser, spürte jede kleine Bewegung trotz des dicken Sattels. Ich verlor mich vollkommen in dem Moment, wie gern würde ich viel öfters hier sein. Auf dem Rücken meines Pferdes, den Wind im Haar, weg von allen meiner Pflichten. Einfach frei.
Ich begnügte mich mit drei weiteren Runden durch die Allee, dann spazierte ich kurz im Palastgarten, bevor ich Phillipe wieder zum Stall begleitete. Ich griff in meine Tasche und holte ein kleines Leckerli für Phillipe heraus.
„Ich hoffe wir sehen uns bald."
Damit verabschiedete ich mich von ihm.
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THE ROYAL DUTY OF A PRINCESS
Teen FictionKronprinzessin von Prytania. Wahrscheinlich für viele ein Traum. Leigh-Anne Evelyn Anastasia van Wellington hat dieses Glück. Als erstes und einziges Kind ist sie die Erbin der Krone. Dass es als Mitglied der königlichen Familie nicht immer einfach...