Laura

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Hallo! Ich bin Laura und lebe seit fünf Jahren in einer festen Beziehung mit Felix. Seit drei Jahren wohnen wir zusammen. Es ist ein sonniger Herbsttag und gerade begleite ich Felix zum Friseur.

Felix ist anders, aber  ein Mensch, wie alle anderen. Er hat eine schwere Körperbehinderung, weshalb ich ihn viel im Rollstuhl schieben muss. Felix kann nicht laufen, hat aber dafür einen starken Oberkörper. Auch fehlt ihm leider die Fähigkeit zu sprechen. Seit seiner Geburt ist es so.

Um sich zu verständigen nutzt Felix einen Sprachcomputer. Ein kleines Display mit Tastatur an seinen Rollstuhl überträgt das, was er eintippt in hörbare Worte. Ihr fragt euch sicher, wie es mit Felix und mir angefangen hat. Ich will es euch erzählen.


...


Zum ersten Mal traf ich Felix im Einwohnermeldeamt Köln zu einer Zeit, als noch niemand von der Corona-Pandemie sprach. Ich wollte dort meinen neuen Personalausweis abholen und sah Felix als einzigen Kunden im Raum, wie er ebenfalls auf sein Dokument wartete. Er hatte einen Begleiter bei sich. Ich stellte mich hinter Felix' Begleiter und wartete.

„So.", sagte der Beamte hinter dem Tresen. „Jetzt müssen Sie nur noch einmal hier und hier unterschreiben."Der Beamte deutete auf die entsprechenden Stellen.

Felix brauchte seine Zeit, aber ich ließ sie ihm. Der Beamte lächelte Felix' Begleiter an, als dieser sich aus heiterem Himmel den Bauch hielt und dann langsam nach hinten stolperte. Verunsichert ging ich ein paar Schritte zurück, als der Begleiter langsam in sich zusammensackte.

Ich hielt ihm den Rücken, damit er aufrecht blieb. „Geht es Ihnen nicht gut? Sie sind ja ganz blass!"

„Ich hab mit einem Mal furchtbare Bauchschmerzen. Rufen Sie einen Arzt.",  sagte der Mann.

Der Beamte hinter dem Tresen griff zum Telefon und wählte. Ich half dem Mann derweil auf einen herumstehenden Stuhl. Felix hatte inzwischen vom Stift abgelassen und guckte seinen Begleiter besorgt an.

„Felix, es ist alles gut."

Vier Minuten später kamen Rettungssanitäter in den Raum. Sie legten den Mann auf den Boden, wo sie seinen Bauch abtasteten. Bei einer Stelle krümmte er sich sehr.

„Blinddarmdurchbruch!", bestätigte ein Sanitäter. „Wir müssen weg." Weitere Sanitäter kamen nun mit einer Trage in den Raum, auf welche sie Felix' Begleiter aufluden und festschnallten. Er wurde hinausgebracht.

Felix, der Beamte und ich waren nun allein. Wir alle guckten uns verständnislos an. Der Beamte wischte sich den Schweiß von der Stirn, als Felix plötzlich zu weinen begann.

Ich ging zu ihm. „Hallo du?", sagte ich und legte meine Hand auf seine. „Bisschen viel, was?"

Er nickte.

„War das eben dein Bruder?"

Felix tippte irgendwas in einen Bildschirm. „Assistenz.", sagte eine Computerstimme. Er drehte den Bildschirm so, dass sich auch hinein sehen konnte.

„Ach cool. Das Ding übersetzt, was du eintippst?"

„Ja.", tippte er.

„Wie heißt du denn?"

„Felix. Ich kann nicht sprechen."

„Ich bin Laura. Tut mir leid,  dass du nicht sprechen kannst."

„Lass das. Ich hasse Leute, die mich für meine Behinderung bemitleiden."

„Sorry."

„Und hör auf, dich andauernd zu entschuldigen. Lass lieber zusehen, dass wir zwei Hübschen  hier raus kommen. Ich brauch Luft."

Keine Nachricht bis XYWo Geschichten leben. Entdecke jetzt