2. Kapitel

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Im Lager angekommen stob ein dunkler Schatten auf Lichtjunges und ihren Bruder zu, die in der Mitte der Gruppe gingen, erstere mit hochgereckter Schnauze, als hätte sie selbst gerade einen Kampf gewonnen.

„Meine Jungen! Schattenjunges! Lichtjunges! Was treibt ihr hier draußen? Euch hätte sonst was passieren können!“, es war Dunkelblüte, die Mutter der beiden. Lichtjunges Herz sackte bis zu ihren Pfoten, als sie der wütende Blick in den dunkeln Augen ihrer Mutter traf. Sie kannte ihre Mutter gut genug, um zu wissen, dass sie jetzt eine größere Sache als ein Kampf erwartete.

„Sie kann uns in der Kinderstube einsperren… oder uns nicht Schüler werden lassen!“, vor Schreck riss sie die Augen auf und blieb wie angewurzelt stehen. Ihre Mutter hatte ihr schon einmal damit gedroht, dass sie die Schülerzeremonie verhindern würde, wenn Schattenjunges und Lichtjunges nicht sofort brav sein würden.

Es wurde allerdings nicht so schlimm. Dunkelblüte war zwar wütend und tobte, aber sie bestrafte ihre Jungen nur mit fünf langweiligen Tagen  in der Kinderstube.

Am Morgen des fünften Tages wachte Lichtjunges schon früh auf und schlich leise nach draußen, wo sie sich in den Eingang des Baues hockte und die kühle Morgenluft genoss. Die Sonne hatte sich noch nicht über den Bäumen erhoben und dämmrige Stille lag über dem Wald.

Die cremefarbene Kätzin streckte sich wohlig und dehnte ihre Beine.  Sie war froh, der beklemmenden Enge des Baues endlich entfliehen zu können. Lichtjunges hatte es satt, den ganzen Tag auf die vier kleinen Jungen von Sandstreif, einer hellbraunen Königin, Acht geben zu müssen und der Platz in der Kinderstube reichte ohnehin nicht aus, um mit Schattenjunges ordentlich spielen zu können.

Nach wenigen Augenblicken hatte die junge Katze es satt, tatenlos vor der Höhle herumzusitzen, und wollte auch nicht auf ihren Bruder warten, der morgens gerne ausschlief. Stattdessen begab sie sich alleine auf Entdeckungstour und drückte sich hinter dem Schülerbau vorbei, aus dem die gleichmäßigen Atemzüge der vier Schüler kamen. Der TannenClan hatte zurzeit sehr wenige Schüler, und soweit sich Lichtjunges erinnern konnte, hatte es noch nie so wenig Schüler gegeben.

„Die anderen Clans werden denken, wir sind schwach, wenn wir so wenige Schüler haben“, überlegte sie. Sie selbst fand nicht, dass ihr Clan schwach war, aber was wusste ein stinkender Kater wie Krähendorn schon? Lichtjunges freute sich auf den Tag, an dem sie Krähendorn wieder gegenüberstehen würde, denn dann, so sagte sie sich, würde sie nicht einen Krieger für sich kämpfen lassen. Das nächste Mal würde sie selbst den Krieger besiegen, der ihren Tod wollte.

Neben dem Schülerbau lag die Heilerhöhle, in der Tautropfen die kranken Krieger versorgte und behandelte. Lichtjunges bewunderte die alte und sehr weise Heilerin, die stets wusste, was zu tun war, wenn eine Katze sich verletzte oder wenn eine Krankheit das Lager befiel. Ihre Mutter Dunkelblüte hatte Schattenjunges und Lichtjunges oft erzählt, wie Tautropfen die Zeichen des SternenClans deutete. Natürlich wusste Dunkelblüte nicht genau, wie Tautropfen das tat und wie der SternenClan zu ihr sprach, denn die Geheimnisse einer Heilerin gehörten nur ihr. Der Clan, in dem die verstorbenen Krieger, die jetzt in den ewigen Jagdgründen jagten, auf die Clankatzen hinabsahen, brachte den Heilern und Alphas der Clans Botschaften und gab sich mit ihnen die Zungen. Ein normaler Krieger wurde nicht von seinen Kriegervorfahren besucht, hatte Dunkelblüte erzählt. Lichtjunges erinnerte sich nicht mehr daran, aber Dunkelblüte hatte erzählt, dass sie mit nicht einmal einem Mond in Tautropfens Bau gelegen hatte, als der Hunger und der grüne Husten der Blattleere an dem ganzen Clan genagt hatte. Zwei Junge aus Dunkelblütes Wurf waren gestorben. Es war eine schlimme Zeit gewesen, denn alle Jungen aus Distelfells Wurf waren ebenfalls gestorben, außerdem noch drei Krieger und zwei Älteste, wie Dunkelblüte Schattenjunges und Lichtjunges erzählt hatte. Vielleicht war Distelfell, eine hellorange Kriegerin,  deshalb immer so unfreundlich, weil sie alle ihre Jungen verloren hatte?

Warrior Cats | Pfad des Sternenlichts - VerratWo Geschichten leben. Entdecke jetzt