Noah
Für den Bruchteil einer Sekunde drohte meine Mauer zu bröckeln, doch ich schaffte es mit Mühe sie in letzter Sekunde aufrecht zu erhalten. "Sag das nochmal." forderte ich meinen Manager, welcher vor mir stand, mit kalter Stimme auf. Dieser sah mich an.
"Wir haben eine neue Fotografin für dich gefunden. Es haben sich mehrere beworben, aber diese hatte die besten Eigenschaften und alle deine Kriterien erfüllt. Ihr Name ist Mina Kim."
Ich hatte die Hoffnung gehabt mich verhört zu haben, doch nun kam etwas in mir hervor, was ich jahrelang verdrängt hatte. Etwas von dem ich dachte, ich wäre darüber hinweg. Eine schmerzvolle Erinnerung tauchte in meinem Kopf auf.
-Flashback-
Als ich durch die Autoscheibe zusehen musste, wie meine weinende beste Freundin langsam nur noch zu einem immer kleiner werdenden Punkt hinter uns wurde, ging etwas tief, ganz tief in mir kaputt. Sie war die Einzige gewesen, die mich wirklich glücklich gemacht hatte.
Meine Eltern hatten mir immer nur Druck mit der Schule gemacht und Leistungen von mir erfordert, seit ich in die 3. Klasse gekommen war. Leistungen, die ich ihnen als damals 8 Jahre alter Bursche unmöglich geben konnte. Sie hatten mich damals dermaßen klein gemacht und immer mehr gefordert, dass ich irgendwann aufgab und machte was sie wollten.
Aber bei Mina war das anders. Bei ihr konnte ich ich selbst sein, sie weckte etwas in mir, was niemand anders konnte. Sie wurde zu meiner einzigen Freundin und ich hätte zu keinem Zeitpunkt glücklicher sein können, als wenn ich Zeit mit ihr verbrachte.
Doch das war nun vorbei. Ich konnte mir ein leises Schluchzen nicht unterdrücken, als Mina komplett aus meinem Blickfeld verschwand und ich sah aus dem Augenwinkel, wie sich meine Mutter, die auf dem Beifahrersitz saß, ruckartig umdrehte.
"Das ist jetzt nicht dein Ernst Noah! Flennst du jetzt echt wegen einem albernen Mädel die dir mal zufällig auf dem Spielplatz begegnet ist? Mal abgesehen davon dass du da gar nichts zu suchen hattest! Wie oft soll ich dir noch sagen, dass du deine kostbare Zeit nicht mit solchen Banalheiten verschwenden sollst!" rief sie wütend und wedelte dabei aufgebracht mit ihrem Finger in der Luft herum.
Etwas in der Art und Weise wie sie über Mina sprach, ließ in mir alle Dämme brechen. "Sie ist nicht nur irgendein Mädel! Sie ist-" Ich stockte. Was war sie? Ich dachte an unsere gemeinsamen Momente, die Gefühle die sie in meinem Bauch auslöste, wenn ich an sie dachte. Mina brachte mein Herz zum rennen und meinen Bauch zum flattern. Ich musste erneut aufschluchzen als mir etwas klar wurde. Etwas, von dem ich wusste dass es mich mein ganzes Leben begleiten würde.
Ich hatte sie geliebt. Ich hatte Mina Kim, meine kleine Min-ah, die ganze Zeit von Herzen geliebt, und nun würde ich es ihr nie mehr sagen können. Und mir wurde klar, dass ich es niemandem je sagen können würde. Niemand würde es verstehen. Weder sie, noch meine Eltern, noch sonst wer.
Meine Eltern würden mich hassen, keine Agentur würde liebeskrankes Model engagieren und Mina...ich wollte mir gar nicht erst ausmalen wie sie reagieren würde. Ich stellte mir vor wie sie sich enttäuscht wegdrehen und mich für immer verabscheute würde.
'Nein...nein!' schrie ich in Gedanken. Und das war der Augenblick, wo ich beschloss, solche Gefühle nie wieder zu zeigen. Ich baute mir eine Mauer auf, die niemand je durchbrechen würde, und dafür würde ich sorgen. Niemand, vor allem nicht sie, dürfte erfahren, wie ich wirklich fühlte.
Meine Miene wurde hart und ich blickte meiner Mutter in die Augen. "Ach vergiss es, du hast Recht. Sie war ein Niemand." brach ich hervor und sah starr aus dem Fenster. Meine Mutter sah mich einen Moment erstaunt an und drehte sich dann selbstzufrieden wieder nach vorn. Ich wusste, ich würde es fortan nicht anders machen können, als diese Maske aufzubehalten. Und genau das tat ich die nächsten 6 Jahre.
-Flashback Ende-
Doch nun wurde ich mit etwas konfrontiert, womit ich nie im Leben gerechnet hätte. "Die will ich nicht, such weiter." gab ich von mir und verdrehte mit Mühe die Augen. Durch jahrelange Übung konnte ich verdammt gut Schauspielern.
Doch Joon kannte mich. Wir hatten uns bereits in der Highschool kennengelernt und trotz dass ich ihm seit meinem Umzug damals genauso die kalte Schulter gezeigt hatte wie allen anderen, war er nie von meiner Seite gewichen.
Und so kam es das er der Einzige war, der auch nur ein Fünkchen von dem verstand, was ich allen anderen vorbehielt. Ich hatte ihm nie von Mina erzählt, aber dennoch hatte er aus irgendeinem Grund herausgefunden, dass ich nur vorgab gefühlslos zu sein.
Doch diesmal schien ihm tatsächlich der Geduldsfaden zu reißen.
Er schlug den Bewerbebogen auf den Schreibtisch neben uns und stierte mich mit erhobenem Zeigefinger wütend an. "Noah Falney, was ist dein verdammtes Problem?! Ich reiß mir Tag für Tag den Arsch auf um dir einen guten Fotografen zu besorgen und dir die Arbeit zu erleichtern, weil ich dein Freund bin. Und was machst du? Du kommst jedes verdammte Mal in mein Büro, mit dieser 'Mir ist alles scheißegal'- Miene und sagst mir ich soll weitersuchen! Hast du eine Ahnung wie anstrengend das ist?!"
Er holte kurz Luft um sich zu beruhigen und ich weitete kaum merklich die Augen. So hatte ich ihn noch nie erlebt. "Was willst du denn noch? Wenn du mir jetzt erzählen willst das die Frau dir zu hässlich ist, dann werde ich auf der Stelle kündigen!" schnaubte er verzweifelt, ließ sich auf seinen Bürostuhl fallen und rieb sich angestrengt die Schläfen.
Irgendwie tat er mir leid, aber das gab mir dennoch keinen Anlass, meine jahrelang antrainierte Miene abzulegen. "Hör zu," fing ich an und er sah auf.
Der verzweifelte Blick in seinen Augen brachte mich dazu, meine folgenden Worte nicht ganz so hart auszusprechen. "Du bist hier um meinen Kram zu regeln und meinen Anweisungen zu folgen. Drum wäre ich dir sehr verbunden, wenn du aufhören würdest, meine Befehle infrage zu stellen und tun würdest, was ich dir sage. Und wenn du das nicht tust, egal ob du nun ein Schulfreund von mir bist oder nicht, werde ich nicht damit zögern dich zu feuern, Joon."
Nachdem ich dies mit der gleichgültigsten Stimme die mir zur Verfügung stand ausgesprochen hatte, sah genannter mich mit großen Augen an. Schließlich schien er einzusehen, dass es keinen Sinn hatte und seufzte geschlagen. "Wie du willst, ich werde deine Entscheidungen nicht mehr hinterfragen." Unsicher sah er mich an. "Da gibt es nur ein Problem..."
Sofort spürte ich, dass das nichts Gutes bedeutete. Ich warf einen Blick auf Minas Bewerbungsschreiben und schluckte.
Kindesmutter: Freyer Kim
Joon kratzte sich am Nacken. "Sie ist bereits eingestellt und wird in 2 Tagen anfangen. Und da ihre Mutter das einflussreichste weibliche Model ganz Floridas ist, werden wir es uns wohl nicht leisten können, sie wieder zu feuern..."
DU LIEST GERADE
Whatever It Takes
RomanceWith every shot I take, with every smile you fake, something breaks apart inside of me. And I will do whatever it takes to make you laugh with this REAL happiness you had when we were young....