-8-

2 0 0
                                    

Noah

Sobald ich durch die Tür getreten war, fing ich an meinen Schritt zu beschleunigen, bis ich rennend durch das Gebäude mein "Büro" ansteuerte, welches eigentlich viel mehr mein Rückzugszimmer war.

Als die Tür hinter meinem Rücken ins Schloss viel, wich all der Ekel und Gleichgültigkeit aus meinem Gesicht. Jetzt wo ich allein war konnte ich es einfach nicht mehr zurückhalten. Ich starrte meinen Schreibtisch an. Was war da gerade passiert? Als mich die Erkenntnis traf schlug ich mir die Hand vor den Mund.

"Nein..." Langsam rutschte ich an der Tür hinter mir herunter und vergrub meinen Kopf zwischen meinen angewinkelten Beinen. "Was hab ich nur getan....warum tue ich das?" murmelte ich leise in mich hinein und merkte auf einmal wie meine Wangen heiß und nass wurden. Erschrocken von meinem plötzlichen Gefühlsausbruch fasste ich mir an die Wange und schluchzte leise auf.

Nach einiger Zeit hemmungslosen Schluchzens an der Innenseite meiner Tür schaffte ich mich etwas zu beruhigen und starrte erneut ins Leere. Ich dachte an das Glitzern in ihren Augen als sie mich sah. Es sag umwerfend aus. Es hätte mir beinahe die Sprache verschlagen als sie eingetreten war, so sehr hatte sie sich verändert.

Aber dennoch wusste ich, dass es meine Mina von damals gewesen war. Sie war zwar zu einer erwachsenen und jungen Frau geworden, doch ihr liebevolles Gesicht mit dem Hasenlächeln waren geblieben. Sie war so...perfekt. Ein anderes Wort konnte und wollte mir nicht einfallen. Und ich...ich Idiot hatte ihr solche Gemeinheiten an den Kopf geschmissen, nach 6 Jahren ohne Kontakt, ohne ihr auch nur 'Hallo' zu sagen oder ihr überhaupt in die Augen zu sehen!

Verzweifelt raufte ich mir meine langen, schwarzen Haare und musste erneut aufkommende Tränen unterdrücken. Es wunderte mich, denn ich hatte seit Jahren nicht mehr geweint. Das letzte Mal war der Tag gewesen, an dem ich Mina hatte verlassen müssen. Und jetzt war sie hier. Sie hatte mich gefunden, obwohl ich nie gefunden werden wollte.

Ich sah mich an, mein Spiegelbild welches vom Spiegel an der gegenüberliegenden Wand reflektiert wurde und starrte direkt in ein rotes, verheultes Gesicht, welches ich so schon fast vergessen hatten. Mir wurde bewusste wie gefährlich Minas Anwesenheit hier für mich und meine Mauer war. Ihr Anblick löste so viel in mir aus, dass es nicht absehbar war wie lange ich sie in ihrer Nähe aufrecht halten konnte.

Meine Worte und mein Ausdruck vorhin hatten mich schon so unglaublich viel Kraft gekostet, dass es schlichtweg unmöglich schien, diese bei unserer nächsten Begegnung erneut aufzubringen. Es war unglaublich wie viel sie mir bedeutete. Als mir dies erneut klar wurde, wurde ich aus irgendeinem Grund plötzlich wütend und traurig zugleich.

Ruckartig schoss ich in die Höhe, stampfte auf die Kissen der kleinen Couch zu, nahm diese und pfefferte sie quer durch den ganzen Raum. Mit jedem Kissen das ich schmiss, stieß ich eine der Erinnerungen an meine Liebe von mir. Doch ich schaffte es nicht ohne dass mir dabei die Tränen aus den Augen liefen.

"Keine Umarmungen mehr!" brüllte ich als ich das nächste Kissen schmiss.

"Keine Wärme mehr!" Ich traf meine Blumen.

"Kein Herzklopfen!" Ein Gemälde fiel von der Wand.

"Ich hasse dich Mina Kim!"

Während ich brüllte merkte ich nicht wie die Tür sich langsam aufschob. Erst als ich das letzte Kissen um mich geworfen hatte und schwer atmend im Zimmer stand, sah ich hin und erkannte Joon.

Er stand mit leicht geweiteten Augen und Mund da und starrte erst mich und dann das Chaos im Raum an. Sofort realisierte ich die Situation und neutralisierte meine zuvor vor Wut brennende Miene. Ohne ein Wort strich ich meinen Anzug glatt und machte mich daran die Sauerei aufzuräumen. Wie viel von dem was gerade passiert war er auch gesehen hatte, es durfte mich nicht nochmal aus der Fassung bringen. Sie durfte mich nicht nochmal aus der Fassung bringen!

Mit Entschlossenheit ignorierte ich meinen Manager, welcher immer noch wie angewurzelt im Türbogen stand und begann die Scherben meiner Vase aufzusammeln. Nach einer Weile Schweigens nahm ich im Augenwinkel war wie Joon tief ausatmete und sich kopfschüttelnd an den Türrahmen lehnte. Bei diesem Anblick konnte ich nicht anders als von meiner Arbeit aufzusehen und ihm einen Blick zuzuwerfen.

"Was?" Er schien zu merken dass meine Mauer wieder aufrecht war, denn er sah mich zweifelnd an. "Bist du jetzt zufrieden?" Er griff sich verzweifelt ins schneeweiße Haar. "Jetzt liegt die Kleine heulend in Flos Armen und hat keine Ahnung wieso du so auf sie reagiert hast. Was ich mich ehrlich gesagt auch schon frage. Was zum Teufel war das bitte für eine Scheißaktion?! Ich weiß ja dass du Fotografen nicht leiden kannst aber DAS geht entschieden zu weit! Was hat sie dir bitte getan?!"

Er wurde bei jedem Satz lauter und am Ende schrie er mich schon fast an. Bei der Vorstellung, wie Mina schluchzend in Flos Armen liegt zog sich mein Magen schon fast schmerzhaft zusammen. Sie sollte sich an mich klammern wenn sie traurig wa-MOMENT! Reiß dich zusammen Noah! Das wird nie passieren, sie würde dich nicht mehr sehen wollen wenn sie erführe was du fühlst! Und außerdem bist du selbst der Grund für ihre Tränen du Idiot!

Innerlich verpasste ich mir eine ordentliche Schelle und konzentrierte mich wieder auf Joon. Dieser stierte mich immer noch äußerst wütend an. Ich musste leise seufzen und fuhr mir einmal über die Stirn. Ich wollte mich nicht streiten, ich wollte einfach nur meine Ruhe und all das Vergangene verdrängen und vergessen.

Ich hob die Hand vor meine Brust als würde ich seine Worte abwehren wollen. "Du hast Recht. Sie hat mir nichts getan und ich hätte nicht so fies sein sollen. Ich werde in Zukunft darauf achten und sie einfach ihre Arbeit machen lassen." Ich wartete auf seine Reaktion, doch seine Miene blieb unverändert. "Warum bist du nur so...kalt?" Mit diesen Worten machte er kehrt und ließ mich einfach stehen.

Whatever It TakesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt