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Noah

Ich brauchte lang, um mich von dem Vorfall zu erholen. Lang, um nachzudenken. Was war das? Warum hatte sie das getan?

Meine Stimmungen wechselten zwischen hoffnungsvoll und verzweifelt, denn ich konnte mich nicht entscheiden, ob ich Minas Kuss negativ oder positiv auffassen sollte.

Einerseits machte ich mir unglaubliche Hoffnungen, dass sie vielleicht doch Gefühle für mich hatte. Doch andererseits...war ich mir zu einhunderteins Prozent sicher, dass sie mich damit nur beruhigen wollte.

Oder einfach aus Rache, um mich bloß zu stellen. Meine Mauer zerstören und das verletzliche Kind aus mir rausholen und auslachen...

Aber genau das konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Es würde bedeuten, dass sie nicht mehr die Mina war, in die ich mich so verliebt hatte.

Doch das sie mich auf die Weise mochte wie ich sie, war genauso abwegig. Aber warum- AAAARRRG!

Zum wiederholten Male an diesem Tag raufte ich mir die Haare und zog daran, in der Hoffnung einen klaren Kopf zu bekommen. Mittlerweile tat mir schon der Schädel weh und ich warf mir die xte Tablette ein.

Seit 3 Tagen hatte ich mich jetzt schon in meinem Zimmer verschanzt und Flo und Joon hatten es bereits aufgegeben, mich rauslocken zu wollen.

Von Mina hatte ich seitdem nichts mehr gehört. Warscheinlich bereute sie ihre Tat bereits so sehr, dass sie mich verabscheute.

Wie so oft kamen mir die Tränen. Und wie so oft hasste ich mich dafür, so nah am Wasser gebaut zu sein. Manchmal fragte ich mich, ob ich mich wirklich als Mann bezeichnen konnte...

Ich verbrachte noch ein paar Stunden damit, mit dem Schokoladenvorrat unterm Schreibtisch in Selbstmitleid zu versinken (erneut sehr männlich), als ich plötzlich eine Bewegung in einer Ecke des Zimmers wahrnam.
Ich erschrak, als die Tür des Luftschachtes aufsprang und ein dunkelbrauner Schopf zum Vorschein kam.

Schnell versteckte ich alles was auf meinen Zustand hinwies und setzte mich kerzengerade in meinen Bürostuhl. Gerade rechtzeitig, denn mein Bruder kam bereits hoch und stanf kurz darauf auch schon mit verschränkten Armen vor mir.

"Jetzt pass mal auf Mr. Ihr-seid-mir-alle-vollkommen-egal! Egal was du für einen Grund hast dich hier einzusperren, denn das ist mir vollkommen egal, du gehst jetzt auf direktem Wege daraus und tust IRGENDETWAS was Mina wieder fröhlich stimmt! Mitr ist schnuppe was du aus dir und deinem Leben machst, aber ein Mädchen so dermaßen zum weinen zu bringen-" mitten in seinem Redeschwall stoppte er und starrte mich an.

Ich sah wie sein Blick von wütend über ungläubig zu sorgenvoll wechselte und sah ihn fragend an. "N-Noah, du..." er zeigt auf mein Gesicht und instinktiv fasste ich mir an die Wangen.

Fuck! Ich hatte mir die scheiß Tränen abzuwischen!
Schnell kramte ich ein Taschentuch hervor und versuchte meine Schwäche zu verstecken, doch natürlich hatte Flo es bereits gesehen.

Ich seufzte und ließ meinen Kopf auf die Tischplatte sinken. Er hatte es gesehen. Er wusste dass ich nicht so stark war wie ich mich gab. Ich war schwach.

Eine Hand legte sich auf meinen Hinterkopf und ich kniff die Augen zusammen. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, doch selbst jetzt hatte ich noch Wasser in meinen Augen übrig, welches nun wieder hemmungslos über meine Wangen rollte.

Eine Weile blieben wir in dieser Position, ich schluchzend mit dem Kopf auf meinem Schreibtisch, Flo überrascht und besorgt mit seiner Hand auf meinem Kopf vor mir stehend.

Ich spürte wie er losließ und zur Tür ging, nur um sie kurz danach aufzuschließen und zu öffnen. Es hatte eh keinen Zweck mich dagegen zu wehren, also ließ ich die Augen einfach geschlossen und ignorierte es.

Erst als ich ein weiteres Paar Schuhe wahrnahm zuckte mein Kopf nach oben, doch zum Glück war es nur Joon. Meine Tränen waren getrocknet, doch sein Gesichtsausdruck sagte mir, dass er definitiv Bescheid wusste.

"No-" begann er, doch wurde jäh von mir unterbrochen. "Lass gut sein. Ich weiß was ihr denkt und es tut mir leid, dass ihr mich so sehen musstet."
Ich seufzte kurz und versuchte so ernst wie möglich fortzufahren.

"Das mit Ms. Kim tut mir ebenfalls leid, es stand nicht in meiner Absicht. Bitte richtet ihr mein Bedauern aus."

Allein diese Worte auszusprechen fiel mir unglaublich schwer, weil ich am Liebsten sofort aufgesprungen wäre um sie zu suchen und zu trösten.

Mina...weinte wegen mir. Wegen ihrem besten Freund. Wie konnte ich nur? Aber nein, es war das Beste für sie, mich zu vergessen...

Ich tat als wäre ich mit dem Thema fertig und bedeutete ihnen, mein Büro zu verlassen. Flo warf Joon einen Blick zu, welcher verstehend nickte. Verwirrt blickte ich zwischen ihnen hin und her.

Plötzlich trat Joon vor und legte mir ein Blatt Papier vor die Nase. Kurz sah ich es an, bevor ich ihn skeptisch fragte: "Was ist das?"

"Na rate mal." seufzte mein Manager. Das neue Anforderungsformular für die nächsten Bewerber. Wir brauchen einen neuen Bewerber für dich und-"

Noch bevor ich hören konnte was er ergänzen wollte, war ich schon aufgesprungen und aus dem Zimmer gestürmt.

Whatever It TakesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt