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Noah

Irgendwas war mit Mina los.

Ich merkte es sofort, als sie zu unserem ersten Shooting auftauchte und mich mit einem Blick ansah der förmlich vor Trauer und Ärger triefte. Es tat weh und ich hasste mich dafür. Warum ich sie ignorierte? Weil ich es niemals schaffen würde auch nur ein Wort nach der Situation vor ein paar Tagen mit ihr zu wechseln, ohne dass meine Erinnerungen noch ein Stück meiner Mauer abkratzen würden. Also ließ ich es gar nicht erst dazu kommen.

Ich tat was ich am Besten konnte: Nichts. Und fluchen. Ich schimpfte jeden voll der mir in die Quere kam. Die Fotos die Mina machte wirkten so dominant, dass selbst ich einen heiden Respekt vor meiner eigenen Ausstrahlung hatte. Nachdem das Letzte geknipst war, wollte ich mich sofort in mein Büro verziehen, wurde jedoch am Arm gepackt.

"Hey, was...?!" ich verstummte als ich in zwei haselnussfarbene Augen sah, die ich überall wiedererkennen würde. Sofort riss ich mich los und richtete meinen Anzug. "Was willst du Kim? Musst du mich noch mehr belästigen?"

Ich bekam einen Schreck vor meinem eigenen Tonfall und auch in Minas Augen blitzte Schock auf. Doch sie blieb stur und fasste sich, bevor sie bestimmt ihre Hand auf meiner Schulter ablegte. Ein Schauer fuhr von der Stelle wo sie mich berührte aus und ich bekam eine Gänsehaut. Oh nein, so schnell ließ ich mich nicht weich klopfen! Ich versuchte erneut mich loszureißen, doch nun hielt sie mich fest im Griff.

"Es tut mir leid."

In meiner Bewegung innehaltend starrte ich sie an. "Was..?" flüsterte ich, weil ich nicht wusste, ob ich sie richtig verstanden hatte. Was meinte sie? Wie kam sie darauf sich zu entschuldigen? Müsste sie das nicht von mir verlangen? Wieso....?

Mina sah mir direkt in die Augen und ich schaffe es nicht, ihrem intensiven und traurigen Blick stand zu halten, weshalb ich meinen Kopf abwandte.

"Ich sagte es tut mir leid!" rief sie laut aus, doch ich konnte deutlich das Zittern in ihrer Stimme wahrnehmen. Sie begann zu schluchzen und ihr Griff lockerte sich leicht. Plötzlich sackte sie an meiner Brust zusammen und vergrub ihren Kopf in meinem Brustkorb.

Ich befand mich in einer Schockstarre, nicht in der Lage mich zu bewegen. Was zum...?

Als Mina sich beruhigt hatte, löste sie sich leicht und sah zu mir auf. "E-es tut mir leid, dass ich dir eine schlechte Freundin war! Ich hätte merken müssen was los war. Ich hätte dir helfen müssen! Warum hast du mir nichts gesagt? Ich dachte du vertraust mir!" Völlig überfordert von meinen Gefühlen sah ich in ihr mittlerweile tränenverschmiertes Gesicht und schluckte. Ich würde es sowieso nicht schaffen, gleichgültig zu wirken, also versuchte ich es mit Skepsis, auch wenn es mich einiges an Überwindung kostete. Langsam aber bestimmt schob ich sie von mir weg und stellte mich mit verschränkten Armen vor ihr hin. Bei ihrem Anblick hätte ich sie am liebsten sofort wieder an mich gedrückt, doch ich widerstand der Versuchung gerade so.

"Ich habe keine Ahnung was du meinst Kim." Mina sah mich überrascht und verletzt zugleich an. Ich tippte abwartend mit dem Fuß auf dem Boden herum um so erst wie möglich zu wirken. "D-du..." Sie spielte nervös mit ihren Fingern, bevor sie unerwartet plötzlich meine Hand in ihre nahm. Überrumpelt hielt ich die Luft an. In diesem Moment spürte ich eine so angenehme Wärme, dass ich es nicht schaffte mich von deren Quelle loszureißen. "Warum hast du mir nicht gesagt, dass du verliebt bist?" flüsterte sie und meine Herz setzte mit einem Schlag aus. Woher...? Wusste sie etwa dass ich mich in sie ver-

"Sie hat dir das Herz gebrochen, oder? Wir hätten das zusammen durchstehen können! Also warum?" Sie ließ meine Hand los und sah mich geknickt an. Ungläubig über das was Mina gerade gesagt hatte, konnte ich nur zurückstarren. Gleichzeitig war ich erleichtert, dass sie anscheinend doch auf der falschen Fährte war. Aber wie nur kam sie darauf? "Wie kommst du darauf? Nichts dergleichen ist passiert. Wenn du nichts Besseres zu tun hast, dann mach dich an die Arbeit! Ich will dich jetzt nicht mehr sehen!" Meine eigenen Worte stachen mir wie Messer ins Herz, aber ich riss mich zusammen und kehrte ihr den Rücken zu.

Mina

Seine Worte taten weh. Ich konnte nicht beschreiben auf welche Weise, doch es tat verdammt weh. Aber ich wusste dass er sie ganz sicher nicht ernst meinte. Er war verletzt. Und es war meine Aufgabe, ihm wieder Lebensfreude du geben. Und außerdem..

Mein Herz schlug bei dem Gedanken schneller und eine Sekunde lang kam ein Gefühl in mir hoch, was ich mit einem Kopfschütteln verjagte. Nein! Ich wollte ganz sicher nicht, dass er nur mich so ansah. Er sollte seine wahre Liebe finden, ohne dabei auf mich zu achten!

Mit diesem Entschluss merkte ich kaum, wie sich meine Beine wie von selbst auf ihn zubewegten. Und ehe ichs mich versah, hatte ich mich von hinten gegen ihn geschmissen. Ich spürte eine kurze Schwerelosigkeit, kurz darauf landete ich weich und hörte unter mir ein lautes "Argh"!

Und da lagen wir.

Ich konnte seinen heißen Atem auf meinem Gesicht spüren und seine Hände an meiner Hüfte, während er mich erschrocken anstarrte. Das zweite Mal seit wir uns wiedergefunden hatte, lag ein Schimmern in seinen Augen, welches seine wahren Gefühle offenbarte, und nicht seine aufgesetzten. Ich wusste es!

Doch so wirklich freuen konnte ich mich nicht, denn ich war viel zu sehr damit beschäftigt, mich in diesen dunklen, tiefen Augen zu verlieren. Hatte mein Herz schon immer so schnell geschlagen, wenn ich in seiner Nähe war? Hatte ich schon immer dieses starke Bedürfnis gehabt, diese weichen Lippen zu berühren? Ehe ich weiter darüber nachdenken konnte, tat ich etwas was ich sofort wieder bereute:

Ich küsste ihn.

Was zum Teufel..?

Sofort riss ich mich wieder von ihm und spürte sofort darauf einen stechenden Schmerz an meiner Wange, während mein Kopf zur Seite flog. Er hatte mich geschlagen. Mein Noah hatte mir eine verpasst. Doch ich konnte es ihm nicht verübeln. Was hatte ich mir dabei gedacht? Wieso tat ich sowas? Hatte ich etwa ohne es zu merken Gefühle für ihn entwickelt? Nein, ausgeschlossen. Oder?

Ich dachte an all das was wir zusammen erlebt hatten, an all die liebevollen Blicke meinerseits, an das Herzflattern wenn ich ihn sah, und dann realisierte ich es.

Oh mein Gott. Wie konnte ich nur so blind sein?

Ich hatte mich schon bei unserer ersten Begegnung in meinen besten Freund verliebt. Aber er hatte ganz sicher nicht die Absicht mir dieselben Gefühle entgegen zu bringen. Immerhin waren Joons Erzählungen mehr als eindeutig.

Ich spürte wie er mich plötzlich von sich runterschupste und landete unsanft vor ihm auf dem Boden. Ich riss meine Augen auf und sah weg. Er wird mich hassen. Er hasste mich sicherlich bereits. Dafür, dass ich all die Jahre nicht für ihn da war. Dafür, dass ich ihn geküsst habe...

Innerlich bereitete ich mich auf mein zerschmettertes Herz vor, auf den Hass in seinen Augen, als ich meinen Kopf zurück in seine Richtung drehte.

Und was ich sah zerriss mir tatsächlich das Herz. Aber es war nicht wie erwartet. Sein Gesicht war nicht wutzerrissen oder hasserfüllt. Er fing nicht an mich anzubrüllen was ich mir erlaubte oder wie eklig das war, nein.

Noah weinte. Ich hatte ihn noch nie weinen sehen.

Sein ganzes Gesicht war schmerzverzerrt und eine Träne nach der anderen fand ihren Weg seine Wangen hinunter. Und mein Herz brach mit jeder einzelnen in noch kleinere Splitter.

Noch bevor ich reagieren konnte, sah ich wie er aufsprang, mir einen letzten, so furchtbar traurigen Blick zuwarf und mit einem leisen Schluchzer um die nächste Ecke verschwand.

Mit großen Augen saß ich wie erstarrt auf dem harten Flurboden und fragte mich, was zur Bananenmilch hier gerade passiert war...



Whatever It TakesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt