9. Kapitel

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Jane POV

Das Lagerfeuer ist in vollem Gange. Die Meisten feiern hier noch, erst ein paar sind schon in ihre Zelte zurückgekehrt. Darunter auch Kaden. 

Ich muss immer noch an ihn denken. Meine Stirn prickelt auch noch von seinem Kuss. Bei dem Gedanken daran werde ich rot. Er ist einfach nicht wie die anderen Jungs. Was vielleicht auch daran liegen könnte, dass er sich wie ein Mann verhält und reifer ist als die Jungs hier. Abgesehen davon hat er eine schwierige Vergangenheit. Er musste vermutlich schon früh den Ernst dieser Welt kennenlernen. Das merkt man. Von der Art wie er redet bis hin zu seinen kalkulierten Bewegungen. Er ist ein geborener Agent. 

Plötzlich werde ich durch eine wedelnde Hand vor meinem Gesicht aus meinen Gedanken gerissen. Lauren steht mit einem prüfenden Gesichtsausdruck vor mir. ,,Erde an Jane, hörst du mich?" Ich nicke. ,,Natürlich höre ich dich. Was ist los? Warum fuchtelst du mit deiner Hand vor meinem Gesicht?"

,,Ich habe 5 Minuten mit dir geredet und du hast einfach nicht reagiert. Ich vermute, dass du mal wieder an deinen Loverboy gedacht hast." Sie wackelt mit den Augenbrauen und sieht mich erwartungsvoll an. 

Ich seufze. Seit ich ihr von meiner ersten Begegnung mit Kaden erzählt habe, versucht sie mich mit ihm zu verkuppeln. Ich sei ja zu prüde, sagt sie.

,,Er ist nicht mein Loverboy. Und warum glaubst du, dass ich an ihn gedacht habe?" Sie kichert. ,,Naja, du bist voll rot geworden und warst nicht ansprechbar. Also habe ich eins und eins kombiniert und Baam, wusste ich, dass du an ihn gedacht hast." 

,,Okay, du hast gewonnen. Ich habe an ihn gedacht, aber nicht so wie du denkst.", stelle ich klar. ,,Aber sicher doch.", sagt Lauren und lacht.

Um weiteren unangenehmen Fragen auszuweichen, frage ich: ,,Hast du auch so einen Durst wie ich? Ich hole mal schnell was zu trinken." Damit rase ich los zum Bus, wo es eine Getränkeausgabe gibt. Ich höre nur noch Laurens Lachen aus der Ferne und ein ,,So leicht kommst du nicht davon."

Endlich komme ich beim Bus an. Außer Atem lehne ich mich an den Bus und atme tief durch. Dann will ich nach einem der Getränke greifen, werde jedoch von hinten gepackt und in ein Gebüsch gezogen, wo uns niemand sehen kann. Bevor ich schreien kann, wird mir eine Hand vor den Mund gehalten. Dann lässt mich die Person los und ich will sie gerade überwältigen, als ich erkenne wer es ist. 

,,Lance?", frage ich fassungslos, ,,Was tust du?" Er kommt ein Stück näher. Zu nah für meinen Geschmack. ,,Ich wollte mit dir reden.", sagt er ernst. Aber das passt überhaupt nicht zu ihm. Normalerweise ist er eine sorglose Person. So ernst habe ich ihn noch nie zuvor gesehen.

,,Was ist los?", frage ich alarmiert. So kenne ich ihn nicht. Irgendwas muss passiert sein. ,,Jetzt sag schon, Lance. Du machst mir langsam Angst."

Er ist jetzt so nah dran, dass ich sogar seinen Atem an meinem Gesicht spüre. ,,Ich finde dich sehr schön, weißt du. Du bist anders als die andere Mädchen. Das fasziniert mich." Entsetzt sehe ich ihn an. Mir gefällt überhaupt nicht in welche Richtung dieses Gespräch geht.

,,W-was meinst du?", stottere ich. ,,Ich meine damit, dass ich mit dir zusammen sein möchte. Du gefällst mir."

Erschrocken sehe ich ihn an. ,,Warum sagst du das? Du bist doch mit Lauren zusammen." Er zuckt mit den Schultern. ,,Ist doch egal. Sie ist nicht wichtig."  Auf einmal kommt er näher. Will er mich etwa küssen?!

Bevor ich weiter darüber nachdenke, hole ich aus und gebe ihm eine Ohrfeige. Ein lautes Klatschen hallt durch den dunklen Wald. Dann renne ich weg.

Heiße Tränen rennen mir über die Wangen, während ich durch die eiskalte Nacht laufe.

Wie kann er nur?!

Wie kann er mir sagen, dass er mit mir zusammen sein will, wenn er doch Laurens Freund ist? Sie ist meine beste Freundin, verdammt nochmal! Niemals würde ich sie derartig betrügen. Glaubt er wirklich, dass ich mit ihm etwas anfangen würde? Ich kann es einfach nicht glauben.

Aber das ist noch nicht einmal das Schlimmste.

Ich muss es Lauren sagen. Sie verdient die Wahrheit. Wer weiß wie oft er sie schon betrogen hat.

Ich weiß, dass ich es ihr sagen muss, aber gleichzeitig habe ich auch Angst.

Davor, dass sie denkt ich würde ihre Beziehung zerstören.

Oder davor, dass sie mich hassen wird.

Mir ist bewusst, dass sie oft in meinem Schatten steht. Die meisten Jungs kommen zu mir und nicht zu ihr. Ich weiß, dass sie sich deswegen manchmal einsam oder weniger wert fühlt. Und ich hasse mich dafür, dass ich sie so fühlen lasse. Immerhin ist sie meine beste Freundin und ich sollte sie zum Lachen bringen. Nicht zum Weinen.

Lance war immer der einzige Junge, der Interesse an ihr und nicht an mir gezeigt hat. Von Anfang an hat Lauren von ihm geschwärmt und ich habe sie unterstützt. Auch wenn er ein kompletter Idiot ist, macht er sie glücklich. Er lässt sie sich besonders und einzigartig fühlen. Das habe ich immer an ihm geschätzt.

Doch jetzt sehe ich das nicht mehr so. Es könnte unsere gesamte Freundschaft zerstören. Das kann ich nicht zu lassen. Verdammt was soll ich nur tun?

Entweder ruiniere ich unsere Freundschaft oder ich lasse zu, dass er sie weiter betrügt.

Beides kann ich nicht zulassen. Es würde Lauren zerstören. Und das ist das Letzte was ich will.

Ein Schluchzen entweicht meiner Kehle und erst jetzt merke ich, dass meine Beine mich direkt zu Kadens Zelt getragen haben.

Ich brauche gerade Trost. Einfach nur jemanden der bei mir ist und dem ich vertrauen kann.

Und ich denke, ich kann ihm vertrauen.

Ich erreiche sein Zelt und öffne es.

Ich spähe hinein. In der Dunkelheit sehe ich nichts, nur Kadens leiser Atem ist zu hören.

,,Kaden?", flüstere ich leise. Ich öffne das Zelt noch etwas weiter, wodurch etwas Mondschein ins Zelt fällt und Kadens Gesichtszüge in einen himmlischen Schein tunkt.

,,Kaden?", frage ich nochmal. Er regt sich langsam und durch den Lichteinfall kann ich sehen, wie sich seine schemenhafte Gestalt erhebt.

,,Jane?", fragt er verschlafen, ,,Was tust du hier?" Dann sieht er mein verheultes Gesicht und Besorgnis durch zieht seine hübschen Gesichtszüge. ,,Was ist passiert?"

Ich schüttele den Kopf. ,,Kann ich heute wieder bei dir schlafen?", frage ich so leise, dass ich bezweifle, dass er es hören konnte, doch er nickt. ,,Beeil dich, du zitterst ja schon."

Darauf habe ich gar nicht geachtet. Ich war so in meine Gedanken vertieft, dass ich nicht gemerkt habe, wie sehr ich friere.

Ich schlüpfe schnell ins Zelt, verschließe es wieder und husche zu ihm.

Ich werfe mich in seine Arme und er hält mich fest. Wärme durchströmt mich und ich atme tief durch. Auf einmal kommen mir die Erinnerungen von eben wieder in den Sinn und Tränen schießen mir in die Augen. Ich lasse ihnen freien Lauf und weine in Kadens Brust.

,,Shhh, es ist alles gut. Ich bin ja da.", versucht er mich zu beruhigen und streicht mir sanft über die Haare. Ich fühle mich sicher und geborgen. Eine Weile bleiben wir einfach so. Ich weine in seinen Armen und er hält mich einfach nur fest.

Dann legt Kaden sich vorsichtig hin, hält mich dabei aber immer noch sicher an sich gedrückt. Ich greife nach seinem T-Shirt, einfach nur um Halt vor dieser Offenbarung zu haben. Vorsichtig hüllt er uns in Decken und ich drücke mich noch näher an ihn ran.

Ich weiß nicht, wie lange wir so liegen, aber irgendwann versiegen meine Tränen und ich werde in einen unruhigen Schlaf gezogen.

Undercover enemy (Abgeschlossen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt