Gemischte Gefühle

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Da war sie also wieder, dachte sich Angie. Sie befand sich nun unmittelbar vor der Haustür und zögerte noch. Noch einmal ging sie in ihren Gedanken alle ihre geübten Sätze durch: "Germán, ich bin nur hier, weil ich Violetta so schrecklich vermisst habe. Außerdem sollte man Weihnachten mit der Familie feiern." Was würde passieren, wenn er sie das erste mal sehen würde? Wie wird er reagieren? Hatte er immer noch diese Tiefe in seinen Augen? Das alles waren Fragen, die sie schließlich dazu führten mit einer zitternden Hand langsam den kleinen Knopf an der Tür zu drücken. Zitternd stand sie da und hörte das Klingeln im Haus. Alles war noch so vertraut. In ihrem Kopf spielten sich Bilder von den letzten 3 Jahren ab, bis sie schließlich merkte, dass niemand geöffnet hatte. Zum Glück hatte Angie noch den Schlüssel vom Haus ihrer Nichte und so schloss sie sich schnell selbst auf. Da stand sie nun, in ihrer Hand fest ihren Koffer umklammert und trat mit langsamen Schritten ein. Fast erschrak sie selber, als sie ihre lauten Schritte auf dem Holzboden hören konnte. Mit leiser und vorsichtiger Stimme rief sie abwechselnd die Namen von Olga, Ramallo, Germán und Violetta. Nichts regte sich. Angie schaute sofort auf die Uhr und ihr wurde gleich klar, wieso ihre Nichte auf jeden Fall nicht im Hause sein konnte. Sie hatte wahrscheinlich gerade Unterricht im Studio... Aber ihr war Schleierhaft, wieso Germán und seine Angestellten nicht anwesend waren. Sie stellte ihren Koffer ab und bog langsam in die Küche ein, als sie auch schon die Tür hörte. Sie konnte schnelle Schritte hören, die auf sie zu kamen. Sie lief der Person entgegen und prallte völlig überrascht mit ihrer Nichte zusammen. Diese schrie sofort glücklich auf. "Angie?, bist du es wirklich? Was machst du hier?" Ihre Nichte viel ihr sofort in die Arme und auch Angie war sehr froh, dass sie ihre kleine Vilu wieder in den Armen halten konnte. "Ich freue mich so dich zu sehen. Ich habe euch sehr vermisst. Wie geht es dir, Vilu?", entgegnete ihr Angie mit einem leichten Lächeln. Ja, Angie hatte ihre Nichte sehr vermisst und war jetzt umso glücklicher Weihnachten mit ihr und ihrer Familie zu verbringen. "Ich glaub es einfach nicht. Du bist hier! Mir geht es sehr gut und Papá auch, obwohl er sehr traurig war, als du plötzlich einfach weg warst, fügte Violetta mit einem Schmunzeln in ihrem Gesicht hinzu. Die beiden beschlossen zusammen zum Studio zu gehen und Violetta erzählte ihrer Tante alles, was diese verpasst hatte. Sie erfuhr vieles. Ludmila zum Beispiel, war nun auf einer Tournee in Deutschland und sie hatte mit Camila zusammen eine eigene Website für das Studio erstellt, damit die zukünftigen Schüler ihr Talent beweisen können. Glücklich gingen die beiden durch den Park und Violetta erzählte Angie traurig, dass sie und Papá Weihnachten alleine feiern würden, weil Vilu und ihr Freund für ein paar Tage nach Rom fliegen würden. Als Angie bewusst wurde, dass sie 2 Tage mit ihrem Schwager alleine verbringen wird, bekam sie ein wenig Angst. Auf der einen Seite war es doch genau das, was die beiden brauchten, um sich endlich auszusprechen aber sie war einfach noch nicht so weit dafür. Oder nicht? War es noch nicht vorbei? Hatten die beiden noch Chancen? Natürlich verschwieg sie ihrer Nichte ihre Gefühle für ihren Papá, wobei Violetta es eigentlich war, die immer daran geglaubt hatte, dass ihr Vater und sie eines Tages zusammen kommen würden. Plötzlich klingelte Violettas Handy und sie verabschiedete sich von Angie und fügte nur murmelnd hinzu, dass Leon auf sie warten würde. Angie blieb alleine zurück und genoss den Anblick des Parks. Es war mit Abstand der schönste in ganz Buenos Aires. Zumindest fand sie ihn so schön. Links von ihr, konnte sie wunderschöne Rosen in den verschiedensten Farben erkennen. Mal rot und mal rosa. Sie roch diesen lieblichen Duft ein. Jede Rose roch anders. Jede einzelne hatte einen Geruch, der so einzigartig war. Für Angie rochen diese nach frischem Gras mit einem Hauch von Vanille. Deshalb waren die Rosafarbenen auch ihre Lieblingsblumen. Lachend musste sie an ihren 15. Geburtstag denken. Sie konnte sich noch gut erinnern, dass ihre Schwester ihr damals rosa Rosen geschenkt hatte. Sie blieb noch eine Weile sitzen, stand schließlich auf und drehte sich um, um zum Studio zu gehen, als sich eine dicke und dunkle Wolke vor den blauen Himmel schob. Sie seufzte und entschied sich doch schließlich wieder nach Hause zu laufen, bevor es anfangen würde zu schütten. Sie ging mit raschen Schritten den holprigen Weg entlang. Der Park war groß und langsam wurde ihr klar, dass sie nicht trocken ankommen würde. Also fing sie an zu rennen. Erst langsam doch dann immer schneller. Leider sah sie für einen kurzen Augenblick nicht auf den Weg sondern wurde von ein paar Kindern abgelenkt, die ausgelassen im leichten Regen in den Pfützen spielten. So geschah es, dass Angie über eine Wurzel stolperte und das Gleichgewicht verlor, ausrutschte und jederzeit glaubte gleich auf den harten Boden aufzuschlagen. Vor Panik schloss sie ihre Augen. Schließlich merkte sie, wie sie von zwei starken Armen aufgefangen und festgehalten wurde. Die Arme von der Person hielten die Blondine fest umklammert, was in der jungen Frau ein schönes aber bekanntes kribbeln auslöste. Langsam blinzelte diese, bis sie ihre Augen wieder öffnete und in zwei führsorgliche und sehr bekannte, tiefe, braune Augen schauen konnte.

Feliz NavidadWo Geschichten leben. Entdecke jetzt