Gemeinsam sind wir stark [Esteban Ocon & Lance Stroll]

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Ob er Corona nicht doch dankbar sein sollte? Immerhin verdankte er diesem heimtückischen Virus ein wenig Aufschub. So konnte er ein paar Tage - oder wohl eher Wochen - alldem Negativen noch weiter aus dem Weg gehen. Wären sie wirklich in Australien gestartet, wäre es vielleicht nicht so einfach gewesen, sein Gesicht zu wahren, obwohl er schon Übung im Vorspielen hatte. Immerhin fuhr er seit 2017 in der Formel 1, hatte genügend Zeit, um sich das perfekte Image zuzulegen - oder vielmehr das Image, was sie alle von ihn erwarteten. 

Als Sohn eines Tycoon konnte man zwar keine Geldsorgen haben, aber man konnte dem Hass und Spott in den sozialen Medien heftig ausgesetzt werden. Mit 18 Jahren war das schon schwer zu ertragen gewesen und es hatte ihn viel gekostet, um nicht alles an sich heranzulassen.

„Hm. Ich kann dich denken hören, Lance."

Sanfte Berührungen an seinem Rücken ließen den jungen Kanadier erschaudern. Er seufzte wohlig auf, als die Hände über den kompletten Rücken streichelten, seine Hüfte liebkosten, nur um vorne auf seinem Bauch zum Ruhen zu kommen. Starke, beschützende Arme schlossen sich um seinen Bauch, zogen ihn an einen warmen, nackten Oberkörper.

„Sicher, dass du mich hast denken hören? Wird mir nicht nachgesagt, dass ich dumm wäre? Dass ich ein unfähiger Fahrer bin? Und wenn ich das bin, dann kann ich doch sicher nicht denken. Das wäre ein Widerspruch." Die Bitterkeit war deutlich aus der Stimme des 21-Jährigen zu hören. Wieso sollte er sie auch verstecken? Immerhin dachten doch all die tollen Formel-1-Kenner so von ihm. Und alle, die keine eigene Meinung hatten, machten brav wie die Lemminge mit. Sagte einer A, sagten alle A. Egal ob es der Wahrheit entsprach oder nicht.

„Hast du schon wieder Kommentare gelesen?"

Lance konnte das leise Seufzen genau heraus hören, zuckte nur minimal mit den Schultern, während er versuchte, aus der vor wenigen Sekunden noch beschützenden Umarmung zu entkommen. Esteban hatte ihm oft genug gesagt, dass er die Kommentare nicht lesen sollte, und wenn, dann sollte er sie einfach nicht an sich heranlassen. 

Aber auch nach drei Jahren in diesem Geschäft konnte Lance es einfach noch immer nicht ganz abstellen, dass ihn dieser Hass und Spott wirklich trafen und manches Mal tief verletzten. Niemand von diesen anonymen Schreibern kannte ihn persönlich, niemand wusste, wie sein Leben außerhalb der Rennstrecke war. Aber alle bildeten sich anhand von Informationen aus dem Internet, aus Interviews und anderen Quellen einfach ein, ein Bild von ihm zu machen. 

Sicherlich war er nicht unschuldig, postete er doch auf Instagram genügend Material für all die Hater. Und wäre er nicht Lance Stroll, der Formel-1-Rennfahrer, dessen Dad ein Team für ihn gekauft hätte, dessen Dad 80 Millionen Dollar in seine Karriere investiert hätte, dann wäre er nur einer von den vielen vermögenden Kindern, die zeigten, was sie hatten. Aber das war er nun mal nicht. Er war Formel-1-Rennfahrer, auch wenn die wenigsten ihn für einen guten hielten.

„Nicht, Lance", wisperte der junge Franzose leise, legte die Arme noch fester um Lance und hinderte diesen an einer Flucht. Er kannte seinen Freund lange genug, um zu wissen, dass sich Lance in Sport flüchten würde, sobald er diesen loslassen würde. 

Und es war nicht so, dass er Lance nicht verstehen konnte. Irgendwo musste er seinen Frust, die Ungerechtigkeit ja loswerden, aber Esteban beobachtete dies immer mit leichter Besorgnis, da Lance das Talent hatte, es zu übertreiben.

„Wenn dieses Virus die Sportwelt nicht lahm gelegt hätte, würden wir beide gerade nicht so viel Zeit miteinander verbringen können. Wir wären schon wieder vollkommen im Stress, würden hier testen und da Rennen fahren. Wir hätten vielleicht nur die paar Stunden in den Hotels. Wenn überhaupt. Niemand weiß, ob wir überhaupt in die neue Saison starten können. Und wenn doch, dann sicher mit richtig vielen Auflagen. Ich bin sicher, es würde noch schwerer für uns beide werden, da ein wenig Zeit für uns zu finden. Weißt du, was ich damit sagen möchte, Lance?"

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