Kapitel 7

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Tane hatte es geschafft. Nachdem er fast diese wehrlose Frau angefallen hätte, konnte er sich gerade noch so zurück halten und fliehen. Leider wurden ihm dann fast die Sonnenstrahlen zum Verhängnis. Er würde zwar einige Minuten in der Sonne überleben können und wenn er voll bei Kräften gewesen wäre, sogar noch länger aber angenehm ist die Sonne in keinem Fall für Wesen seiner Art. Und in seiner derzeitigen Situation absolut tödlich. Er konnte von Glück reden, dass er nicht das Bewusstsein verloren hatte, bevor er eine alte Holzhütte in einem nahe gelegenen Kleingarten erreichte.

Kleingartenvereine gab es in dieser Stadt unendlich viele. Und viele Parzellen standen leer oder waren verwildert. Genau wie diese hier. Die Fenster waren mit Brettern vernagelt worden. Vermutlich um Landstreicher abzuwehren und Tiere draußen zu halten. Aber einen Vampir würden diese paar Bretter nicht aufhalten können. Trotzdem riss er lieber die Tür aus den Angeln und verschloss sie wieder so gut es ging. Wer weiß, ob er die Bretter wieder an die Fenster bringen könnte um sich vor den Sonnenstrahlen zu schützen. In der Hütte waren anscheinend schon lange keine Menschen mehr gewesen. In der Ecke stand ein Tisch und eine Eckbank mit abgewetztem Stoff, daneben eine alte Kommode. Und der graue Teppich war ursprünglich bestimmt nicht grau gewesen. Auch wenn er anderen Standard gewöhnt war, so machte es ihm nichts aus sich in die leere Ecke zu setzen und auf den Sonnenuntergang zu warten. So weit wie möglich entfernt von den Fenstern. Tane lehnte seinen Kopf gegen die Wand und starrte in die Dunkelheit. Lediglich kleine Ritze in der Wand erinnerten ihn daran, dass die Sonne immer noch hoch am Himmel stand.

Soweit war war es also gekommen. Ein Junkie, der halbnackt in der Ecke eines herunter gekommenen Gartenhäuschens hausierte. Das hatte man wohl davon, wenn man sich den laufenden Drogenbeuteln hin gab. Und das alles nur für den ultimativen Kick und immenser Stärke. Denn das war es, was heroindurchtränktes menschliches Blut bei Vampiren anrichtete. Und erst später kommt der Verfall. Am Anfang der Körper, dann der Geist. In den allermeisten Fällen ist es dann schon zu spät und man wird zu einem blutrünstigen Zombie der nur noch lebt um zu trinken und zu töten. Zum Glück hatte ihn sein Clan früh genug aufgefangen und seinen Entzug begleitet. Von alleine hätte er diesen Schritt nie gehen können. Dazu hatte er kaum noch Willenskraft gehabt. Das letzte bisschen davon war es auch, die dafür gesorgt hatte das er "nur fast" seinen Freund angegriffen hatte. Oder dieses Mädchen. Erst als ein kleiner Funke Bewusstsein wieder von ihm Besitz ergreifen konnte, konnte er die notwendige Kraft aufbringen sich der Situation zu entziehen. Sicherlich war es kopflos gewesen, sich auf die Straße zu retten. Aber in dem Moment war alles besser als diesen Menschen vor sich zu sehen. In dem Kleingartenverein konnte er dann mit seinen letzten Kräften Gestalt annehmen. Tane spürte wie der Hunger immer noch versuchte seinen Körper zu übernehmen. Und immer noch kämpfte er dagegen an. Sein Herz pochte schneller und schneller, seine Fänge schmerzten höllisch. "Heute nicht ...", wiederholte er immer und immer wieder bis sein Verlangen endlich aufhörte gegen seine Schädeldecke zu wummern. Diesen Kampf hatte er gewonnen. Aber die Schlacht noch lange nicht.

...

Taika drückte auf die Klingel. Nate stand hinter ihr und schien jeden Schritt von ihr genauestens zu beobachten. Obwohl es noch recht früh am Abend war, war in ihrer kleinen Seitenstraße kaum was los. Taika wohnte schon seit zwei Jahren mit Alina zusammen. Kennengelernt hatten sie sich während des Studiums. Taika suchte eine Wohnung und Alina eine Mitbewohnerin. So kam eins zum anderen und sie wurden beste Freundinnen obwohl sie beide recht unterschiedlich waren. Die eine eher arm, die andere ziemlich reich. Introvertiert und extrovertiert. Langschläfer und Frühaufsteher.

Alina riss die Tür auf. "Da bist du ja endlich!" schoss es aus ihr heraus. Taika konnte sehen dass Alina sich große Sorgen gemacht haben musste. Alinas gerötete Augen verrieten sie. "Es tut mir wirklich leid, Alina. Ich ... ich", Taika schielte zu Nate. Der verzog keine Miene. "Ach soooooo" entfuhr es Alina. "Du hast bei jemand anderem übernachtet. Du hättest aber ruhig Tschüss sagen und wenigstens dein Smartphone mitnehmen können!" Alinas Auffassungsgabe war erstaunlich. Auch wenn Taikas "Übernachtungspartner" nicht das war, was sie annahm das es war. Aber das spielte keine Rolle. "Ja, da hast du recht, aber es ging alles ziemlich schnell und ja, in der Hektik habe ich es am Tisch liegen lassen. Es tut mir so so wahnsinnig leid." Taika setze ihren Dackelblick auf und Alina sprang drauf an.

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