Kapitel 29

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Blind vor Tränen, stolpere ich in Richtung von Lus Zelt.
Wie konnte ich nur? Diese Frage schießt mir die ganze Zeit durch den Kopf.

"Seid ihr angezogen? Ich komme rein", sage ich leise, als ich dort angekommen bin.
Nach dem leisen "Ja." ziehe ich den Reißverschluss hinunter und gehe in das riesige Zelt von Lu und Robin.
Ja, es ist wirklich riesig. Sie haben zu zweit ein Sechserzelt, in dem man ohne Probleme stehen kann.

"Süßer, nein. Warum weinst du?" Lu springt direkt auf und zieht mich in ihre Arme. Da ist er. Der kleine verletzliche Junge, der ich bei Lu sein kann.
"Robin? Ruf mal Till und Gerrit an und sag ihnen, dass sie herkommen sollen. Das ist was ernsteres hier. Willst du einen Tee, Schatz?" Den letzten Satz richtet sie wieder an mich und geht ein bisschen zur Seite, damit ich mich auf ihre Matratze setzen kann.

Kurz darauf treffen auch Gerrit und Till ein. Letzterer kommt direkt zu mir, um mich zu umarmen. Werden sie auch noch so nett zu mir sein, wenn ich sage, was ich gemacht habe?, fragt sich die gehässige Stimme in mir.
"So, Kleiner. Jetzt erzähl bitte, warum genau wir jetzt alle versammelt sind und du weinst."

Ich seufze.
"Bitte hasst mich danach nicht, okay?
Ich habe Tobias gerade oral befriedigt und fühle mich jetzt so unfassbar schlecht. Ich weiß nicht einmal, warum. Es ging eigentlich nur darum, dass ich versuche ihn ein bisschen horny zu machen und das ist daraus geworden. Ich habe mich glaube ich noch nie so schmutzig gefühlt." Beim letzten Satz breche ich wieder in Tränen aus und mache mich dafür bereit angeschrien zu werden. Doch nichts passiert.

"Hey, es ist alles okay. Wirklich. Keiner ist dir böse, nur weil du dich mal austobst. Ich bin mir sicher, dass du deine Handlungen einschätzen kannst. Du bist keine Hoe. Es war einfach nur unüberlegt. Rede da am besten mit ihm drüber und erkläre ihm, dass sich das für dich falsch angefühlt hat, weil er vor ein paar Wochen noch auf dich eingeprügelt hat. So ist es doch, oder?"

Ich nicke nur stumm. Ja, das ist das größte Problem.
"Ich bin einfach so unendlich naiv. Warum mache ich immer so etwas unüberlegtes? Es war, als wäre ich für kurze Zeit jemand komplett anderes gewesen und das nur, weil mein letztes Mal schon so lange her ist."
"Also drei Monate finde ich jetzt nicht so lange", brummt Till, der bis jetzt noch gar keine Erfahrungen in die Richtung gemacht hat.

"Bist du dir sicher, dass es daran liegt?", fragt Robin plötzlich vorsichtig. "Ich glaube eher, dass du dich von Tobias hast beeindrucken lassen. Ihr hockt jetzt seit ungefähr eineinhalb Wochen aufeinander und die Reaktion, die du im Schwimmbad gezeigt hast, deutet ja schon darauf hin, dass er dich nicht ganz kalt lässt. Zumindest was sein Aussehen angeht. Wenn er dir seinen eigentlichen Charakter auch noch offenbart, könnte ich mir vorstellen, dass er dich dann komplett in seinen Bann zieht. Was an sich ja nichts negatives ist. Aber nur, dass du dich darauf einstellst. Tobias ist kein schlechter Mensch und wenn ihr euch mal unterhaltet, findest du vielleicht seine Motive für einige Taten raus. Dann kannst du dich auf ihn einlassen ohne ein schlechtes Gefühl zu haben."

"Du weißt die Gründe, oder?", frage ich sie, ein wenig überwältigt von dem, was sie gesagt. "Ja, er hat mir davon erzählt. Sicherlich bist du auch dahinter gekommen, aber ich glaube, dass er immer noch nicht alle Karten auf den Tisch gelegt hast. Das solltest du aber auch tun." Eindringlich guckt Robin mich an. Scheinbar weiß sie viel mehr, als Tobias mir bis jetzt gesagt hat.

"Mal eben für die ganz Dummen unter uns. Bedeutet das, dass Tobias homosexuell ist?" Robin und ich nicken synchron. Das ausgesprochen zu hören, ist immer noch komisch. Vor einigen Tagen hätte ich das nicht in Betracht gezogen, aber jetzt?
"Gibt es eigentlich irgendjemanden hier, der hetero ist", fragt Lu, wofür sie einen bösen Blick von Robin kassiert. Scheinbar muss bei denen auch noch einiges besprochen werden.

Das bemerken auch Gerrit und Till. Zumindest verabschieden sich die beiden mit der Aussage, dass sie Schlaf brauchen.
Auch ich fasse langsam den Mut, um wieder in mein Zelt zurück zu gehen. Schlafen kann ich zwar nicht, aber ich möchte Robin und Lu nicht weiter nerven.
Bevor ich gehe, flüstert Robin mir noch zu, dass ich bitte mit meinen Worten aufpassen soll, da Tobias sensibler ist als man denkt. Als ob ich das noch nicht mitbekommen habe.
Ich lächle die beiden kurz an, bedanke mich und laufe dann zurück.

A * N I G H T * I N * A * T E N T - BoyxBoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt