Vorsichtig öffne ich meine Augen. Ich kann nicht genau einschätzen wo ich bin, da mir die Kopfschmerzen ein wenig meine Sicht rauben, aber bei genauerem Hingucken erkenne ich eine Zeltplane über mir.
Plötzlich komme alle Erinnerungen von gestern zurück. Irgendwer hat mich gerettet und mich in mein Zelt zurückgebracht. Erleichtert atme ich auf. Ich lebe.Moment, wenn ich in meinem Zelt bin, dann ist da auch... "Scheiße! Du lebst ja noch", grummelt Tobias im Halbschlaf. Habe ich auch bemerkt, danke.
Ohne groß drüber nachzudenken, hole ich aus und gebe ihm eine Backpfeife. Sein Kopf schießt nach oben und er starrt mich wütend an. "Spinnst Du?" Ich schüttle den Kopf. "Das sollte ich eher dich fragen. Wer hat mich denn gestern in einen Graben geworfen? Ich hätte erfrieren oder mich noch schlimmer verletzen können! Du kannst froh sein, dass ich nur Kopfschmerzen und eine Wunde am Bein habe. Ansonsten würde ich euch sowas von bei den Lehrern anprangern."
Tobias guckt genervt zur Seite. "Dir ist schon klar, dass genau das die Intention war? Also dich so gut wie abzumurksen. An deiner Stelle würde ich jetzt auch die Klappe halten. Ansonsten werden gleich alle wach und da um uns herum überall meine Freunde liegen, könnte das schlecht für dich enden."
Ich seufze. Warum droht er mir immer? Aber recht hat er.
"Hast du wenigstens ne Ahnung, wer mich hierher gebracht hat?" "Leider nicht. Ich würde dieser Person gerne den Hals umdrehen", grummelt er.Ich belasse es dabei und kuschel mich wieder in meinen warmen Schlafsack. Doch bevor ich versuche einschlafen, gucke ich noch einmal zu Tobias hinüber. Hübsch ist er ja schon. Wäre er nicht so ein Arsch, würde ich mich vielleicht sogar um ihn bemühen. Aber so? Nope!
Die Tatsache, dass sie überlegt haben mich zu töten, macht ihn sehr sehr unattraktiv. Als ich gerade meine Augen schließen will, spüre ich Tobias Hand erst sanft auf meiner Schulter, bis er langsam aber sicher beginnt zu zu drücken.
"Wenn du mich noch einmal im Schlaf so anstarrst, kugel ich sie dir aus." Danach dreht er sich wieder um und rutscht mit seinem Schlafsack ein wenig von mir weg. Hups, da war ich wohl unvorsichtig. Ich drehe mich zur Zeltwand und schließe endlich wieder meine Augen. Ein oder zwei Stunden Schlaf werde ich wohl noch bekommen.
***
"Junge, steh auf!" Ich spüre ein Rütteln an meinem Arm. Oh wow, mal kein Schlag von Tobias. Könnte ich mich dran gewöhnen. Ich öffne langsam meine Augen und versuche mich aufzusetzen, aber ein Schwindelanfall hält mich davon ab. Ich bekomme also nur ein gequältes "Was?" heraus und schaue Tobias schlaftrunkend und mit einem dicken Schädel an.
"Du Penner liegst auf meinem Bein." Mein Orientierungssinn ist ein bisschen verloren gegangen, also kann ich nur raten, wo meine Beine drauf liegen. Unter Schmerzen hebe ich sie leicht an, damit Tobias seine darunter wegnehmen kann. Er ist dabei weitaus genervter als ich.
"Toll, wegen dir kommen wir jetzt zu spät", brummt er. Meinen Kommentar "Genau genommen seid ihr Schuld." verkneife ich mir an der Stelle mal lieber. "DU kommst zu spät. Ich kann nicht mal was sehen und bewegen kann ich mich auch nicht. Ich bleibe hier heute liegen. Sag das bitte meiner Schwester. Außerdem hättest du auch früher etwas sagen können." Tobias verflucht mich leise und steht dann auf, um sich umzuziehen.
Ich lege mich wieder hin und hoffe, dass mich ab jetzt niemand mehr stört. Einfach mal mehr als zwei Stunden Schlaf am Stück. Das wird doch möglich sein, oder?
Natürlich nicht. Ungefähr zwanzig Minuten nach meinem sehnlichsten Wunsch zu schlafen, wird der Reißverschluss von unserem Zelt heruntergerissen und sowohl meine Schwester als auch Till und Lu krabbeln hinein. Sauer stöhne ich auf und versuche erneut mich aufzusetzen.
"Erzähl schon, was ist passiert? Wieso geht es dir so scheiße, dass du nicht mitmachen kannst?" Ich schaue Eve einfach nur genervt an. "Ich bin gestern im Dunkeln, als ich von den Toiletten gekommen bin, gestolpert und auf den Kopf gefallen. Nichts dramatisches. Morgen bin ich sicherlich wieder fit."
Den letzten Teil sage ich mit einem leichten Lächeln, in der Hoffnung, dass meine Schwester mir das glaubt. Eve seufzt und will gerade darauf eingehen, als sie von einer Kollegin gerufen wird. Sie steht auf, schaut mich kurz an und verlässt dann das Zelt.
Lu sieht mich besorgt an. "Was ist wirklich passiert, Addy?" Betrübt schaue ich zur Seite, weil ich mich jetzt doch mit der Problematik von gestern auseinandersetzen muss. Ich will die beiden nicht auch noch anlügen. "Sie haben mich in einen Graben geworfen." "Henry und Tobias?", fragt sie leise. Ich nicke nur. Das auszusprechen fühlt sich einfach nur schlimm an.
Till knurrt und ballt die Fäuste. "Ich bringe diese Dreckskerle um!" "Nein", rufe ich und lege ihm eine Hand auf den Arm. "Am Ende tun sie dir auch weh. Das möchte ich nicht." Till sackt in sich zusammen, nimmt meine Hand von seinem Arm, drückt sie leicht und lächelt mich traurig an.
"Ich hoffe du weißt was du tust, Addy. Ich möchte dich nicht verlieren und Lu sicherlich auch nicht." Lu nickt zur Bestätigung stark, guckt aber trotzdem sehr besorgt. Ich möchte mich gerade bei meinen Freunden bedanken, als plötzlich mit einem lauten Ratschen der Reißverschluss von dem Zelt aufgerissen wird. Was soll das denn jetzt? Verwundert drehen wir uns alle zum Eingang um und sehen direkt in zwei tiefblaue Augen.
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A * N I G H T * I N * A * T E N T - BoyxBoy
RomanceFür Aiden gibt es nichts schlimmeres im Leben als Henry und Tobias. Immer wieder bekommt er Gewalt und ihren Hass ihm gegenüber zu spüren. Doch was ist, wenn er mit einem von ihnen zwei Wochen in einem Zelt schlafen muss. Wird es ein wahr geworden...