"Bitte her hören. Ich habe eine wichtige Ansage zu machen." Unsere Lehrerin klatscht in die Hände und versucht sich Gehör zu verschaffen. Spoileralarm: Sie schafft es nicht. Ich seufze. Das kann noch ewig dauern. Inkompetente Referendarin. Vielleicht schlafe ich noch einmal ein. Nachdem ich die ganze Nacht nicht schlafen konnte, da ich solche Schmerzen hatte, wäre das jetzt mal eine ganz sinnvolle Sache.
"Ruhe jetzt! Ansonsten schreibt jeder von euch die Seiten eins bis sechs ab." Sofort verstummen die meisten und schauen genervt nach vorne. Auch ich richte meine Aufmerksamkeit zum größten Teil auf die kleine, zierliche Lehrerin, die an der Tafel steht und wütend aussieht. Wie der Zwerg von Schneewittchen. "Also, ihr wisst ja, dass ihr bald von der Schule gehen werdet. Da die Prüfungen geschrieben wurden und ihr quasi fertig seid, hat sich die Schulleitung etwas überlegt. Es gibt eine zweiwöchige Abschlussfahrt für euch. Wir fahren alle zusammen zu einem Zeltlager ans Meer. Besprecht das bitte schnell mit euren Eltern. Gezahlt wird das ganze aus der Klassenkasse. Ihr habt es ja gut geschafft, sie mit euren Flüchen zu füllen."
Kurz ist es ruhig im Klassenraum, doch dann rasten sie aus. Alle rufen wild durcheinander. Freuen sich darüber, dass sie zwei Wochen weg von ihren Familien sind, planen die Zeltzusammensetzung und sind einfach nur hin und weg. Alle, abgesehen von mir. In meinem Kopf schrillen Millionen Alarmglocken und ich habe das Gefühl mich gleich übergeben zu müssen. Zwei Wochen. Zwei Wochen mit denen zusammen. Das ist doch mein Ende.
Drei Sekunden später landet ein Zettel auf meinem Tisch. Ich stöhne genervt auf. Es interessiert mich nicht, was sie schreiben. Solche Nachrichten bekomme ich täglich. Morddrohungen. Beleidigungen. Mein täglich Brot quasi. Seufzend nehme ich den Zettel und lege ihn zu allen anderen unter meinem Tisch. Vielleicht schaut jemand mal in das kleine Fach und findet sie alle. Auf die Reaktion bin ich dann gespannt.
***
"Aiden. Kannst du bitte einmal zu mir kommen?", ruft unsere Lehrerin mich nach dem Unterricht zu sich. Ich verdrehe die Augen. Sicherlich hat sie welche von den Wunden an meinem Arm gesehen, die mir gestern mal wieder zugefügt wurden. Mit Messern sind sie auf mich losgegangen und getreten und geschubst haben sie mich auch. Wie hässlich Menschen doch sein können. Genervt räume ich mein Zeug zusammen und gehe dann zu ihr nach vorne.
"So kann das doch nicht weitergehen, Aiden.", murmelt sie sanft und streicht mit ihrer Hand über meinen Kopf. Wie ich es doch hasse meine große Schwester als Lehrerin zu haben. "Was genau meinst du denn?", frage ich sie scheinheilig. Natürlich weiß ich wovon sie redet. Sie bekommt ja schließlich mit, wie die anderen mit mir umgehen. "Tu nicht so dumm. Rede endlich mit mir und sag mir wer die Leute sind, die das machen. Du sollst das nicht durchstehen." So ein Gespräch wird das also. "Ich habe dir doch schon zwanzig Mal gesagt, dass ich das schaffe und du dich nicht einmischen sollst. Ansonsten bekommst du vielleicht du auch Probleme und das will ich nicht. Du bist meine einzige Familie und ich will dich nicht verlieren." "Ich dich doch auch nicht, du Affe. Deswegen möchte ich ja, dass die Schlägereien aufhören. So wie du gestern nach Hause kamst." Ach schön, sie hatte mich also doch gesehen. Super gemacht, Aiden. Grandios.
Wieder seufzte ich. "Wenn du es eh schon weißt, fährst du mich dann ins Krankenhaus? Mein Arm hört nicht auf zu bluten." Zur Demonstration ziehe ich meinen Ärmel leicht nach oben und präsentiere ihr meinen leicht aufgeschlitzten Arm, der notdürftig mit einem Verband abgedeckt ist. "Du verdammter Vollidiot", knurrt sie, packt ihre und meine Tasche und zieht mich aus dem Klassenzimmer. Ich beginne zu grinsen. Es ist schon immer meine Lieblingsbeschäftigung gewesen, meine Schwester zu ärgern. Zwar ist es in diesem Fall nicht sonderlich lustig, aber egal. Sie soll einfach aufhören sich Sorgen zu machen. Da ist das hier vielleicht nicht die beste Methode, aber wenigstens zeigt es ihr, dass ich die ganzen Sachen hier auch überlebe.
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A * N I G H T * I N * A * T E N T - BoyxBoy
RomanceFür Aiden gibt es nichts schlimmeres im Leben als Henry und Tobias. Immer wieder bekommt er Gewalt und ihren Hass ihm gegenüber zu spüren. Doch was ist, wenn er mit einem von ihnen zwei Wochen in einem Zelt schlafen muss. Wird es ein wahr geworden...