Drittes Kapitel

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Am nächsten Morgen schlief ich viel zu lang und wachte erst durch die Strahlen der schwachen Wintersonne auf, welche bereits hoch am Himmel stand. Ich war es gewohnt von Narmo oder den anderen Wargen geweckt zu werden, doch hier hielt mich nichts davon ab den Tag in den wunderbar weichen Bettlaken zu verbringen. Doch das war das Geld und die Zeit nicht wert, weshalb ich aufstand und mich umzog. Ich hatte gestern lange nicht einschlafen können, weshalb ich einiges meiner Kleidung - inklusive mich selbst, gewaschen hatte. Die Flüsse in den Bergen waren kalt gewesen und boten sich nur, wenn überhaupt, für ein kurzes Bad an. Es war schon wieder mal etwas ganz anderes sich in solch schönen Räumlichkeiten bewegen zu können. Es beruhigte mein Elbenherz ein wenig und ließ mich ein wenig mehr zuhause fühlen. Auch deswegen schlenderte ich lange durch die Stadt und entdeckte noch einige mehr ruhige Plätze, an denen es sich zum Nachdenken lohnte, auch, wenn ich mich das nicht immer traute. Ich wusste, was dabei herauskommen würde und wollte es mir selbst nicht ganz eingestehen. Bevor ich weitere Entscheidungen traf, brauchte ich mehr Informationen, egal zu was.

"Naira?", fragte eine bekannte Stimme hinter mir und ich drehte mich etwas überrascht um. Sofort wandelte sich mein Gesichtsausdruck ins Böse, als ich Aglarond erkannte, welcher mich freundlich anlächelte. "Ich würde mich nicht trauen mir zu nahe zu kommen, wenn ich du wäre", knurrte ich wütend und ging schon an ihm vorbei. Ohne ihn könnte ich ungehindert weiter bei Aleidis und ihren Kindern wohnen. Wie es ihnen inzwischen wohl ergangen war? "Es tut mir leid, Melian. Was hätte ich tun sollen? Du bist eine verschwundene Prinzessin", antwortete er für meinen Geschmack etwas zu laut, auch, wenn niemand in der Nähe war. Ich blieb stehen, verschränkte meine Arme und drehte mich zurück. "Zunächst einmal bin ich keine Prinzessin und ist dir nie in den Sinn gekommen, dass es einen Grund für meine Abwesenheit gibt?" "Es war nicht meine Aufgabe darüber nachzudenken. Ich kenne Legolas schon mein Leben lang und er hat es nicht verdient so verletzt zu werden." "Du hast keine Ahnung, wovon du redest. Ach, und übrigens, er weiß, dass ich hier bin, du brauchst nicht wieder hinter meinem Rücken zu ihm laufen", brummte ich und ging wieder davon. Natürlich konnte ich seine Seite verstehen, doch das machte es nicht weniger zu einem Fehler. Ab dem Zeitpunkt war mir bewusst, dass ich beobachtet wurde. Ich wusste nicht, ob von ihm, oder von meinem Onkel, doch immer wieder spürte ich Blicke in meinem Rücken. Ich war mir nicht sicher, ob ich erleichtert oder genervt sein sollte, als Aglarond sich zum Abendessen wieder neben mich setzte. "Ich wollte Euch damit nicht verletzen oder in Gefahr bringen", flüsterte er mir leise zu und nahm den ersten Bissen. Erst ein paar Meter weiter saßen die ersten Elbinnen wieder. "Ich weiß. Und? Wo ist dein Begleiter?", fragte ich und seufzte kurz. "Mein Bruder ist gerade nicht hier. Er ist in Lórien unsere Verwandten besuchen." "Ziemlich weit aufgefächert eure Familie", lächelte ich amüsiert und aß weiter und er lachte kurz. "Nein, eigentlich sind alle in Lórien, er und ich sind die einzigen, die meistens auf Reisen sind. Offiziell wohne ich hier auch gar nicht und im Düsterwald haben wir nur Freunde", erklärte er schmunzelnd und ich nickte kurz. "Also, wenn du eigentlich auf der Flucht bist, was tust du dann hier?", fragte er interessiert und sah mich kurz an. Ich zögerte kurz. "Kompliziert", murmelte ich leise. "Und wie lange willst du bleiben?" Nun musterte ich ihn doch kurz prüfend. Wie viel wusste er? Doch würde Legolas ihm vertrauen, wenn er auf der Seite meines Onkels war?

"Ich bin mir noch nicht sicher. Kommt drauf an, was sich so ergibt", antwortete ich und beobachtete ihn von der Seite. Er nickte bloß kurz und fixierte wieder sein Essen. "Hey, heute Abend feiern ein paar meiner Freunde eine kleine Party, willst du auch dazukommen?", fragte er begeistert. "Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist mit Menschenmassen", antwortete ich zaghaft, worauf er wieder kurz lachen musste. "Was tust du dann in Bruchtal?" Ich sah ihn seufzend an. "Schon gut. Aber es gibt da etwas, das ich dir gern zeigen würde. Als zukünftige Prinzessin sollte man das auf jeden Fall kennen", lächelte er, worauf ich ihn etwas misstrauisch anschaute. "Warum bist du so nett zu mir?" "Ich schätze ich versuche einen Vorteil bei der nächsten Königin des Waldlandreiches zu bekommen", grinste er und hatte sein Essen fast beendet. Ich konnte nicht ganz sagen, ob da wirklich noch etwas mehr dahintersteckte oder ich mir mal wieder zu viele Sorgen machte. Doch warum sollte er einfach so den Abend mit mir verbringen wollen?

Alle Wege führen nach Bruchtal // Legolas FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt