Elftes Kapitel

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"Scheint nicht so, als ob du deine Warge richtig verstanden hast?", fragte Elros und hob fragend seine Hände. Ich ignorierte den Kommentar und überprüfte noch einmal alle Positionen. Wir waren vielleicht etwas spät dran, doch gerade noch rechtzeitig. Ich lächelte kurz und sprang dann von dem Dach. "Das hat er nicht", begrüßte ich meinen Onkel und im selben Moment sprangen von allen Seiten die Warge hervor. Die Elben waren irgendwo zwar darauf vorbereitet gewesen, doch wussten sich nicht sofort zu verteidigen. Die ersten waren bereits in der Luft zerrissen, bis sie sich anfingen zu wehren. Der Platz wurde recht schnell ein Gemisch aus Jaulen und Schreien. Es war gut, dass wir ihn recht abseits gewählt hatten, sodass zumindest der Großteil von Bruchteil nichts davon mitbekam. "Ihr werdet niemals gewinnen!", rief Elros wütend und hob seine Hand. Überrascht drehte ich mich um und erkannte einige weitere Elben, welche sich näherten, doch sie sahen nicht sehr enthusiastisch aus, mitzukämpfen. Als sie näherkamen, konnte ich an ihrer Spitze Naira mit einem Elben zusammen erkennen. Ich lächelte, als der Elb seine Hände ausbreitete und sich umdrehte. Nach ein paar Worten blieben ein einige stehen, doch viele stoben trotzdem an ihm vorbei und warfen sich in den Kampf. Ich wandte mich schnell wieder meinem Onkel zu, der nähergekommen war. "Das hat damit nicht sein Ende!", knurrte er, doch ich holte bloß mein Schwert hervor und ging mit ein paar schnellen Schritten auf ihn zu. In seinen Augen konnte ich keinerlei Furcht erkennen, als ich es ihm in die Brust stieß. Es fühlte sich weniger erfüllend als erwartet an. Ich hatte schon davor seine Leute umgebracht, doch diesmal fühlte es sich komischer an, als ich einen Elben umbrachte. Sie waren nicht unbedingt meine Zielgruppe.

Neben mir hörte ich, wie auch der andere Kampf langsam zu Ende ging. Orondír hatte sich begeistert mit hineingeworfen und kämpfte Seite an Seite mit Elanor, die sich anscheinend unbemerkt in ihre Reihen geschlichen hatte. "Was ist hier los?", rief plötzlich eine mir bekannte Stimme über die Geräusche. Ich zog mein Schwert aus dem leblosen Körper und drehte mich um. Thranduil trat auf den Platz, hinter ihm zwei seiner Wachen. Mir wurde sofort etwas schlecht, doch immerhin hatte ich das Problem aus der Welt geschafft, das musste sogar er erkennen. "Mein König", begrüßte ich ihn und verbeugte mich. Die letzten Kämpfe fanden nun auch ihr Ende und der Platz verstummte. "Verlasst uns", befahl Thranduil und fixierte mich. Ich drehte mich zu den anderen, die mich fragend ansahen. Ich nickte kurz, worauf sie sich davonmachten. "Elanor und Naira haben einen großen Teil beigeleistet zu..." "Das interessiert mich nicht", unterbrach er mich sofort und trat vor mich. Auch seine Wachen waren mit den anderen verschwunden. "Ich habe dir den direkten Befehl gegeben dich da raus zu halten!" Er klang wütend, was mich ein wenig einschüchterte. Der König trug seinen Zorn nicht oft nach außen. "Verzeiht, doch ich hatte bereits einige Informationen von Naira erhalten", versuchte ich zu erklären und widerstand dem Drang einen Schritt zurückzuweichen. "Ich kann in meinem Königreich niemanden gebrauchen, der direkte Befehle missachtet und erst recht nicht als die Frau meines Sohnes!", sprach er und sah mich erhaben an. Ich spürte, wie sich meine Brust verengte und öffnete meinen Mund ein wenig. Das meinte er nicht ernst? "Ich spreche hiermit eine Verbannung für die Ewigkeit aus." Ich blinzelte und wandte meinen Blick ab. Damit drehte er sich schon um und schritt davon. "Ach, und übrigens, ich denke Elrond wird auch nicht sehr erfreut sein dich hierzuhaben, nachdem, was du hier angerichtet hast." Man konnte das Lächeln auf seinen Lippen dabei hören. Mein Hals war so zugezogen, dass er kein Wort mehr durchließ. Ich taumelte ein paar Schritte zurück und ließ mein Schwert aus meiner Hand gleiten. Thranduil war nach einigen Sekunden in der Dunkelheit verschwunden. Durch das Dröhnen meiner Ohren konnte ich ein paar Elben erstickt husten hören. Sie waren noch nicht alle tot, doch würden es sicherlich bald sein. Tränen traten in meine Augen und ich wünschte mir irgendwo in den Nebelbergen aufzuwachen, zu erkennen, dass das gerade bloß ein Traum gewesen war. Doch die Kälte, die mich nun umfing, zeigte mir, dass es das definitiv nicht war. Erst nach ein paar Sekunden wurde mir klar, was dieses neue Gefühl war, das sich in meinem ganzen Körper ausbreitete: Angst. Was sollte ich tun? Ich konnte Legolas nicht mitteilen was geschehen war und ich wollte auch nicht von ihm verlangen sein Reich, seine Verantwortung hinter sich zu lassen. Thranduil hatte sein Urteil gefällt und würde davon nicht ablassen. Ich konnte es irgendwo verstehen, doch mein Kopf war zu benebelt, um genauer darüber nachzudenken. Ich hatte gerade die Schlacht gewonnen, doch den Krieg verloren. Mein Onkel war besiegt, doch ein Leben mit Legolas war nun verloren. Was geschah nun mit Calen und war Elros überhaupt wirklich besiegt? Hatte er nicht doch noch irgendwo Verbündete? Doch das lag nun nicht mehr in meiner Verantwortung herauszufinden. Ich gehörte nicht mehr zum Düsterwald, ich war nicht nur nicht mehr die Prinzessin, ich war überhaupt kein Teil mehr davon. Ich hatte meine Familie, mein Leben verloren. Legolas war meine wahre Liebe gewesen, wie sollte ich ohne ihn weitermachen? Ohne meine Eltern, meine Freunde? Ich hatte mich schon so darüber gefreut, dass Naira und Elanor nun doch zurückkommen durften. Nicht mal ihr Schicksal lag mehr in meinen Händen.

Alle Wege führen nach Bruchtal // Legolas FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt