12. empty room

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CHARLIE

Es war dieses Zimmer, das ich Zuhause nannte. Dieses Zimmer, grau, leer und mit einer Luft, die mir den Atem raubt. Dieses Zimmer, was nicht mehr leer ist. Dieses Zimmer, beleuchtet von Sternen, die mich anlächeln und immer strahlender werden. Dieses Zimmer, das nach Frühling schmeckt, nach frischgemähtem Gras, gepressten Zitronen und kühler Limo. Es ist dieses Zimmer, in meinem Kopf, das am Anfang leer und verlassen war. Es ist dieses Zimmer, das sich vollstopft, vollbepackt mit Erinnerungen, die ich loslassen sollte, weil sie meine Haut verbrennen, sich durch mein Fleisch bohren und mein Herz verätzen werden. Es ist dieses Zimmer, von dem ich heute Nacht träume.

Emily bahnte sich elegant und plappernd einen Weg durch die Menschenmenge, drehte sich ständig um, um mich und Dylan bedeutungsvoll anzusehen und rempelte andere ausversehen an. ,,Entschuldigung!", rief sie und raunte uns lachend zu: ,,Müssen die auch immer im Weg stehen?" Sie sah aus wie ein Kind. Ein glückliches Kind, naiv, welches sich tanzend durch die Welt bewegte. Dagegen wirkten Dylan und ich wie farblose Klötze.

Ein großer junge, blonde Haare und eisblaue Augen, raste auf uns zu. Seine Hände zu Fäusten geballt, die Arme steif an seine Seiten gepresst. Sofort veränderten sich Emilys und Dylans Mienen. Wir wurden immer langsamer, ich immer verwirrter und der Junge wurde immer schneller, bis seine Schulter gegen Dylans traff. Der taumelte einige Schritte nach rechts, völlig angespannt und mit einem starrem Gesichtsausdruck. Der blondhaarige beugte sich mit einem verätlichen grinsen zu Dylan und schnaubte: ,,Neues Anhängsel oder was?" Lachend ging er weiter, pfeifend und mit einem selbstbewustem Gang. Die Leute, die mit uns herumstanden, sahen zu uns, neugierig und tuschelnd. 

,,Arschloch", zischte Emily. ,,Blödes verficktes Arschloch!"

,,Reg dich nicht auf, Emily" Aber Dylan sah genauso wütend aus. ,,Wer war das?", fragte ich schließlich, weil beide keine Anstalten machten mich aufzuklären. Emily seuftzte frustriert  und packte meinen Arm. Dylan war weitergegangen, bedachte die Mitschüler um uns herum mit eisigen Blicken, so als wollte er sagen: "Was guckt ihr so blöd?!" Emily schob mich hastig hinterher. ,,Jerry", erklärte sie. ,,Jerry", wiederholte ich lahm. ,,Ja, so heißt dieser dumme..." Aufgebracht schnappte sie nach Luft. ,,Er ist einfach nur Strohdumm. Und Strohdumme machen halt Ärger. Zu anderem sind sie nicht fähig. Also halt dich von ihm fern, okey?!"  Sie hatte die Lippen fest aufeinander gepresst. Von dem fröhlich tanzendem Kind war nichts mehr übrig. ,,Okey", murmelte ich, obwohl ich immer noch nicht ganz verstand. ,,Mach dir keine Sorgen deswegen", seufzte Emily und setzte sich an unserem Stammplatz hin. ,,Das ist Dylans Problem und irgendwie auch meins" Sie runzelte die Stirn und fing an zu lachen. ,,Gott, ist das kompliziert" Grinsend stupste sie mich an. ,,Mach dir keine Sorgen", wiederholte Emily. ,,Hör auf Ems", murmelte Dylan, der sich neben Emily hockte. ,,Jerry kann es einfach nicht verstehen" Ich wurde immer verwirrter. ,,Was kann Jerry nicht verstehen?" Ich legte den Kopf zur Seite und blinzelte. ,,Freundschaft", klärte mich Emily milde lächelnd auf. Und dann dachte ich über das Wort Freundschaft nach. Ich kam zu dem Schluss, dass ich Emily und Dylan wirklich als Freunde betrachtete. Sie vertrauten mir, so hatte ich wenigstens das Gefühl und ich tat es auch. Ich vertraute. ,,Ich glaube", sagte ich schließlich, ,,ihr solltet jemanden Kennenlernen"

Sein Name war CharlieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt