Die Kutsche kam vor dem Veranstaltungsort des ersten Balles der Saison zum stehen. Neugierig blickte ich aus dem Fenster. Es war zwar nicht der erste Ball, den ich in meinem Leben besucht hatte, aber der erste Ball, den ich als Debütantin besuchten würde.
Kurz bevor ich aufstand sah ich an mir herunter. Ich streifte nervös mein Kleid noch einmal glatt und kontrollierte vorsichtig, ob meine Frisur noch saß. Meine Eltern waren schon aus der Kutsche gestiegen und nachdem ich mich vergewissert hatte, dass alles noch so aussehen musste, wie vor nicht einmal einer halben Stunde, als wir das Anwesen verlassen hatten, stieg ich auch aus.
"Ich denke ich bin bereit." Dabei redete ich eher zu mir selbst und trotzdem blickte ich nervös zwischen meinen Eltern hin und her. Meine Mutter lächelte mir ermutigend zu, mein Vater nickte dagegen kurz - sein Zeichen der Verbundenheit. Er war immer etwas reservierter, aber das war so in Ordnung. Ich verstand es.
Langsam setzte ich mich neben dem Earl und der Countess in Bewegung. Meine Beine zitterten ein bisschen. Ich war sogar noch nervöser als am Vortag und das hatte ich kaum für möglich gehalten. Dieser Druck einen guten Eindruck zu machen lastete sehr und ich wäre froh, wenn ich mich endlich davon lösen könnte, doch bis dahin würde es wohl noch etwas dauern.
Als wir den Ballsaal betraten schüttelte ich meine negativen Gedanken ab. Er war traumhaft schön. Direkt gegenüber von der Eingangstür war eine erhöhte Nische, auf der ein kleines Orchester Musik spielte. Die Decken waren hoch und hell und das Parkett glänzte. An der rechten Seite stand ein Tisch mit hübsch angerichtetem Essen. Die Wände hatten jeweils vier Bodentiefe Fenster mit Mosaik, die von Wandstreifen getrennt wurden, auf denen Gemälde hingen. Davor standen Pflanzen. Ich genoss diesen Anblick einen Moment, dann wandte ich meine Aufmerksamkeit den anderen Gästen zu.
In der Mitte der Tanzfläche hatten sich bereits ein paar Paare zusammengefunden. Darunter erkannte ich die Duchess und den Duke of Hastings. Sie sahen sich so verliebt an und augenblicklich wünschte ich mir, ich könnte auch so ein Glück haben. Die Duchess schwebte in den Armen des Herzogs, ihre Augen waren geschlossen. Sie vertraute ihm und ließ sich von ihm durch den Takt der Musik tragen.
Ich löste mich davon und hielt stattdessen Ausschau nach einem Tanzpartner für mich. Vor dem Buffettisch standen ein paar junge Männer, die wohl selbst nach einer Partnerin Ausschau hielten. Ich überlegte, ob ich hingehen sollte, dann erinnerte ich mich an einen Rat meines Vaters: Sprich niemanden an, sondern warte selbst, bis du gebeten wirst. Eine Lady bittet nicht, sie wird gebeten.
Plötzlich tippte mich jemand von hinten an. Erschrocken zuckte ich zusammen und drehte mich dann um. Ein junger Mann mit dunkelblonden Haaren, die in kurzen Locken eine wirre Frisur bildeten, stand direkt vor mir. Seine hellblauen Augen blickten mich erwartungsvoll an.
"Darf ich um diesen Tanz bitten?" Er streckte seine Hand aus und schaute kurz Richtung Tanzfläche. Ich warf einen kurzen Blick über meine Schulter und suchte meine Mutter, jedoch fand ich sie nicht. Trotzdem wandte ich mich ihm wieder zu und reichte ihm meine Tanzkarte.
"Aber gern, Lord Remsy" Ich lächelte höflich und ließ mich von ihm zur Tanzfläche begleiten, als ein neues Lied einsätze. Er legte eine Hand vorsichtig auf meine Taille, mit der andern nahm er meine. Ich blickte zu ihm auf und versuchte mir diesen man als meinen Ehemann vorzustellen. Ich empfand es als wichtig zu wissen, ob ich seines Anblicks nicht irgendwann müde werden würde.
"Nun, Lord Remsy, gestattet mir eine Frage, wo liegen eure Interessen?" Es war mir von Bedeutung, wenigstens ein paar Gemeinsamkeiten zu haben. Falls keine Liebe entstehen würde, würde mein späteres Leben wenigstens nicht unerträglich werden.
Er schaute zu mir herunter, direkt in meine Augen. Es viel ihm wohl genauso einfach wie mir, das Tanzen nebensächlich zu halten und dabei ein Gespräch führen zu können. "Also ich bin der Musik sehr zu getan. Aber genauso gerne bin ich draußen in der Natur oder auf dem Pferd unterwegs."
Nachdem unser Tanz beendet war, tanzte ich noch mit zwei weiteren Männern, mit Lord Arrow und Lord Beylin. Von ihnen sagte mir aber keiner zu. Am sympathischsten war immer noch Lord Remsy, der jedoch seines Blickes nach zu urteilen später einer anderen Miss verfallen war. Es dürfte Lady Fallen gewesen sein.
Ich war jedenfalls nach dem dritten Tanz zum Buffet gegangen, um etwas zu trinken. Der Abend war bis jetzt recht erfolglos. Ich wünschte ich hätte Geschwister, die mir den Abend etwas erträglicher hätten machen können, aber da musste ich durch.
"Ich weiß genau, wie sich das anfühlt." Überrascht schaute ich nach rechts, von wo die Stimme kam und ich war nicht weniger überrascht, als ich die Duchess of Hastings erkannte. Mir war schon entfallen, dass die Hastings heute Abend anwesend waren.
Ich ließ mein Glas nachdenklich sinken. "Ist es so auffällig? Ich hab es mir so viel einfacher vorgestellt."
"Einfach ist es gewiss nicht." Ihr Blick fixierte den Duke. "Aber ich kann Ihnen versichern, dass Sie Erfolg haben werden. Ihre Eltern sind doch der Earl und die Countess of Moray, oder?
"Ja richtig." Ich überlegte, ob ich noch etwas sagen wollte, doch ich hielt es für das Beste, das Gespräch zu beenden Dieser Ballsaal wurde mir langsam etwas eng und ich war mir sicher, es würde nicht auffallen, wenn ich mich für ein paar Minuten entfernte. "Vielen Dank für dieses nette Gespräch. Es war mir eine Ehre."
"Oh warten Sie Lady Moray, ich könnte Ihnen meinen Bruder vorstellen." Sie lächelte freundlich. "Ich bin mir sicher, Collin würde Ihre Bekanntschaft ebenfalls gerne machen."
"Das wäre zu gütig. Aber dass kann ich doch nicht verlangen."
"Das müssen Sie nicht. Ich habe es vorgeschlagen und bisher ist keiner meiner Brüder verheiratet. Außerdem kennen sich unsere Eltern doch. Also meiner Mutter ist die Countess of Moray immer eine gute Freundin gewesen."
"Nun wenn das so ist, dann bin ich Ihnen wirklich dankbar. Es wäre mir eine Freude Mister Bridgertons Bekanntschaft zu machen."
DU LIEST GERADE
Another Season / Bridgerton FF
FanficDrei Jahre ist es her, dass Daphne Bridgerton und der Duke of Hastings geheiratet haben. Sie sind immer noch ein glückliches Paar und Juliette Moray wünscht sich nichts sehnlicher, als eine ebenso erfolgreiche Ehe einzugehen. Sie ist die Tochter von...