Kapitel 18

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⚠️ Trigger Warning Narben/SV

Pov Yvonne

Ich betrete ihr Schlafzimmer und sehe Steff auf ihrem Bett sitzen. Sie trägt eine kurze Hose und ein Tshirt und mein Blick fällt sofort auf die kleine Schere in ihrer Hand und dann auf ihren Arm. Schon von weitem erkenne ich Narben und muss mich zurückhalten nicht zu weinen. Jetzt schaut sie mich an. Ihre Augen sind rot und ich sehe die Spuren die, die Tränen auf ihren Wanger hinterlassen haben. "Verdammt Steff" ist das Erste was mir einfällt und ich gehe langsam auf sie zu. Sie schaut mich einfach nur an und rührt sich nicht. Ich setze mich neben sie und sehe sofort wie sie zittert. "Y-Yvo-onne" presst sie zwischen ein paar Schluchzern heraus und ich lege vorsichtig einen Arm um ihre Schultern. Ich nehme ihr behutsam die Schere aus der Hand und lege sie zur Seite. Ich merke wie sie ihren zitternden Körper immer mehr an mich drückt und schließlich ihre Arme um meinen Oberkörper schlingt. Sie fängt wieder an stärker zu weinen. Ich sitze einfach nur da und fahre mit meinen Händen über ihren Rücken und hoffe, dass sie sich bald beruhigt. Noch nie habe ich Steff so sehr am Boden gesehen, so verletzlich. Die Trennung von Thomas war schlimm und auch der Todestag von ihrem Vater, aber diese Situation setzt allem die Krone auf. Die Vorstellung, dass es Steff so schlecht geht, dass sie sich selbst verletzen will, sorgt dafür, dass mir die erste Tränen über meine Wange läuft. Auch der Punkt, dass sie sich wohl schon häufiger so gefühlt haben muss und es auch durchgezogen hat, bricht mir das Herz. Nie hätte ich gedacht, dass es in Steff so aussieht. Sie wirkt immer so selbstbewusst und tough. Ich weiß, dass sie das nicht immer ist, aber wie schlimm ihre Zweifel sein müssen, wird mir jetzt erst klar.

Pov Steff

Jetzt liege ich in Yvonnes Armen und sie kennt mein größtes Geheimnis. Im ersten Moment hätte ich sie am Liebsten wieder rausgeschmissen, aber jetzt bin ich dankbar, dass sie da ist. Sie hat mich davor bewahrt, etwas zu tun was ich danach mit Sicherheit wieder bereut hätte. Ich kenne das. Im ersten Moment fühlt es sich gut und befreiend an, aber das lässt schnell nach und danach ging es mir immer noch schlechter als vorher. Als ich mich etwas beruhigt habe, löse ich mich von ihr, aber traue mich nicht sie anzuschauen. Sie wird Fragen stellen, da bin ich mir sicher. "Steff" fängt sie leise an und ich schaue immernoch auf den Boden. Ich höre an ihrer Stimme, dass auch sie Tränen in den Augen hat, dafür brauche ich sie gar nicht anzusehen. "Bitte sprich mit mir. Was ist los? Ich will dir helfen" ihre Stimme zittert. Sie nimmt meine Hände in Ihren und ich spüre ihre Blicke auf meinen Armen. Auf meinen Narben.
Ich kann sie immernoch nicht anschauen und wieder beginnen die Tränen zu laufen. Dann spüre ich ihre Hände an meinem Wangen, wie sie mir mit den Daumen die Tränen wegwischt.
"Ich bin für dich da" sagt sie leise und ich hebe langsam meinen Blick. Ihre Augen sind glasig, genau wie Meine, aber in ihrem Blick liegt etwas so Liebevolles, dass mir ein kleines Lächeln übers Gesicht huscht. "Können wir bitte wann anders reden?" frage ich und hoffe, dass sie es akzeptiert. "Natürlich. Du musst nur reden, wenn du dich dafür bereit fühlst. Aber bitte versprich mir, dass du mit mir sprichst, wenn du das hier" sie stockt kurz und fährt sanft mit einem Finger über die Narben an meinem Arm "wieder tun willst". Ich nicke leicht. Ich will es ihr versprechen, aber weiß nicht ob ich es wirklich halten kann. Außer Yvonne kennen nur meine drei Jungs dieses Geheimnis. Nicht mal Simmi und meine Familie wissen es. Ich frage mich bis heute wie ich es geschafft habe, dass über die ganzen Jahre immer zu verstecken. Die Tatsache, dass mir eigentlich immer kalt ist, hat wahrscheinlich sehr dazu beigetragen, dass sich keiner gewundert hat, dass ich selbst im Sommer mit dünner Jacke rumlaufe.
"Yvonne?" frage ich, nachdem kurz Stille zwischen uns war. Sie schaut mich fragend an und ich senke meinen Blick. "Kannst du heute Nacht hier bleiben?" frage ich unsicher. "Denkst du echt ich lass dich jetzt allein?" stellt sie eine Gegenfrage und lächelt mich an. "Danke" murmel ich und stehe vom Bett auf. Ich krame kurz in meinem Schrank und lege Yvonne etwas zum Anziehen raus. Sie nimmt die Sachen und verschwindet kurz im Bad. In der Zeit ziehe ich mir auch etwas anderes an. Dann kommt Yvonne wieder zu mir. "Du siehst echt süß aus in meinen Sachen" stelle ich fest und sehe wie sie rot wird. Ihr Anblick in meinem Oversize Tshirt, welches ihr definitiv viel zu groß ist, lässt mich um einiges glücklicher werden. Ich lege mich in mein Bett. Yvonne steht immernoch im Türrahmen und beobachtet mich. "Kann ich irgendwas für dich tun? Willst du vielleicht was trinken?" fragt sie lächelnd. Ich schüttel den Kopf. "Ich würde gern kuscheln" antworte ich und grinse etwas, weil ich mich an den Abend erinnere, an dem Yvonne genau das zu mir gesagt hat. Ich sehe, dass auch auf ihrem Gesicht ein Grinsen entsteht. Sie legt sich neben mich und ich kuschel mich sofort an sie. Mir geht es nicht gut, aber besser als die ganzen letzten Tage. Yvonnes Nähe tut mir gut, obwohl ich mir immernoch nicht sicher bin, was das mit uns jetzt ist. Ich wünsche mir sie an meiner Seite, aber ich kann nicht einschätzen was sie will.
Irgendwann merke ich, dass Yvonne eingeschlafen ist und auch mir fallen langsam die Augen zu.

Bei dir (Catterkloß)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt