16.2 ... und Erinnerungsfesten:

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Eine Blase aus Gesprächen umschloss sie. Wo Hestia auch hinsah, versuchten Händler die Leute von ihren Souvenirs zu überzeugen. Steine, Schmuck, Skulpturen, Schals, Magnete und Citeraufkleber. Bei den Wandteppichen musste sie an Großmutter denken. Vielleicht konnten sie ihr wirklich einen zukommen lassen. Alles war in Szene gesetzt von den bunt blinkenden Ständen aus mit Stoff überzogenem Metall.

Sie beugte sich vor, strich mit dem Zeigefinger über eine weiße Perlenkette.

„Na, gefällt sie dir, Mädchen? Würde perfekt zu deinen schönen Haaren passen! Ist seltene Ware aus 2, jede Perle von einem mutigen Taucher dem Rachen einer Seeschlange entrungen. Ich mache dir aber einen Sonderpreis: 20 Resos. Was sagst du?" Der Standbesitzer stützte sich schwerer auf seinen Stock, lehnte sich zu ihr vor. Schlohweiße Haare fielen ihm über die Schulter. Sein Lächeln entblößte Zähne, die selbst wie Perlen schimmerten.

Zu ihm würde die Kette viel besser passen, dachte sie. „Ach, nein, ich –"

„Komm schon, Mädchen. 18 Resos, weiter kann ich nicht runter gehen. Ich habe Frau und Kinder zu ernähren."

„Ich –"

Sie wollte weitergehen, doch seine Hand schnellte vor. Bevor er ihren Arm packen konnte, packte jemand seinen.

„Versuchst du wieder unschuldigen Touristen das Geld aus der Tasche zu ziehen, Talker?" Der Zeigefinger des Fremden wackelte vor dem Gesicht des Standbesitzers hin und her. „Ts, ts, ts, das ist aber nicht nett." Er wandte sich an Hestia. „Glaub dem rostigen Halunken ja kein Wort. Die Kette ist vielleicht zwei Resos wert, wenn überhaupt. Und er hat keine Kinder, geschweige denn eine Frau. Dazu ist er viel zu geizig."

„Verschwinde und vermiese jemand anderem das Geschäft!"

„Ich ... Ich habe gar kein Geld bei mir", gab Hestia zu.

Talkers Miene wurde leidend. „Was begrabschst du dann meine Ware. Husch, weg mit euch!"

Mit einem sanften Lachen lief der Fremde weiter.

„Warte." Sie holte zu ihm auf. „Vielen Dank."

„Immer wieder gerne." Er zuckte mit den Schultern, musterte sie von oben bis unten. „Mein Name ist übrigens –"

„Oil", vervollständigte ein weiterer Neuankömmling. In seinen grauen Augen blitzte die pure Lebensfreude, aber gerade hinderte er sie mit verschränkten Armen am Weitergehen und hatte eine spielerisch strenge Miene aufgesetzt. „Seine Eltern wussten schon, dass er einmal ein schmieriger Typ werden würde. Was willst du mit ihr?"

Leute drückten sich an ihnen vorbei, waren mit ihren genervten Blicken nicht knauserig.

„Je nachdem, was sie will." Oil schnalzte mit der Zunge. „Geld hat sie jedenfalls nicht."

„Entschuldigt", mischte sich Hestia ein. „Ich hätte gerne eine Auskunft. Wie komme ich zurück zum One Season Hotel?"

Ein erneutes mit der Zunge Schnalzen von Oil. „Kein Geld, keine Auskunft. Allerdings kann man mit mir verhandeln. Wir könnten uns ein Zimmer suchen und –"

„Ich helfe dir. Umsonst. Verschwinde, Oil."

„Spielverderber." Er streckte ihm die Zunge heraus und tauchte in der Menge unter.

Unsicher sah Hestia zu ihrem zweiten Retter auf. Ihre Finger griffen nach einer Haarsträhne, die da nicht mehr war.

Er winkte ihr, ihm zu folgen und setzte sich in Bewegung. „Mein Name ist übrigens Dust", sagte er über seine Schulter.

„Warte, ich bin mir sicher, dass ich aus der anderen Richtung gekommen bin."

„Du musst erst den richtigen Markt sehen, vor allem nach diesen schauerlichen Erfahrungen." Dust drehte sich zu ihr um, lächelte und breitete die Arme aus. „Ich sehe es als meine Pflicht, dir eine andere Seite von meinem zu Hause zu zeigen." Mit erhobenem Zeigefinger beugte er sich zu ihr vor. „Nur ganz kurz, versprochen."

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