Ein kalter Windstoß fuhr durch die Vorhalle des Tempels. Die große Statur Ayns starrte mahnend auf uns herab. Maurice und Michael standen so dicht beieinander, dass es nur auffiel, wenn man genau hinsah, dass sie ihre fest umklammerten. Artin, ein freundlicher Mann mit buschigem Bart, sah sich um, als wäre er seit Jahren nicht mehr hier gewesen, während Esra ihren Blick abwandte und hinter dem Vorhang ihrer dunklen Haare leise ein Gebet in sich herein murmelte. Grete, unsere letzte Begleiterin, sah mal hier und mal dorthin, mit einem Ausdruck zwischen Langeweile und Neugierde in den Augen, den ich bei keinem zuvor gesehen hatte. Sie war nur ein wenig älter als ich und auch wenn wir kaum miteinander geredet hatten, war sie mir sehr sympathisch.
Harald drehte sich zu uns um. "Ich weiß nicht, was uns erwarten wird. Vielleicht werden in den Gängen Wachen sein, vielleicht Kreaturen, die es sonst nur in Varia gibt oder Fallen, die einem bei einer falschen Bewegung den Tod bringen. Keiner von euch muss mitkommen, es wird keinerlei Konsequenzen haben, entscheidet sich jemand dagegen, hier zu bleiben." Eine Weile lang wartete er, doch als alle still blieben, stahl sich ein Lächeln in sein Gesicht. "Sehr schön. Also dann, lasst uns losgehen. Ich wünschte, ich könnte euch ein besserer Anführer sein, doch ich habe mich dummerweise verhältnismäßig wenig mit den Tunneln Nyas beschäftigt. Folgt mir."
Wir betraten eine Kammer im hinteren Teil des Tempels, deren Tür sich fast vollständig in die Wand schmiegte. Harald öffnete eine große Luke und stieg langsam hinab, in das Innere des Sonnenfalls. Wir anderen tauschten einen Blick aus, dann folgte ich ihm. Nur ein Schmaler Lichtstreifen fiel von oben auf die schmale Treppe, sobald wir unten ankamen, war es stockduster. Ich hörte Maurice und Michael hinter mir, doch auch sie verstummten schon bald. Ein paar Meter tastete ich mich an der kühlen, feuchten Wand entlang. Eine eigenartige Mischung von Schimmel, feuchter Erde und Verwesung hing in der Luft.
"Ich halte an, bitte lauft nicht in mich.", durchschnitt Haralds Stimme die Stille. Dann flammte Licht auf. Er drehte sich um, betrachte uns im Schein seiner Fackel. "Im Laufe des Weges werden wir einige finden, zögert nicht, euch eine zu nehmen und sie bei der eures Vordermanns anzustecken." Er setzte sich wieder in Bewegung, ich wartete jedoch einen Moment und beugte mich schließlich im Laufen zu Maurice. "So schlecht kann er sich hier nicht auskennen, wenn er genau weiß, wo die Fackel ist." Der Blondschopf nickte bestätigend. Wir versanken wieder in Schweigen, trotteten den Weg entlang und bogen mal links, mal rechts ab. Bis jetzt hatte sich noch keine Gefahr aufgetan. An manchen Stellen waren die Gänge so breit, dass man zu zehnt nebeneinander hätte laufen können, an manchen passte man nur knapp alleine durch.
Harald blieb stehen, hob die Hand, um uns zu bedeuten, wir sollen uns gedulden und tippte mit dem Fuß auf dem Boden vor ihm herum. Aus den Einkerbungen der Wand, die ich vorher nur als naturgeschaffene Unebenheiten angesehen hatte, schossen um die zwanzig Eisenspitzen heraus, bereit jegliche ungewollte Besucher aufzuschlitzen. "Haltet euch rechts, wenn ihr diese Schätze hier nicht Spüren wollt." Ohne sich umzudrehen, lief er weiter. Langsam zogen sich die Spitzen in die Wand zurück. Ich wollte Harald folgen, doch ich konnte einfach nicht. "Wenn du mich vorbei lässt, kann ich vorgehen. Dann musst du mir nur folgen." Esra lächelte mich schüchtern an und strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr. Ich nickte stumm und machte ihr platz.
"Was, wenn deine Eltern falsch lagen?", hörte ich Michael sagen. Ich ließ mich zurück fallen, um das Gespräch der beiden besser verfolgen zu können. "Ich weiß es nicht... Aber so sicher wie Harald uns hier rein führt, kommen wir bestimmt auch wieder raus. Wo Manuel dann ist... Ich habe keine Ahnung. Aber lass uns besser nicht vom Schlechtesten ausgehen, er wird schon da sein."
Etwas später standen wir vor einer großen Eisentür. Ich dachte, es wäre vorbei und wir müssten umdrehen, doch dann wandte sich Harald um. "Artin, fasst du bitte eben in die Wand zu deiner Linken? Etwa auf Schulterhöhe." Verwirrt sah der Mann ihn an. "Wo soll ich denn da rein fassen? Das ist Stein, keine Watte." "Tu einfach, was ich dir sage, wir haben es eilig." Er zog die Augenbrauen hoch, machte jedoch, wie ihm geheißen. Und tatsächlich gab der Stein an der Stelle nach. Eine kleine Spinne krabbelte aus dem Loch, dann zog er seine Hand wieder heraus und brachte somit einen gezwungenen, wenn auch leicht rostenden Schlüssel zum Vorschein. "Du meinst also, du kennst dich nicht so gut aus?" Michael betrachtete den Priester misstrauisch. Nach einer Weile seufzte dieser. "Vielleicht hatte ich nur unterschätzt, wie gut ich mich noch erinnern kann." Er steckte den Schlüssel in das Schloss und stieß die Tür auf. zum Vorschein kam ein gut beleuchtetes Gewölbe, Die Wände waren in einem hellen grau gehalten, der Boden war einen Ticken dunkler. zur Rechten Seite gingen weiße Sicherheitstüren ab, zur Linken zwei Gänge.
"Maurice, welche Nummer hatten dir deine Eltern noch genannt?" "Vierzehn." Harald nickte und begann leise zählend voranzuschreiten, bis er schließlich vor der richtigen Tür stehen blieb. Der Schlüssel hing dieses Mal direkt daneben. "Seid ihr bereit?"
Ich bin dumm. Mein Statement dazu xD
Tut mir leid, dass das Kapitel so lange auf sich warte ließ, ich bin dumm, nach wie vor xDtrolli
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Avec Toi ° Kürbistumor
FanfictionZwei Länder, eine schimmernde Wand, die sie von einander trennt. Nya, der Wohnsitz der Reichen und Varia, die raue Heimat des einfachen Volkes. Patrick zweifelt sein Leben lang an der Gerechtigkeit der Aufteilung der Wohnorte, nicht selten streite...