Zwei Tage waren vergangen und wir hatten den Nordland Pass erreicht. Das Gelände war stetig steiler geworden, während uns der Wind immer unbarmherziger entgegen blies. Es war anstrengend und die Tatsache, dass zwischen Patrick und mir ein unausgesprochenes Problem lag, machte es nicht gerade besser.
"Los beeil dich!", rief ich über die Schulter zu ihm, "Ich will heute noch oben ankommen." Er verdrehte die Augen, bemühte sich aber etwas schneller zu laufen. Sofort kroch das schlechte Gewissen in mir hoch. Doch ich schüttelte schnell meinen Kopf, um die trügerischen Gedanken zu verbannen. Es war seine Schuld, mit mir war alles wie immer. Und ganz bestimmt nicht war ich auf ihn wegen Elsa sauer. Warum sollte ich auch?
"Warum läufst du nicht weiter?" Besorgt musterte er mich. Wir hatten mittlerweile mein erstes Höhenziel erreicht. "Wir sind da. Für heute gehen wir nicht höher." "Nicht höher? Heißt das wir bleiben hier?" "Nein, wir gehen noch ein Stück nach rechts, vielleicht einen oder zwei Kilometer. Allerdings haben wir das Ganze schneller geschafft, als ich dachte und...", ich zögerte kurz, "Vielleicht willst du dich ein wenig ausruhen?" "Ich kann noch, aber danke. Wenn du meinst, dass es nicht mehr so weit ist, dann können wir ruhig weiter.", meinte er und lächelte mich vorsichtig an. "Gut, dann komm.", antwortete ich und stapfte wieder los. Wir würden maximal eine Dreiviertelstunde brauchen. Wenn Patrick jetzt schlapp machen sollte, wäre das weder meine Schuld, noch mein Problem.
"Manu... Können wir... Können wir reden?" Er hatte zu mir aufgeschlossen und sah mir nun mit seinem bittenden Hundeblick in die Augen. Eine Weile lang blieb ich still. Ich wollte mich, aus welchem Grund auch immer, vor diesem Gespräch drücken, doch schließlich seufzte ich ergeben und brummte: "Was willst du denn?" "Ich will, dass nicht mehr dieses komische Schweigen zwischen uns ist. Es war alles so schön vor... bevor ich den Wither beschworen habe. Und ich hätte das gerne zurück." Seine Worte lösten ein Glücksgefühl in mir aus. Ein kleines Kribbeln, das sich durch meinen Bauch zog und mir ein Schmunzeln entlockte.
"Und deswegen will ich mich einfach nochmal entschuldigen, das mit -" "Hör doch endlich auf!", rief ich etwas lauter als beabsichtigt. Er zuckte zusammen. "Ich wollte dich nicht erschrecken, tut mir leid. Aber bitte sieh endlich ein, dass das Ganze nichts mit dem verdammten Wither zu tun hat." Genervt atmete ich aus. "Dann sag mir, mit was sonst.", meinte Patrick und warf mir einen verzweifelten Blick zu. "Ich... ich weiß nicht genau. Ich glaub ich bin einfach etwas gestresst. Der Weg durch die Berge wird nicht gerade ungefährlich." Ich war gut darin zu lügen, dass hatte mir schon einige Male den Kopf gerettet.
Er nickte verstehend, dann legte er zögerlich eine Hand auf meinen Arm. "Manu...", seine Stimme war nicht mehr als ein Hauchen, "Wir schaffen das, vertrau mir." Seine Finger glitten an dem Stoff abwärts, bis ich sie schließlich nicht mehr spürte. "Das müssen wir wohl." Kurz zog ich meine Lippen nach oben, dann stapfte ich weiter.
Der Wald um den kleinen Trampelpfad herum lichtete sich immer mehr, je näher wir unserem zukünftigen Lager kamen. Patrick sah mich mehr als nur erstaunt an, als er die kleine Fichtenholzhütte erblickte.
"Sicher, dass wir hier rein dürfen?", wollte er nervös wissen, als ich wie selbstverständlich an den Schloss herum fummelte, mich bückte und schließlich zwischen zwei Pflanzen einen Schlüssel hervorzog. "Das gute Ding ist das Sommerhaus meiner Eltern." Es schien ihm zur Begründung zu reichen, immerhin hatte ich ihm verschwiegen, dass ich die Beiden seit Jahren nicht mehr gesehen hatte und die letzten Worte, die wir miteinander wechselten, von Hass getränkt waren.
Ich steckte den Schlüssel ins Schloss und drehte ihn zwei mal nach rechts. Dann sprang die Tür mit einem leisen Klicken auf.
Rechts ging es zu einer gemütlichen, offenen Küche, die mit dem Ess- und Wohnbereich verbunden war. Daneben war ein kleines Badezimmer, dessen Tür unter der Treppe auf den Dachboden war. "Das ist schön.", hörte ich Patrick aus dem Wohnzimmer. Schnell lief ich zu ihm und beobachtete lächelnd, wie er andächtig mit den Fingern über den Kamin fuhr.
"Es wird noch besser. Komm mit." Langsam, damit er Zeit hatte mir hinterher zukommen, stieg ich die schmalen Holzstufen hinauf. In der Mitte des Raums stand ein verhältnismäßig schmales Doppelbett, daneben zwei Nachttische, auf denen je eine Lampe mit gelben Schirm platziert worden war. Gegenüber führte eine große Flügeltür auf die Terrasse. Ich öffnete sie und wies Patrick mit einer lächerlich vornehmen Geste den Weg nach draußen. "Der Herr..." Er kicherte und lief an mir vorbei.
"Manu, es ist wundervoll.", flüsterte er. Ich trat neben ihn und nickte. Man konnte weit in die Tiefe sehen, immerhin befanden wir uns auf gut neunhundert Metern Höhe. Dann wandte ich meinen Blick von dem Sonnenuntergang ab und dem jungen Mann neben mir zu. Das Licht spiegelte sich in seinen funkelnden Augen wieder, sein Gesichtsausdruck war so entspannt, wie schon lang nicht mehr. Nicht mal bei den von Opfers sah er so aus und das stimmte mich verdammt glücklich.
Erst als der Feuerball schon lange hinter dem Horizont versunken war, gingen wir rein. "Ich hätte nie gedacht, dass Dunkelheit so schön sein kann.", gab Patrick zu. "Ihr in Nya verpasst ziemlich viel, das stimmt wohl.", war meine Antwort darauf.
"Kann es sein, dass deine Eltern für Varia-Verhältnisse ziemlich reich sind?", erkundigte er sich, als wir gerade zu Abend aßen. "Sie sind Inhaber einer Apotheke, folglich geht es. Außerdem zahlt man in Varia nicht mit Geld, man handelt. Dieses Haus haben sie von einem Mann, dem sie, dank der Kräuter, das Leben seiner Frau gerettet haben." "Er muss sie ziemlich geliebt haben.", gedankenverloren starrte Patrick auf die Dielen. "Vater meinte, er sein Akzent wäre westlich gewesen. Vermutlich sei er aus Aktat gekommen. Die Leute dort sind ziemlich abergläubisch, vielleicht stand ja in den Sternen, dass die Krankheit auf ihn übergesprungen wäre." Ich schnaubte abfällig. Daraufhin schwieg der Braunäugige.
"Lass uns schlafen gehen. Es ist schon spät und wir haben morgen einiges an Weg vor uns.", meinte ich, stand von dem rot karierten Sofa auf und lief nach oben.
Schnell zog ich mir das an, was ich auch bei den von Opfers zum Schlafen getragen hatte und legte mich in das Bett.
Patrick kam nur kurz nach mir. Auch wenn er wahrscheinlich ahnte, dass ich nich nicht schlief, bemühte er sich leise zu sein. Dann kroch er zu mir unter die Decke. Es war ein komisches Gefühl zu wissen, dass er so nah bei mir lag, doch ich riss mich zusammen und versuchte zu schlafen.
Geschrieben von:
trollollollokkkk
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Avec Toi ° Kürbistumor
FanfictionZwei Länder, eine schimmernde Wand, die sie von einander trennt. Nya, der Wohnsitz der Reichen und Varia, die raue Heimat des einfachen Volkes. Patrick zweifelt sein Leben lang an der Gerechtigkeit der Aufteilung der Wohnorte, nicht selten streite...