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Oh Gott, wieso denn genau DIESE Frage zu Anfang? Was soll ich denn sagen?
Wieso bin ich denn hier? Gute Frage.

Ich möchte arbeiten und ich möchte Menschen helfen. Soll ich das sagen? Oh man ich weiß es nicht. Aber er schaut mich so erwartungsvoll an. Irgendetwas muss ich doch sagen.

,,Sie müssen nicht so nervös sein Herr Tomlinson", unterbricht er meine Gedanken.
Er hat wohl meine Unsicherheit mitbekommen. Wie auch nicht?

Meine zitternden Hände und mein vor Aufregung wippendes Bein sind ja wohl kaum zu übersehen.
Also nehme ich meinen Mut zusammen und fange an zu sprechen:

,,Ich möchte Menschen helfen". Wow ein Satz ohne stottern. Das ist echt ein Fortschritt.

,,Okay, das ist sehr selbstlos von Ihnen", entgegnet der Doktor daraufhin mit einem Nicken. ,, Haben Sie denn schon irgendwelche Erfahrungen gemacht, was die Pflege von Menschen angeht?
Natürlich geht es ja hier erstmal um den Ausbildungsplatz, aber ich würde trotzdem gerne ihr Wissen und Können prüfen, sodass ich schauen kann, auf welchem Stand Sie sind."

Nächste Frage, doch um einiges schwieriger. Habe ich denn Erfahrung? Naja, ich habe mal einen Erste-Hilfe-Kurs mitgemacht. Und damals habe ich mich um meine Oma gekümmert, nachdem sie am Knie operiert wurde.
Zählt das überhaupt?
Ach ich habe doch keine Ahnung.
Soll ich das einfach sagen?
Ahhh ich will ihn nicht so lange auf seine Antwort warten lassen, aber ich möchte mir absolut sicher sein, bei dem was ich sage.
Ach ich sage das einfach.

,,Also, naja, ich habe vor einigen Jahren einen Erste-Hilfe-Kurs mitgemacht und mich um meine Großmutter gekümmert, nachdem sie operiert wurde", entgegne ich daraufhin zögernd und schweife dabei mit meinen Augen durch den Raum.
Ich kann ihm nicht so lange in die Augen schauen.
Es verunsichert mich und macht mich nervös.

Man muss sich das so vorstellen: Die ganze Zeit ist man quasi ein Geist, man existiert, aber niemand sieht einen.
Wenn dir jetzt aber eine Person tief in die Augen schaut, während du sprichst, ist das ein unfassbar ungewohntes Gefühl. Das lässt sich kaum beschreiben.

,,Naja, das ist ja schonmal ein Anfang", unterbricht er meine Gedanken. ,,Ihnen ist aber klar, dass dieser Job 1. sehr anspruchsvoll und 2. nichts für schwache Nerven ist, oder? Sie müssen hier jeden Tag um 7 Uhr auf der Matte stehen, es sei denn ihr Arbeitsplan sagt etwas anderes. Es kann natürlich auch sein, dass sie mal für eine Nachtschicht eingeteilt sind- Sie müssen ja schließlich alles kennenlernen.
Sie werden mir in den ersten Wochen zur Seite stehen und ich werde Ihnen alles zeigen und das Grundlegendste erklären. Danach gibt es für Sie erstmal eine Schuleinheit, die um die drei Monate geht, in denen Sie sich der Theorie widmen. Danach geht es für Sie wieder ins Krankenhaus und danach wieder in die Schule. Es ist also ein kleines Hin und Her."

Okay wow wow wow. Das sind echt viele Infos auf einmal, die ich erstmal gedanklich durchgehen muss.

Um 7 Uhr aufstehen? Kriege ich hin.
Bin zwar ein Morgenmuffel, aber das geht schon klar.

Nachtschicht? Naja, da gewöhnt man sich bestimmt auch dran.

Das Problem ist eher die Schule. Ich fürchte mich davor.
Jetzt bin ich gerade erst aus meiner persönlichen Hölle raus und trete direkt wieder in eine andere rein? Oh bitte nicht.
Dass ich alleine bleibe, ist ja eh klar, es geht mir um die Sprüche: ,,Opfer, Loser, Versager".

So haben sie mich früher immer beschimpft. Und sie hatten Recht.

So weh es auch tat, ich habe es durchgestanden. Das schaffe ich aber nicht noch einmal.

Was ist, wenn die ganzen Leute da genauso mies sind? Ich habe wirklich Angst.
Es würde alle Erinnerungen zurückrufen, die ich so sehr zu verdrängen versuche.

,,Mister Tomlinson?"

Ich schrecke hoch. Oh man, war ich wieder so in Gedanken?

,,Ja bitte? Entschuldigung ich war gerade nicht ganz bei mir", antworte ich beschämt.

,,Ich habe Sie gefragt, was Sie davon halten, wenn ich Ihnen erstmal das Krankenhaus und alles Drum und Dran zeige und erkläre? Dann können Sie sich das Ganze ja nochmal durch den Kopf gehen lassen."

,,Ja! Sehr gerne", antworte ich ohne Überlegung und vielleicht etwas zu enthusiastisch.

Der Mann vor mir schmunzelt kurz und erhebt sich von seinem Stuhl, während er dabei seinen Kittel richtet.

,,Wir haben hier einige grundlegende Regeln, an die Sie sich halten müssen", beginnt er während er einige Schritte in meine Richtung kommt, ,,als Erstes: vollste Konzentration. Sie dürfen nicht immer in Gedanken versinken. Es geht hier um Leben und Tod." Bei dieser Aussage schaut er mich mit einem strengen und doch warmen Blick an.

,,Ja Sir, ich werde daran arbeiten", antworte ich daraufhin etwas schuldbewusst.

,,Natürlich werden Sie das nicht von heute auf morgen umsetzen können und es war auch nicht als Vorwurf gemeint, aber diese Angewohnheit könnte Ihnen zum Verhängnis werden, deshalb möchte ich Sie früh genug darauf hinweisen", entgegnet er daraufhin verständnisvoll, als er meinen Blick, getränkt von Überforderung, sieht.

,,Ich werde mich bessern, danke für den Hinweis", antworte ich auf seine Kritik, mit einem Funken Selbstbewusstsein.

Moment, Selbstbewusstsein?

,,Naja, dann wollen wir mal, hier entlang bitte", ruft der Oberarzt, während er einmal in die Hände klatscht und sich mit schnellen Schritten auf den Flur begibt.

,,Naja dann wollen wir mal", sage ich mehr zu mir selbst, während ich ebenfalls in Richtung Tür stapfe.

So, das war jetzt das 3. Kapitel :)
Es ist nicht ganz so lang geworden, wie die Kapitel davor, aber ich wollte das Gespräch auch nicht mehr als nötig in die Länge ziehen.
Ich hoffe trotzdem, dass es euch gefallen hat.
Bleibt gesund und ich wünsche euch noch eine/-n schöne-n Morgen/Tag/Nachmittag/Nacht.
<3
Bei Feedback oder Anmerkungen, gerne etwas in die Kommentare schreiben :)

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