6. Wiedersehen

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Sophie

Die kommenden Wochen waren einsam, ich hatte weder die Möglichkeit den Kontakt mit James noch Steve auf zu nehmen und auch Peggy hatte ihr Training eingestellt, sie hatte wichtigere Dinge zu erledigen und würde ihre gesamte Energie für das Land aufwenden müssen. Es machte mich wahnsinnig zu wissen, dass mir so wenig Zeit mit James gegeben wurde in der wir unsere neue Beziehung ausleben konnten. So zehrte ich aus den wenigen Momenten die wir hatten, bis er aufbrechen musste. Es war an einem Nachmittag, als ich gerade auf dem Markt war und Evolet in der Menge erspähte. Ich klemmte mir meine Tüten unter den Arm und lief los. „Evolet.“ Sie drehte sich um und sah sich in der Gegend um, erst als ich ihr zuwinkte bemerkte sie mich. „Sophie, schön dich endlich mal wieder zu sehen.“ Ich hätte es nicht gedacht, aber ich freute mich auch sie zu sehen. „Ja, ich freue mich auch.“ „Wie geht es dir?“ „Ganz gut, außer dass ich alleine bin.“ Ich zuckte mit den Schultern und tat es ab. „Hast du etwas von den beiden gehört?“ „Nein, ich habe anfangs immer mal ein paar Briefe von Steve bekommen, aber es wurde weniger.“ Sie nickte mir zu und sah meine Einkäufe an. „Wenn du möchtest, könnten wir uns hin und wieder treffen. Das wird uns beiden ganz gut tun.“ „Das klingt verlockend.“ Sie strahlte mich an und nahm mir eine Tasche ab. „Dann lass uns direkt damit anfangen.“

Die nächsten Wochen schweißten uns zusammen, wir waren oft miteinander unterwegs, lernten uns besser kennen und verstehen und tauschten uns aus. „Er kommt nach Hause.“ Wir hatten uns am Hafenbecken verabredet um einen Spaziergang zu machen. Ich hielt ihr den Brief entgegen und sie ließ ihn sich durch. Danach schaute sie mich begeistert an. „Er kommt wirklich wieder.“ Ich nahm sie bei der Hand und lief los. „Ja und das ganz bald, ich werde meinen Bruder endlich wieder sehen.“ Es war ein kleiner Trost, noch immer hatte ich keine Nachricht von Bucky. Was er wohl gerade durch machte? Ich wollte es mir gar nicht vorstellen, nicht wie er im Schützengraben saß und in der Kälte unter den Lärm von fallenden Bomben jede Sekunde um sein Leben bangte. Ich schüttelte den Gedanken ab und freute mich darauf Steve wieder in die Arme nehmen zu können.

Steve

Das Training war erbarmungslos, es war als würde ich jede Faser meines Körpers spüren und meine Lunge würde sich nach außen wölben. Doch die Schmerzen zahlten sich aus, wir hatten eine harte Ausbilderin, die wenn man sie nicht verärgerte eine Bereicherung für die Armee war. Sie brachte frischen Wind in alt eingesessene Muster und man musste sie respektieren. Gerade saß ich mit ihr im Wagen, da wir auf dem Weg zu einem Labor waren. Ich war auserwählt um das Testkaninchen für ein Projekt zu sein. „Sie brauchen keine Angst haben.“ „Das habe ich auch nicht, ich bin nur das erste Mal wieder in New York und all die Erinnerungen kommen wieder. Dort drüben wurde ich verprügelt, bei dem Geschäft hat Sophie immer ihre Kleider gekauft und an der Ecke da vorne haben wir das erste Mal Evolet getroffen.“ „Haben Sie viele Schwestern?“ „Nein nur die Eine, Sophie.“ Ich sah Miss Carter an, sie schien zu überlegen. „Sophie Rogers, natürlich.“ „Sie kennen meine Schwester?“ „Ja, jetzt wo Sie es sagen. Sie hat eine ganze Weile bei mir Training Stunden genommen.“ „Inwiefern kann ich das verstehen.“ „Ich habe einer Gruppe junger Frauen die Grundlagen der Verteidigung näher gebracht und sie war eine davon.“ Meine kleine Schwester hat unwissend an ihrer Verteidigung gearbeitet, ich spürte wie es mir sauer den Magen hoch kam, doch trotzdem spürte ich Stolz in mir. „Das passt zu ihr, sie war schon immer eigensinnig.“ „Sie ist gut bei dem was sie tut, ich könnte sie mir gut im Militär vorstellen.“ „Nein.“ Schoss es wie aus einer Pistole aus mir. „Sie ist zu zart dafür.“ „Wir kennen wohl zwei unterschiedliche Sophies.“

Sophie

Es klopfte an der Tür und ich rannte auf diese zu. Jeden Tag wartete ich auf die Rückkehr von Steve. Als ich die Tür aufzog, baute sich ein gigantischer Mann vor mir auf. Er verdeckte fast das gesamte Sonnenlicht, was normalerweise von draußen hinein viel. Er trug eine Uniform und sprach. „Sophie, ich bin es.“ Ich sah in das Gesicht des Mannes, als mir schummerig wurde. „Steve?“ ich trat zurück um mir das ganze genauer anzusehen. Das war nicht Steve, ich konnte meinen Bruder problemlos mit meinen Armen umfassen und sogar anheben, dieser Kerl war nicht mit meinen Armen zu umfassen und erst recht nicht anzuheben. „Man hat ganz schön was aus mir gemacht.“ Er deutete auf seine Körper und grinste. Sein Züge waren dieselben das war das Gesicht meines Bruders, aber der Rest passte nicht zu ihm. So viel Muskelmasse hätte mein Bruder in den letzten Monaten gar nicht aufbauen können, das war unmenschlich, dieser Körper war unmenschlich. „Wer sind Sie und was haben Sie mit meinem Bruder gemacht?“ „Ich bin es, Steve.“ „Aber wie ist das möglich.“ Er trat ein und legte seine Jacke ab. Ich konnte nicht anders als ihn anzustarren. „Ich wurde ausgewählt um an dem Projekt teilzunehmen. Man hat mir ein Serum gespritzt und anschließend einer Strahlung ausgesetzt. Davor war ich, eben ich und danach eben der neue Steve. Ich kann Atmen, ganz ohne Probleme. Ich kann schneller als der Wind rennen und ich bin stärker als James, hundertmal stärker als er.“ Er grinste mich noch immer an und spannte sein Muskeln an. „Du hast was? Sag mal spinnst du, man hätte dich umbringen können. Hast du mal daran gedacht?“ „Natürlich, aber man gab mir die Chance endlich jemand zu sein, der etwas in der Welt vollbringen konnte.“ „Aber du warst doch gut, wie du warst.“ „Sophie, ich war ein mickriger Junge, der nicht atmen konnte und erst recht nicht in den Krieg ziehen konnte. Ich war zu nichts zu gebrauchen.“ Das stimmte nicht, Steve konnte malen, er hat immer das Gute im Menschen gesehen und er hat sich nie etwas aus der Meinung anderer gemacht. „Aber das bist nicht du.“ „Ich bin es noch immer, ich bin dein Bruder und bleibe es auch für immer.“ Er sah mich sanft an und öffnete sein Arme. Ich habe ihn zu sehr vermisst um jetzt zu wiederstehen. Ich lief los und sprang in seine Arme. Das wäre ein Ding der Unmöglichkeit gewesen damals, ich hätte ihm alle Knochen gebrochen. Doch jetzt fing er mich mit Leichtigkeit auf und nahm mich in seinen Arm. Ich berührte nicht mal den Boden mit meinen Füßen, so groß war er. „Wenn du noch einmal so etwas Dummes in deinem Leben machst, dann verprügle ich dich, das du wieder so klein wie vorher bist.“ Er lachte, seine Stimme war tiefer als damals. Ich würde mit all den Veränderungen leben müssen, denn es schien als würden sie ihm gut tun. „Ich traue es dir mittlerweile zu. Mir sind da so einige Dinge zu Ohren gekommen.“ Er setzte mich ab und sah mich mahnend an. „Was denn?“ „Du bist ein Teil der Warrior Woman Initiative gewesen.“ Ich schluckte und wusste nicht was ich sagen sollte, eigentlich war ich eine der Drahtzieherinnen, die noch immer unterrichtete. „Wer hat dir das erzählt?“ „Das ist unwichtig.“ „Nein ist es nicht, ich werde der Person einen Besuch abstatten.“ „Das würde ich nicht, du könntest nichts gegen sie ausrichten.“ „Sie?“ Er wurde rot und kratze sich am Kopf. „Steve, rück raus mit der Sprache. Wer ist sie?“ „Miss Margret Carter.“ Ich war erneut verwundert. „Du kennst Peggy?“ „Sie war meine Ausbilderin.“ Das machte sie also, wenn sie im Dienste des Landes unterwegs ist. Meinen Bruder in ein Monster verwandeln. „Und wie ist sie?“ „Wer?“ „Na Peggy.“ „Eine einzigartige Frau, sie würde ihr Land bis auf die Grundmauern verteidigen.“ Ich grinste in mich hinein, das klang vielversprechend. Es würde noch einige Zeit brauchen um endlich den neuen Steve zu erkennen.

Evolet

Ich tapste nervös von einem Bein auf das andere, er hatte sich nach Monaten der Stille endlich gemeldet und um ein Treffen gebeten. Ich konnte es gar nicht abwarten, ihn wieder zusehen. Was die Zeit wohl aus ihm gemacht hatte. Er würde sicher bezaubernd in seiner Uniform aussehen, wie ein kleiner Welpe der vergebens in die Fußstapfen seiner Mutter treten will. Ich schmunzelte bei dem Gedanken, doch ließ meinen Blick nicht von der überfüllten Straße ab. Wie sollte ich ihn in dieser Menge von Menschen auch erkennen, er war mindestens einen Kopf kleiner als die hochgewachsenen. „Ma´am warten Sie auf jemand bestimmten.“ Jemand tippte mir von hinten auf die Schulter. „Entschuldigen Sie, ich wollte nicht im Wege stehen.“ Ich rückte zur Seite und drehte mich kurz um, damit der Soldat an mir vorbei gehen konnte. Es war ein großer staatlicher Mann, so jemand war perfekt für den Wehrdienst. Wie mickrig Steve gegen einen solchen Riesen aussehen muss, der Gedanken erschreckte mich. Was wenn er gegen solche Berge kämpfen musste. Ich suchte den Blick des Mannes, als mir diese markanten blauen Augen auffielen. Sie waren so schön, als hätte ich sie schon einmal gesehen. „Evi?“ Ich sah die Person überrascht an. „Entschuldigen Sie, kennen wir uns?“ Ich würde mich ganz bestimmt an jemanden wie ihn erinnern, außerdem kannte ich nur wenige, aber niemanden von diesem Kaliber. Er schmunzelte und sah zur Seite, es hatte wirklich etwas besonders, so nervös war ich das letzte Mal bei. „Steven?“ Sein Blick wurde freundlicher und er nahm Haltung an. Wie konnte das sein? Das konnte nicht mit rechten Dingen zugegangen sein, niemals. „Ich hätte nicht gedacht, dass du mich erkennst.“ Das war auch nur eine Vermutung und keine eindeutige Antwort meinerseits. „Wie ist das möglich?“ Ich blinzelte verwirrt und hoffte, diese Illusion würde sich in den richtigen Steve umwandeln. „Man hat mich unter einem Sonderprojekt zu dem perfekten Soldaten umfunktioniert.“ „Aber warum? Du warst doch gut so, wie du warst.“ Ich schlug die Hand vor meinen Mund und ließ mich an die Wand gegenüber sacken. „Ist dir nicht gut?“ „Ich muss nur mit dem Gedanken klar kommen, dass du nicht mehr... du bist.“ Steve war niemals derjenige der einen sofort ins Auge fiel, doch jetzt war er nicht mehr zu übersehen. „Ich sehe nur besser aus, aber innerlich bin ich noch immer der Junge aus Brooklyn.“ Ich war mir nicht sicher ob es stimmte, was er gerade schilderte. „Warum haben Sie das mit dir gemacht?“ „Ich wollte es, mein Leben ist besser damit. Außerdem bin ich jetzt endlich Einsatzbereit.“ Ich weiß nicht wie mir war, ganz zu schweigen von dem was vor mir stand. „Evi, hast du etwa Angst vor mir?“ „Nein, niemals. Ich bin nur überrascht, sehr sogar.“ „Aber du freust dich gar nicht.“ „Das tue ich.“ Ich lächelte ihn schief an, bevor ich mich von ihn in den Arm nehmen ließ. Das waren nicht mehr Haut und Knochen, sondern nur Muskulatur. „Ich habe dich vermisst.“ Doch damit meinte ich den alten Steve und nicht den Neuen. „Ich dich auch.“
Ich brauchte einige Tage, genau wie Sophie um über den Schock hinweg zu kommen. Steve war jetzt derjenige, der die Gläser aus dem obersten Regal bekam, die Einkäufe nach Hause trug und der von sämtlichen Frauen auf der Straße angesehen wurde. Der letzte Punkt ließ das Blut in meinen Adern kochen, damals hatte ihn niemand beachtete und jetzt war es das ganze Gegenteil. „Steve du musst nicht jeder zu nicken, sie sind nur von deinem Äußeren beirrt.“ Unsere Spaziergänge waren auch nicht mehr dasselbe, ständig wurde er erkannt und man wollte mit „Captain America“ reden. Er war zum Helden des Landes mutiert und auch seine Mentalität wandelte sich durch den unerwünschten Erfolg. Er wollte an die Front und nicht die Mengen amüsieren. Mir war es ganz recht, dass er in der Nähe blieb und hin und wieder in New York war. „Hat der Captain auch mal seine Ruhe?“ Er sah mich verschmilzt an, ich konnte mein Herz nicht kontrollieren. Jedes Mal wenn ich mit ihm Zeit verbrachte schlug es schneller und lauter, ein Wunder das er es noch nicht hörte. „Nein, das hat er nicht. Auch wenn ich es mir wünschen würde.“ Ich war zu einigen Auftritten von ihm und konnte seine neue Aufgabe bestaunen, wenn mir was auffiel, dann das er sehr gut in der Captain America Uniform aussah. „Du wirst von jedem Zweiten erkannt und angesprochen, nervt dich das nicht?“ „Schon, aber ich kann den Menschen Hoffnung geben und das zählt für mich.“ „Ach Steven, du bist zu aufopfernd für diese Welt.“ Er grinste mich von oben herab an, als ich mich bei ihm einklinkte.

Eine Hoffnung am anderen Ende der Welt Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt