Demo in Berlin I

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Müde warf ich einen Blick auf mein Handy. 23:57, nur drei Minuten später, seit ich das letzte Mal drauf geguckt habe. Wir waren schon seit gefühlten Ewigkeiten wach. Heute Morgen noch waren Levio und ich mit dem Flixbus nach Berlin gefahren, um hier auf eine Demo zu gehen, dann sind wir irgendwann in einer Bar gelandet. Levio war mit ein paar Typen ins Gespräch gekommen und wie es nicht anders hätte sein können, waren sie mittlerweile alle ziemlich besoffen.

»Ey, du bis mir viel zu still«, sprach er mich in diesem Moment an. Er hielt ein Bier in seiner Hand und trank daraus. Dank des Lichts war seine Haut und die ganze Umgebung rötlich verfärbt.

»Bin nur müde«, erklärte ich und steckte mein Handy weg. Und irgendwie waren die anderen Typen und ich echt nicht auf einer Wellenlänge. Ich hatte es versucht, aber irgendwie gabs kein gemeinsames Gesprächsthema. Ihre Aussagen mir gegenüber beschränkten sich darauf, irgendwelche Sprüche zu klopfen, weil ich nicht trank.

»Gut«, grinste Levio und klopfte mir nochmal auf den Rücken, ehe er sich einem der anderen Kerle zuwandte.

Mittlerweile hatten wir die Bar in der Innenstadt hinter uns gelassen und waren in einem Stripclub gelandet. Chillten auf abgesessenen Couches, während sich ein paar Tänzerinnen lasziv um die Stangen schlangen. Anfangs hatte ich es ganz interessant gefunden, weil manche der Bewegungen ziemlich krass aussahen, jetzt schaute ich mich eher gelangweilt um.

In naher Entfernung zu uns hing eine andere Gruppe von Typen rum. Sie waren zu fünft, zu sechst und die meisten von ihnen waren durchtrainiert. Einer in Hip-Hop-Klamotten und mit einer Cappy auf dem Kopf, ein anderer in Boxerschnitt und einem schwarzen Tanktop, das seine muskulösen Arme präsentierte. Nur einer passte nicht zu ihnen. Seine Statur war schmaler und er hatte dunkle, fast schwarze, lockige Haare. Ein paar Strähnen hingen in seine Stirn und er strich sie sich immer wieder zurück, während er mit den anderen quatschte. Immer mal wieder herzlich lachte. Von Zeit zu Zeit trank er aus seinem Bier, soff aber nicht so viel wie die anderen, die alle schon echt voll wirkten. Den Tänzerinnen schenkte er mir genauso wenig Aufmerksamkeit wie ich, das war mir nicht entgangen. Oder ich wollte mir nur einreden, dass er bestimmt auf Männer stand, keine Ahnung.

Er war schon echt süß.

»Okay, ich kenn den Gesichtsausdruck«, grinste Levio in diesem Moment und folgte meinem Blick zu dem Kerl. »Darian will ficken.«

»Halts Maul«, lachte ich und stieß ihm meinen Ellenbogen in die Seite. In diesem Moment sah der Typ zu uns, hatte definitiv bemerkt, wie wir in seine Richtung schauten. Amüsiert hob er seine Augenbraue und beobachtete uns.

»Aber er sieht schon gut aus. Doch. Besser als deine sonstige Wahl«, grinste Levio und legte einen Arm um mich, während er den Typen musterte. Er trug eher enge schwarze Jeans mit einem Loch am Knie, abgelatschte Chucks und ein dunkelgrün schwarz kariertes Hemd. »Ich glaube, du hast normal gar keinen schlechten Männergeschmack, du bist nur verzweifelt.«

»Bin ich gar nicht«, erwiderte ich und trank aus meiner Kola. Meinen Blick wandte ich wieder von dem Typen ab.

»Jetzt geh rüber, Alter. Lässt doch sonst auch nichts anbrennen«, lachte Levio und zog mich von der Couch hoch. Ehe ich mich wehren konnte, stand ich auf meinen Beinen und er schubste mich in die Richtung des Typen.

»Du bis echt peinlich«, seufzte ich und zeigte ihm den Mittelfinger, griff aber dennoch nach meiner Kola und steuerte den Typen an. Strich meine Haare aus der Stirn und hoffte, dass ich nach dem langen Tag mit zu wenig Kaffee nicht allzu fertig aussah. Falls er kein Interesse hatte, hatte ich es wenigstens versucht.

»Hey«, grinste ich, als ich vor ihm stehen blieb.

»Ich hab eh gesehen, wie ihr gegafft habt, also erspar dir irgendwelche komischen Anmachsprüche«, grinste er. Irgendwie belustigt, ein wenig selbstüberzeugt, aber definitiv nicht abgeneigt.

Von Helden und VerlierernWo Geschichten leben. Entdecke jetzt