Zwanzig

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"Ach komm schon, was ist daran denn so schwer? Seit Jahren hab ich diese Fähigkeiten und hinkriegen tu ich es noch immer nicht! Wie blöd kann man eigentlich sein?" regte ich mich mal wieder lautstark auf. Seit zwei Stunden saß ich jetzt schon in der Trainingshalle und versuchte das Feuer zu kontrollieren. Doch, wie man es vermutlich schon hört, funktionierte es nicht so ganz wie es soll.

"Scheiße man, wie soll ich jemals jemanden beschützen können, wenn ich mich nicht mal selber auf mich verlassen kann? Sie sind alle weg, ich schaff das einfach nicht mehr!" ich stand kurz vor einem Nervenzusammenbruch. Mittlerweile hatte ich die anderen seit fünf Jahren nicht mehr gesehen, immer nur davon gehört, wenn einer der Übrigen etwas gutes getan hat. Thor ist komplett von der Bildfläche verschwunden und Natasha und Rhodey haben das Hauptquartier gut im Griff. Ab und zu ist Okoye als Führerin unseres Militärs bei Besprechungen dabei, ich weigere mich. Und Steve ist auch da draußen unterwegs, von ihm bekomme ich noch weniger mit.

"Meine Kleine, was ist denn los? Du siehst schon wieder so traurig aus!" ertönte plötzlich die Stimme meiner Mutter und ich drehte mich schnell zu ihr um. Auch sie hat in den letzten Jahren gelitten, erst ihr Mann und jetzt auch noch T'Challa und Shuri. Okoye und ich können nicht viel für sie machen. Von Außen haben wir uns alle verändert. Okoye ist etwas ruhiger geworden und somit nun einiges fokussierter auf das Training und die Bewachung des Palastes. Wir machen immer noch viel Quatsch aber gehen auch Pflichtbewusst unseren Verpflichtungen nach, sie bei der Leibgarde und ich bei der Überwachung unserer Grenzen und Exporte oder Importe.

Meine Mutter hat mittlerweile fast komplett graue Haare und tritt nicht mehr so oft öffentlich auf, auch wirkt sie trauriger und mehr in sich gekehrt. Es ist nicht leicht, bald ist der Gedenktag und wir bereiten uns mental schon seit dem letzten wieder darauf vor.

Und dann bin da halt noch ich. Meine ehemals braunen und langen Haare sind jetzt blau-grün und schulterlang geschnitten. Viel ist nicht übrig aber es gefällt mir! Meine braunen Augen konnte ich am Anfang nicht ertragen, doch dann hat sich mir gezeigt, dass sie genau so aussehen wie die von Peter und ich wollte wenigstens etwas von  ihm behalten. Ich weiß nicht ob ich ihn jemals wiedersehen werde, doch in meinem Herzen wird er immer sein, genauso wie die anderen.

So auch Bucky, er war nur wenige Tage nach seiner vollständigen Heilung wieder gestorben. Schon von Anfang an hatte ich es interessant gefunden, wie er das alles handhabte. Erst war er auf der Flucht vor meinem Bruder, doch dann auf einmal unser Freund und blieb einige Jahre in Wakanda um in Cryostase die Wirkungen Hydras zu verringern. Hatte ja auch geklappt.

Auf einmal wedelte eine Hand vor meinem Gesicht und ich schreckte zurück. "Hast du mir zugehört?" fragte meine Mutter mich auch schon. Bedröppelt schüttelte ich den Kopf und sah nach unten. "Ich sagte, dass du endlich wieder nach Amerika gehen solltest um dein Team zu besuchen. Okoye meint, sie vermissen dich sehr!" "Glaub mir, ich vermisse sie auch, aber ich weiß nicht, ob ich ihnen jemals wieder unter die Augen treten kann! Sie sind wegen meinen Fehlern weg. " stellte ich nur wieder in Frage. Doch sie legte mir einfach die Hände auf die Schultern und drückte leicht zu, dann lächelte sie mich an und ging. Sie will, dass wenigstens ich glücklich bin, diesen Wunsch will ich ihr erfüllen.

Mit diesem Entschluss lief ich schließlich auf mein Zimmer und suchte einige Klamotten zusammen. Alles was ich benötigte für ein paar Wochen stopfte ich in einen Rucksack, hoffen wir einfach das nichts passiert und im Hauptquartier zur Not irgendwo eine Waschmaschine steht. Dann schulterte ich den Rucksack und lief zum Thronsaal, dort fand ich wie vermutet meine Mutter und Okoye vor. Mit sicheren Schritten lief ich auf sie zu, sie hatten mich bereits bemerkt und kamen mir entgegen, was in einer Gruppenumarmung endete. "Pass auf dich auf mein Kind und komm uns irgendwann mal wieder besuchen!" flüsterte mir meine Mutter ins Ohr.

"Denkst du ich bleib jetzt für immer da oder was?" ich schüttelte lächelnd den Kopf. "Hey kleiner Panther, du kommst doch wieder oder?" auf diese Frage hin nickte ich nur. "Und wenn du uns brauchst, wir sind so schnell da wie irgend möglich!" fuhr die Soldatin fort. Noch einmal lächelte ich und drückte die beiden an mich, dann trat ich auf den Balkon und sprang über das Geländer in die Tiefe. In der Mitte meines Falls breitete ich Flügel aus und vollendete bereits im Gleitflug die Verwandlung zum Wanderfalke. Der Rucksack war so von uns konzipiert, dass er sich meiner Größe anpasste, mit Inhalt, und mir somit nicht im Weg war.

Meine Route führte mich bis an Portugals Küste als Vogel und dort stieg ich auf einen Schwertwal um. Jeder hielt sich von mir fern und ich war gar nicht mal so langsam. Von dort schwamm ich auf direktem Weg nach New York, wo ich wieder den Wanderfalke wählte um an mein Ziel zu gelangen.

Es hatte sich einiges verändert, alles war ruhiger seit S.H.I.E.L.D.s Zusammenbruch und durch Thanos. Ich umrundete das große Gebäude und fand dabei ein offenes Fenster bei einem der Konferenzräume durch das ich kurzerhand flog. Ich war froh, dass man so gut erkannte ob ein Fenster offen ist. Als Vogel kann man nämlich blöderweise kein Glas sehen und das hatte ich schon einige Male schmerzhaft erkennen müssen. Nach wenigen Sekunden stand ich als Mensch wieder im Raum und streckte mich einmal, das Reisen als Tier war manchmal echt anstrengend und das spürte ich vor allem im Rücken und den Schultern.

Plötzlich ging das Licht an und jemand betrat den Raum. "Scarlett? Bist du das wirklich?" ertönte eine weibliche Stimme hinter mir. Als ich mich umdrehte stand dort keine Geringere als Natasha. Als ich nickte, befand ich mich schon in ihren Armen. "Ich hab dich vermisst Kleine!" sagte sie leise. "Ich dich auch Nat, ich dich auch! Wo sind die anderen?" fragte ich und ließ sie los.

"Rhodey und Carol sind im Einsatz, ich hab gleich eine Besprechung mit ihnen und ein paar anderen, willst du mitkommen?" doch sie ließ mich gar nicht zu Wort kommen, sondern zog mich wie ein kleines Kind direkt hinter sich her und in einen großen Raum in dem schon lange nicht mehr aufgeräumt wurde. Auf dem Tisch stand ein Teller mit einem Sandwich das Nat jetzt zur Hälfte verputzte und dabei auf dem Stuhl Platz nahm. Dann schlossen sich die Rollläden und mehrere Projektoren gingen an, dann entstanden blaue Lichtsäulen in denen jeweils eine oder zwei Personen zu sehen waren. Ich erkannte auch Okoye und Carol. Etwas weiter stand auch Rhodey und sie alle sahen so aus wie früher, außer dass sie alle etwas älter und ernster geworden waren. Es war die richtige Entscheidung hier her zu kommen!

The White Black PantherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt