Kapitel 3 Hey, Sweetie
Hey, Süße
Ich beschloss, dass ich es überhaupt nicht nötig hatte, mich anders zu kleiden als sonst und mich für irgendwelche Jungs aufzustylen, die ich überhaupt nicht kannte und auch nicht kennenlernen wollte. Letztendlich entschied ich mich für eine bequeme Jeans und einen dünnen, schwarzen Pullover. Mich interessierte es gar nicht, was diese Typen von mir dachten. Ich hatte nicht vor, irgendeinem von denen zu gefallen. Ich verstand nicht wirklich wie Keira sich den Kopf derart zerbrechen konnte, nur weil sie nicht wusste, was sie anziehen sollte.
Ich ging in das kleine Badezimmer, das direkt an mein Zimmer grenzte und betrachtete mich im Spiegel. Heute sahen meine Haare natürlich besonders toll aus und standen in alle Richtungen ab, als wollten sie sich dafür rächen, dass ich mich jedes Mal über sie aufregte. Ich kämmte sie einmal grob durch und band sie anschließend in einen einfachen Zopf, sodass es nicht mehr ganz so schlimm aussah. Danach tuschte ich meine Wimpern, so dezent wie immer. Ich hatte das Glück, lange und dichte Wimpern zu haben, sodass ich eigentlich gar keine Schminke benötigte. So oder so würden meine Eltern es niemals erlauben, dass ich viel Make-up trug.
Ich ging zurück in mein Zimmer, um meine Tasche zu holen und bemerkte jetzt erst die Sonnenstrahlen, die durch mein Fenster fielen. Es wurde aber langsam auch mal Zeit, dass sich der Sommer meldete. Unwillkürlich schlich sich ein Lächeln auf mein Gesicht und ich konnte es kaum erwarten, die warme Luft draußen einzuatmen. Also schwang ich die Tasche über meine Schulter und lief zur Haustür, wo meine schwarzen Ballerinas standen. "Bye, Mum!", rief ich noch, bevor ich das Haus verließ und mich auf den Weg zur Schule machte.
Ich hatte die Musik, die ich auf dem Schulweg immer hörte, zwar nie wirklich laut, aber dennoch wunderte ich mich, als ich dieses seltsame Geräusch hörte, das immer lauter wurde. Während ich einen der Kopfhörer aus dem Ohr nahm, drehte ich mich um, um festzustellen, woher dieser Krach kam und erkannte daraufhin ein Auto, das mit rasender Geschwindigkeit auf mich zu steuerte. Es war ein alter Golf und der Auspuff war so laut, dass er wahrscheinlich die gesamte Nachbarschaft weckte. Als das Auto an mir vorbeifuhr, versuchte ich, einen Blick auf den Fahrer zu erhaschen, doch durch die extreme Geschwindigkeit erkannte ich nur die Umrisse eines Jungen und seine dunkelbraunen Haare. Was war das denn nur für ein Idiot? Weder das Auto noch diesen Typen hatte ich hier jemals gesehen, geschweige denn gehört. Und meine Frisur war nun bestimmt auch dahin. Kopfschüttelnd ging ich weiter und versuchte zu verdrängen, dass sich allmählich ein Gefühl der Aufregung in mir breit machte. Es war ein ganz normaler Schultag, redete ich mir ein. Ich würde mich nicht von diesen Typen durcheinander bringen lassen. Ich würde sowieso nichts mit denen zu tun haben. Ich wollte das auch gar nicht. Ein Vibrieren riss mich aus meinen Gedanken und es brauchte einen Moment, bis ich realisierte, dass es mein Handy war und dass ich eine Nachricht bekommen hatte. "Nimm dich in Acht, Mila. Die sind wirklich heiß!", schrieb Keira. War ja typisch, dachte ich. Sonst war sie auch nie so pünktlich in der Schule. Und wieso verdammt nochmal musste sie mir das schreiben! Mir reichte es eigentlich, dass dort dieses seltsame Gefühl in meiner Magengegend war, aber nun kam auch noch dieses dämliche Herzrasen hinzu. Ich hatte gar keine Lust mehr, zur Schule zu gehen, und würde viel lieber wieder nach Hause gehen und so tun, als wäre ich fürchterlich krank. Aber leider wusste ich auch, dass es keinen Sinn hatte, vor der Situation wegzulaufen. Wenn ich heute nicht auf Jungs treffen würde, dann eben morgen oder übermorgen. Es ließ sich einfach nicht vermeiden.
Es dauerte nicht lange bis der Parkplatz der Schule in Sicht kam. Dort waren definitiv mehr Autos als sonst. Auch der alte Golf von vorhin stand dort, doch es sah ganz so aus, als würde sich der Fahrer nicht mehr darin befinden.
Ich musste zugeben, und ich fand es wirklich bescheuert, dass ich noch nie so viel Angst gehabt hatte in die Schule zu gehen, wie an diesem Tag. Ein paar Jungs standen auf dem Parkplatz und unterhielten sich miteinander und bei genauerem Hinsehen erkannte ich, dass sogar einige Mädchen die ich kannte, unter ihnen waren. Wenn ich den Hintereingang der Schule benutzen würde, könnte ich es vermutlich vermeiden, den Jungs über den Weg zu laufen und unerkannt in mein Klassenzimmer zu verschwinden. Leider stellte sich mein Plan spätestens dann als unmöglich heraus, als ich die Hintertür öffnete und den Schulflur sah, der nur so von männlichen Wesen wimmelte.
In der riesigen Menge erkannte ich aber auch das vertraute Gesicht meiner besten Freundin und ihre strahlend blonden Haare. Sie stand wie immer an ihrem Spint und nahm die Bücher für den heutigen Unterricht heraus.
Ich atmete einmal tief ein und nahm meinen gesamten Mut zusammen, bevor ich ganz unauffällig versuchte, mir einen Weg durch die Menge zu bahnen, ohne Augenkontakt zu irgendjemanden herzustellen. Mir wurde von Sekunde zu Sekunde mehr übel, wenn ich darüber nachdachte, dass das hier keine Ausnahmesituation war, sondern dass diese Jungs nun jeden Tag hier sein würden.
"Mila!", rief Lexi, als sie mich sah. Ich fiel ihr um den Hals wie ein kleines Kind, das nach langer Zeit seine Mutter wiedersah. Ich war definitiv und vollkommen überfordert mit dieser Situation.
"Hilfe!", erwiderte ich nur und durchbohrte sie mit meinem verzweifelten Blick. Sie wusste, dass ich noch nie Kontakt zu einem Jungen in meinem Alter gehabt hatte und sie war diejenige, die mich am besten verstehen konnte.
"Ach komm, so schlimm ist es doch auch nicht.", sagte sie. "Und Keira hatte Recht, hier sind wirklich eine Menge heißer Typen."
"Du machst es nicht grad besser.", beklagte ich mich und legte mir die Hand auf die Stirn. Wieso war mir nur so furchtbar warm?
"Hey, Süße.", ertönte plötzlich eine dunkle Stimme hinter mir und ich fuhr so erschrocken herum, dass mir beinahe schwindelig wurde. Ich starrte in ein wunderschönes Gesicht mit dunkelgrünen Augen und einem verschmitzten Lächeln, das mir beinahe den Atem raubte. Er hatte schwarzbraune Haare, die völlig verwuschelt waren und perfekt geschwungene Augenbrauen, sowie dichte, schwarze Wimpern und einen leichten Dreitagebart. Er sah unglaublich gut aus. Mein Blick glitt etwas tiefer und blieb auf den muskulösen Armen und hauptsächlich auf dem Tattoo, welches sich an seinem linken Oberarm befand, hängen. Er trug ein enganliegendes, schwarzes T-Shirt, durch welches man erkennen konnte, wie durchtrainiert er war. Ich war mir sicher, dass ich nur träumte, aber ein flüchtiger Blick in Lexis Richtung verriet mir, dass ich mich irrte. Und auch mein rebellierender Magen, der im Moment tausende Saltos schlug, bewies mir das Gegenteil.
"Meint der etwa mich?", flüsterte ich Lexi zu und versuchte zu verhindern, dass die Übelkeit die Kontrolle gewann.
"Ach quatsch, Mila. Er steht genau vor dir und starrt dir direkt ins Gesicht aber es ist unmöglich, dass er dich meinen könnte.", antwortete Lexi sarkastisch und für meinen Geschmack einen Tick zu laut, wenn man bedachte, dass der Typ alles hörte, was wir sagten.
"Ehm...Ich glaub...entschuldige, also ich glaub ich muss mich mal...übergeben.", stotterte ich und lief in Richtung Ausgang, bevor ich wirklich noch auf den Schulflur kotzen würde.
"Das hat sie bestimmt nicht persönlich gemeint.", hörte ich Lexi noch sagen.
"Ich wollte eigentlich nur fragen, wo ich den Raum Nummer 102 finde."
Keuchend kam ich draußen an und lehnte mich gegen die nächstbeste Wand. Ich atmete die frische Luft ein und merkte, wie es sofort besser wurde. Mein Gesicht fühlte sich glühend heiß an und ich könnte schwören, dass meine Wangen rot wie Tomaten waren. Wieso musste ausgerechnet mir so etwas passieren? Und ausgerechnet bei einem derart gut aussehenden Typen.
Eins stand jedenfalls fest: Ihm würde ich nicht mehr unter die Augen treten können. Und der Tag konnte gar nicht mehr schlimmer werden.
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Want You Bad (on hold)
RomanceMila führt ein glückliches Leben als Schülerin auf einer Mädchenschule. Als Einzelkind mit strengen, katholischen Eltern hatte sie noch nie Kontakt zu Jungs. Deshalb wirft sie die Nachricht, dass aus der reinen Mädchenschule bald eine gemischte Schu...