[03]

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Jisung PoV

Leicht genervt betrat ich den Raum, in dem ich gleich nachsitzen haben würde. Ich verstand zwar immer noch nicht, warum Lehrer sich nur dafür die Zeit nahmen, um die Schüler hier länger sitzen zu lassen, aber vielleicht gab es da auch noch irgendein geheimes Lehrer-Ding hinter, das einfach kein normaler Schüler verstand.

"Ah, Jisung. Sehr gut. Wir haben gleich noch einen weiteren Schüler dabei. Beachte ihn am besten einfach gar nicht, sondern konzentrier dich auf die Aufgabe.", meinte unser Lehrer und drückte mir einen Zettel in die Hand.

"Ein Aufsatz zum Thema 'Verliert Liebe in der Gesellschaft an Wert'?", fragte ich, als ich die Überschrift sah.

"Sehr richtig. Ich habe gehört, was du mit Yuna besprochen hast, deshalb halte ich es für schlau, wenn du dir mal ein paar Gedanken zu dem Thema machst."

Ich sagte nichts dazu, sondern setzte mich einfach hin, um mit meinem Aufsatz zu beginnen. Gerade als ich mir einen Anfang überlegt hatte, ging die Tür auf und Minho kam rein.

"Und du bist mal wieder zu spät. Aber dafür hast du heute auch einen schönen Aufsatz zu schreiben. Ich benote ihn, also denk nicht mal daran wieder ein Blatt mit einer deiner Kritzelein abzugeben."

Er drückte Minho ebenfalls einen Zettel in die Hand.

"Sie wollen echt einen Aufsatz zum Thema Liebe von mir?"

"Er schreibt den gleichen, also ja. Und jetzt muss ich euch kurz alleine lassen, weil ich was im Lehrerzimmer vergessen habe."

"Wer?",fragte er und drehte sich zu mir, da der Lehrer bereits gegangen war. "Oh du schon wieder. Hast du Samstag zumindest noch einen Blowjob bekommen oder gefickt?"

"Nein! Und es geht mir auf die Nerven, dass jeder denkt, dass zwischen uns was läuft, wenn da überhaupt nichts ist!"

"Ruhig bleiben, Kleiner. Es war nur eine Frage."

"Halt einfach den Rand und lass mich das hier fertig machen."

"Ist ja gut...", er schielte auf mein Blatt, um nach meinem Namen zu sehen. "Han Jisung. Unsere kleine Berühmtheit hat also Nachsitzen. Ich frage mich warum..."

"Ich hab gesagt, dass du die Klappe halten sollst."

"Tztztz... Ich bin doch dein Fan. Bekommt man da nicht normalerweise eine Unterschrift oder eine Umarmung oder so? Oder zumindest eine nette Behandlung?"

"Kannst du nicht einfach die Fresse halten?! Oder kannst du nichts anderes als mich zu nerven und gut auszusehen?!"

"Du findest mich gutaussehend? Wie süß von dir. Du siehst auch sehr gut aus, not gonna lie."

Er kam auf mich zu und wollte mir durch die Haare wuscheln, doch ich schlug seine Hand weg.

"Fass mich nicht an.", fuhr ich ihn an.

"Wieso? Weil du mir dann nicht mehr widerstehen kannst?"

"Weil ich einem Schlag in dein Gesicht dann nicht mehr widerstehen kann. Und wir wollen dein hübsches Gesicht doch nicht verunstalten, oder?"

"Das wird eine tolle Schlagzeile. 'J.One schlägt unschuldigen Fan und Tänzer. Ob Lee Know so noch einen festen Freund findet?'"

"Sind wir ein wenig sauer, Zitronenlimo?"
(A/N: @CassKed There you go)

"Bitter Leemon...", antwortete er nur, als hätte er damit gerade den Geistesblitz des Jahres gehabt.

Für einen kurzen Moment herrschte einfach nur Stille, doch dann brachen wir beide in Gelächter aus.

"Minho! Jisung! Konzentriert euch gefälligst auf eure Aufgaben und hört auf rumzualbern!", wurden wir von unserem Lehrer unterbrochen. Dabei hätten wir doch genau jetzt anfangen können, uns zu verstehen.

Minho setzte sich hin und wir arbeiteten an unseren Texten, doch irgendwann klang es bei ihm nur noch nach Gekritzel und einem gelegentlichen Kichern.

Ich warf einen Blick auf sein Blatt, wo mir eine kleine Zeichnung von seinem Gesicht auf einer Limonadenflasche und meinem Gesicht auf einem Eichhörnchenkörper ins Auge fielen, die mich ebenfalls leise kichern ließ. Das Eichhörnchen trug sogar den gleichen Hoodie wie ich. Mit einer schnellen Bewegung, die unser Lehrer nicht bemerkte, da dieser zu fokussiert auf seinen Laptop war, fotografierte er es ab und gab dann seinen Aufsatz ab.

"Lee Minho, was habe ich zu deinen Zeichnungen gesagt?! Du setzt dich zurück auf deinen Platz und schreibst den nochmal ab. Ohne Zeichnungen oder Schriftzüge oder was auch immer. Gewöhn dir das endlich ab. Was bist du? Elf?"

"Auf einer Skala von eins bis fünf? Ja.", erwiderte er und nahm mit einem kleinen Grinsen sein Blatt zurück.

"Wohl eher auf der Notenskala von eins bis sechs. Und jetzt schreib das ab."

"Autsch.", murmelte er und ging zurück auf seinen Platz neben mich, wo er sich daran machte, seinen Aufsatz abzuschreiben. Ich hatte meinen bereits fertig, doch da ich Bus fahren musste, hatte ich noch eine halbe Stunde, die ich totschlagen musste und die verbrachte ich lieber hier als auf dem Busbahnhof, denn es sah aus, als könnte es jeden Moment anfangen zu regnen. Stattdessen legte ich einfach meinen Kopf auf den Tisch und beobachtete Minho. Wirklich etwas anderes zu beobachten, gab es hier drinnen auch nicht. Die Fenster waren hinter mir und somit blieben mir eigentlich nur noch mein Lehrer, die Tafel und Minho.

Nach 10 Minuten war Minho mit dem Abschreiben fertig.

"Willst du nicht nach Hause?", fragte er verwundert, als ich keine Anstalten machte aufzustehen.

"Ich warte noch auf den Bus."

"Komm mit. Ich fahr dich. Oder darfst du nicht zu Fremden ins Auto?"

"Sehr lustig..."

Ich stand auf und folgte ihm zu seinem Auto.

"Wow, das ist aber ein tolles Gefährt.", meinte ich sarkastisch, als er in einen sehr alt aussehenden Golf einstieg.

"Wie war das? Du würdest gerne durch den Regen laufen?"

"Ich hab nichts gesagt.", erwiderte ich und stieg auf der Beifahrerseite ein.

"Ist auch besser so."

Ich gab ihm meine Adresse und er fuhr los.

"Also...", begann ich, da ich die unangenehme Stille irgendwie unterbrechen wollte. Immerhin hatten wir noch 10 Minuten zu fahren und die wollte ich ungern totschweigen. "Woher wusstest du eigentlich, dass du schwul bist?"

"Wie kommst du darauf, dass ich schwul bin?"

"Weil du gesagt hast, dass du keinen festen Freund findest, wenn dein Gesicht nicht mehr gut aussieht."

"Achja, richtig."

"Also?"

"Long story short: Ich hab mich in meinen damaligen besten Freund verschossen, ihn geküsst und wurde von ihm abserviert, weil er hetero ist. Warum fragst du?"

"Neugierde."

"Was ist mit dir?"

"Ich weiß nicht so recht... Ich würde mit niemandem ins Bett steigen, aber würde mit einem Mädchen zusammen sein, denke ich."

"Verstehe. Aber du bist dir unsicher?"

"Ein wenig, ja..."

"Zerbrich dir nicht zu sehr den Kopf darüber, okay? Lass dir einfach die Zeit, die du du brauchst, und dann findest du es mit Sicherheit noch raus."

"Danke, Minho. Oh, wir sind ja schon da. Dann auch danke für's Fahren."

"Kein Problem. Auf Wiedersehen, Jisung."

"Auf Wiedersehen.", verabschiedete ich mich ebenfalls und verschwand dann in meinem Haus.

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Her || Minsung Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt