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Jisung PoV

Von Minho hörte ich in den nächsten Tagen nicht einen Ton, was mich immer weiter runter zog. Ich hatte mich bei Areum nach ihm erkundigt, doch was sie mir erzählte hatte, machte es nicht weniger besorgniserregend, denn Minho hatte in der Zeit anscheinend so gut es ging allen möglichen Kontakt vermieden. Er hatte sich in seinem Zimmer verschanzt und kam eigentlich nur nachts raus, um sich etwas zu essen zu machen. Ich konnte nur hoffen, dass er wenigstens tagsüber ein wenig schlief, denn ansonsten würde das nicht mehr lange gut gehen.

Aus diesem Grund hatte Areum mich heute auch wieder zu sich eingeladen. So konnte ich meinen Freitagabend mit dem Versuch Minho zurück zu bekommen verbringen, denn der Abstand zu ihm hatte mir eindeutig klargemacht, was ich eigentlich von ihm wollte. Liebe. Ein großes Wort für einen Teenager wie mich, aber ich war mir sicher, dass es das war, was ich wirklich von ihm wollte, und auch das war, was ich ihm gegenüber empfand.

Nun stand ich vor Minho's Zimmertür und klopfte vorsichtig.

"Min?", fragte ich, doch bekam keine Antwort. "Bitte lass mich mit dir reden."

"Komm schon, Minho." Wieder nichts.

"Ich vermisse dich." Immer noch nichts.

Ich musste ein wenig lächeln, als ich bemerkte, woran mich das Ganze hier erinnerte und vielleicht konnte ich Minho ebenfalls ein kleines Lächeln auf die Lippen zaubern, selbst wenn er nicht mit mir redete.

"Minho?" Ein leises Klopfen meinerseits. "Willst du einen Schneemann bauen?~"

Noch immer bekam ich keine Reaktion.

"Okay, ich hab's verstanden. Das war nicht witzig. Wie auch immer... Es tut mir leid, hörst du? Also bitte lass mich rein, damit ich dir das direkt sagen kann. Ich muss dich sehen und mit dir reden."

"Jisung, ich denke nicht, dass Minho dich gerade hört.", meinte Areum, die das ganze aus ihrem Zimmer gehört hatte. "Er hätte dir sonst schon längst aufgemacht. Vielleicht schläft er gerade noch. Du solltest es später wieder versuchen."

"Ich will ihn aber nicht verpassen. Wenn ich hier jetzt weggehe, bemerke ich ihn vielleicht nicht und dann war alles umsonst."

"Was willst du dann machen? Vor seiner Tür campen?"

"Das klingt doch nach einer guten Idee, oder nicht?", erwiderte ich und setzte mich auf den Boden vor Minho's Tür. "Irgendwann muss er da ja wieder raus kommen."

"Tu was du nicht lassen kannst, aber es kann noch ein paar Stunden dauern, also würde ich mir an deiner Stelle lieber einen bequemeren Platz suchen."

Ich schüttelte nur den Kopf und lehnte mich mit dem Rücken an die Tür.

"Was findet Minho bloß an einem Sturkopf wie dir...?", seufzte sie und ging dann wieder.

Die nächste Stunde verbrachte ich weiter auf dem Boden vor der Tür und wartete. Ich hatte irgendwann aufgehört zu klopfen, da die Reaktion ja ohnehin ausblieb. Die Zeit verging und noch bevor die Tür sich öffnete, schlief ich ein.

Unsanft knallte ich mit Rücken und Kopf auf den Boden und wurde so aus meinem Schlaf gerissen, doch wirklich wach war ich immer noch nicht.

"Das tat weh...", brummelte ich und setzte mich wieder auf.

"Jisung?", fragte Minho überrascht.

"Hm?"

"Warum sitzt du um 2 Uhr morgens vor meiner Tür?"

"Weil du mich nicht rein lässt, aber ich mit dir reden muss."

"Okay, erstmal stehst du jetzt auf. Der Boden ist kalt und ich will nicht, dass du krank wirst."

"Linoling macht sich Sorgen um mich~"

"Natürlich mache ich mir Sorgen um dich. Und jetzt hoch mit dir."

Ich stand auf und sah ihm direkt in die Augen.

"Es tut mir leid, was ich gesagt habe. Das war alles nicht wahr. Du bist nicht egoistisch."

"Und?"

"Du nutzt mich auch nicht aus."

"Und?"

"Ich bin ein riesiger Idiot."

"Und?"

"Und... Ich liebe dich auch..."

Er sagte nichts mehr, sondern sah mich aus großen Augen an.

"Das war das, was ich dir auch am Telefon sagen wollte, wo ich so sehr gestottert habe... Ich will wieder deins sein, Minho. Nur deins. Weil ich das Gleiche empfinde wie du.", erklärte ich weiter, doch er erwiderte nichts. Stattdessen sah er mich nur mit einem undefinierbaren Blick an, der mich ein wenig verunsichert werden ließ.

Ohne auch nur ein Wort zu sagen, trat er näher zu mir und küsste mich liebevoll. Ich erwiderte den Kuss genauso und legte eine Hand an seine Wange. Es war wunderschön und ich wünschte mir fast, dass unsere anderen Küsse ebenfalls so gewesen wären, auch wenn ich jeden einzelnen von ihnen genossen hatte.

"Dann sind wir jetzt richtig zusammen?", fragte ich, als ich mich mit einem Lächeln aus dem Kuss löste.

"Ja, sind wir.", antwortete er ebenfalls mit einem Lächeln und drückte mir noch einen Kuss auf. Er wollte den Kuss gerade vertiefen, als sein Magen laut knurrte.

"Du musst essen, Min. Komm, wir machen uns was."

"Deshalb wollte ich auch eigentlich aus meinem Zimmer raus.", meinte er und wir gingen in die Küche, um uns etwas zu Essen zu suchen. Glücklicherweise hatten Minho's Eltern mehr genug Essen gekocht, sodass wir noch von den Resten satt wurden.

Mit gefüllten Mägen machten wir uns wieder zurück auf den Weg in Minho's Zimmer, wo ich mich aus meiner Straßenkleidung befreite. Er trug sowieso nur Jogginghose und Shirt, weshalb er sich nicht mehr umziehen musste.

"Hast du vielleicht ein Shirt und eine Hose für mich? Ich hab nichts wirklich dabei.", fragte ich und bemerkte dabei durchaus seine Blicke auf meinem Oberkörper.

"Hm? Was? Achso, ja. Hab ich. Warte kurz.", antwortete er und gab mir zuerst eine Shorts, die zwar ein wenig zu weit waren, aber trotzdem recht bequem waren. "Die normalen Shirts sind im Moment alle noch in der Wäsche, weil ich nicht zum Waschen gekommen bin, aber wir haben noch die Shirts zur Auswahl, die Hyunjin mir jedes Jahr zum Geburtstag besorgt hat, weil er sie lustig findet..."

"Ich mag nicht, wie das klingt, aber außer dir sieht es ja sowieso niemand, also ist es egal."

"Okay, also wir haben... Eins mit einem Bild davon, wie Hyunjin mit seinem Hund knutscht und der Aufschrift 'True Love never ends', eins mit einer Prideflagge, auf der Shakespeare mit einer Sonnenbrille zu sehen ist mit der Aufschrift 'Shakesqueer' und eins mit 'Daddy's little princess'. Du hast also die Wahl zwischen Pest, Cholera und der spanischen Grippe. Oder du schläfst ohne."

"Das mit Hyunjin und seinem Hund fällt raus und nackt schlafe ich nicht."

"Dann bleiben dir noch Cholera und die spanische Grippe. Was wählst du?"

"Spanische Grippe. Auch wenn beide Optionen wirklich nicht gut sind. Aber der Stoff sieht irgendwie bequemer aus."

"Ich weiß nicht, welches bequemer ist. Hatte bis jetzt nur eins davon an, weil Hyunjin mich gezwungen hat."

Er gab mir das Shirt und ich zog es an. Dann packte er die anderen beiden wieder weg und wir legten uns ins Bett. Ich kuschelte mich an ihn und auch, wenn er kurz ein wenig überfordert war, legte er seine Arme um mich und drückte mich sanft an sich.

"Ich liebe dich, Minho.", sagte ich und schloss die Augen.

"Ich liebe dich auch, Jisung.", antwortete er, woraufhin er mir einen Kuss aufs Haar gab. "Schlaf schön."

"Du auch."

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Her || Minsung Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt