Der seltsame Nachbar

102 16 28
                                    


Dies ist eine Kurzgeschichte von mir, die ich im Rahmen einer Verlagsausschreibung geschrieben habe. Die Vorgabe war, eine Geschichte in einer Helden WG zu schreiben. Was passiert, wenn typische Fantasyhelden in einer modernen WG zusammenleben? Bestes Vorraussetzungen für absolutes Chaos. Viel Spaß!


Der seltsame Nachbar

Mit der Macht eines Wirbelsturms flog die Tür zur Wohnung auf, sodass man das Krachen noch in den Zimmern darunter hören musste. Herein brauste ein Zeremonienaltar von einem Mann – wenngleich er mindestens doppelt so sperrig und nur halb so nützlich in Rungirs Augen war.

„Leute, schaut mal, was ich hier habe!", dröhnte er, wodurch Rungir sich beinahe mit seinem Dolch in den Finger schnitt. „Ich sag's euch, ihr werdet begeistert sein." Sein Blick fand den Schurken, der gerade verärgert Wetzstein und Waffe beiseitelegte und sich seinem Bruder und Mitbewohner zuwandte.

„Hogar, wie oft soll ich dir noch sagen, dass du die Türen nicht zuknallen sollst? Du weißt ganz genau, dass ..."

Was genau Rungir sagen wollte, ging in einem dumpfen *Poff* unter, das aus dem verschlossenen Zimmer neben dem Eingang drang. Nur Sekunden später quollen grüne Dampfwölkchen unter dem Türspalt hervor.

„Gratulation, da hast du es", wies Rungir den Barbaren zurecht. „Nervtötendes Ziegengemecker in drei ... zwei ... eins ..."

Wie auf Kommando flog die Tür auf und spuckte ihnen eine in Qualm gehüllte Gestalt entgegen. Hustend und keuchend stolperte der Mann über den Saum seiner Robe auf den Flur, strauchelte und stützte sich an der gegenüberliegenden Wand ab. Ein Wink seiner Hand und die Tür flog krachend zurück ins Schloss.

„Hogar, du Trampel!", fluchte er keuchend. „Wie oft soll ich dir eigentlich noch sagen, dass du die Türen nicht zuschlagen sollst?"

„Tschuldigung, ich hab nicht dran gedacht."

„Nicht gedacht, nicht gedacht", fauchte der Mann und rückte seinen Schlapphut zurecht. „Ja, das hätte ich mir eigentlich denken können."

„Reg dich nicht unnötig auf, Thyno", warf Rungir beschwichtigend ein und zog einen weiteren Dolch aus seinem Gürtel, um ihn in näheren Kontakt mit seinem Wetzstein zu bringen. „Du kannst es noch so oft sagen, Hogar wird es nicht lernen."

„Genau", meinte Hogar, der es für klug hielt, seinem Bruder zuzustimmen. „Wenn du dich nicht immer so in deinen Kram vertiefen würdest, dann hättest du mich schon auf der Treppe gehört."

„Was nichts Positives ist. Und jetzt lass mich vorbei!" Unwirsch drängte Thyno sich durch den Flur in Richtung Küche, stieß das Fenster auf und nahm einen tiefen Atemzug.

Hogar folgte ihm. „Darf ich ihn heute schubsen?", flüsterte er mit einem Fingerzeig auf den Magier.

Rungir schüttelte den Kopf. So sehr ihm dieser Gedanke auch gefiel, sie mussten irgendwie mit Thyno auskommen. Und ihn nicht zu provozieren schien ein guter Anfang zu sein. Leider reizte den dürren Choleriker alles.

„Wo ist mein Feentau?", setzte der Magier seine Meckerei fort, als er das Regal neben dem Fenster durchsuchte. „Ich brauche jetzt dringend einen Schluck. Erst gestern habe ich welchen gekauft, das weiß ich genau."

„Rungir hat ihn stibitzt", petzte Hogar ohne nachzudenken.

Thyno drehte den Kopf und warf dem älteren der beiden ungleichen Brüder einen vernichtenden Blick zu.

„Was?", fragte Rungir und hob fragend die Schultern. „Ich bin ein Schurke, was erwartest du von mir?"

„Echt, ich weiß nicht, wie ich auf die bescheuerte Idee kam, mir mit euch beiden eine Wohnung zu teilen."

I don't give a Fox!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt