Anekdoten aus der Uni #1

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Nach dem ernsten Thema letztes Mal heute wieder was witziges ^^ Es wurde Interesse an Erlebnissen aus meinem Studium geäußert. Nun denn, here we go!

Zunächst mal: Ich hab nicht von Anfang an Kunst studiert. Meine erste Fächerkombi war Mathe/Physik - die Killerkombo. Und das tut sie. Sie killt einen. Trotzdem war es mit die häufigste Kombi, die man bei Mathestudenten fand.

Lehramtstudenten mit der Killerkombo hab ich in Mathevorlesungen meist als diejenigen erlebt, die so ein klein wenig auf alle hinabsehen, die ein anderes Zweitfach als Physik haben. So war das Erste, was ich hörte, als ich zu Kunst gewechselt habe:

"Wie, du machst jetzt Kunst als Zweitfach? Mach doch was Ordentliches! Sowas wie Physik!"

Oder noch besser:

"Hey, dann bist du ja jetzt eine größere Lachnummer als A. mit dem Zweitfach Religion."

Okay, das waren alles noch Scherze. Scherze, die verschwanden, weil ich irgendwann die besten Stories aus dem Kunstfachbereich erzählen konnte. Ich beginne mal mit einer aus dem ersten Semester.


Die ästhetische Begegnung mit einer Tür

Was jetzt kommt ist ungelogen kein Witz.

In besagter Vorlesung ging es um Ästhetik (von griech. Aisthesis = Wahrnehmung - wie Kunstdozenten nicht müde werden zu betonen). Kunst hätte nichts mit Schönheit zu tun, sondern nur mit Wahrnehmung. Okay, so weit so gut.

Ästhetische Erfahrungen bestehen dann, wenn unsere Wahrnehmung aktiv wird und wir plötzlich etwas aus einem ganz anderen Blickwinkel betrachten, was eines der Ziele von Kunst ist.

Und jetzt kommt das Beispiel was ich so in der Vorlesung gehört habe:

Wenn ich durch eine Tür gehe, nehme ich die Tür einfach nur als ein Objekt war, welches zwei Räume trennt, und mit dem ich interagieren muss, um in den Raum dahinter zu gelangen. Wenn ich jetzt aber volle Fresse gegen die Tür laufe, weil diese gänzlich aus Glas besteht und ich sie nicht gesehen habe, dann habe ich in diesem Moment eine äasthetische Erfahrung mit einer Tür gemacht, weil ich sie anders wahrgenommen habe, als ich es gewohnt bin.

Leute, ihr könnt demnach Kunst machen, indem ihr euch wehtut - krass oder?

Und ihr könnt euch vorstellen, dass diese Geschichte immer wieder für Erheiterung sorgt. Ich habe sie inzwischen ziemlich oft erzählt. Spätestens, wenn ich in meinem Liebslingsgame Smite gegen den Gott Tyr (gesprochen = Tür) antreten muss. Zur Erklärung, dieser Gott macht Folgendes:


Vielmehr macht Tyr nicht, aber das nervt schon genug

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Vielmehr macht Tyr nicht, aber das nervt schon genug. Wenn mich das erwischt sage ich immer "Ich habe gerade eine ästhetische Erfahrung mit Tyr gemacht." In diesem gif hab ich drei Gegnern selbst die ästhetische Erfahrung gebracht - daraus folgt, ich muss als angehender Kunstlehrer öfter Tyr spielen, um Onlinegamern Ästhetik näher zu bringen xD Es ist inzwischen in meiner Gamergruppe zu einem Runninggag geworden xD


Bildinterpretationen - Was hat denn der Künstler damit ausdrücken wollen?

Ich denke, der Satz in der Überschrift ist einigen von euch aus dem Kunstunterricht bekannt. Nun, an der Uni geht man Kunst etwas anders an. Was der Künstler ausdrücken wollte, interessiert da so gut wie niemanden. Kann man es ja nicht wissen. Außerdem steht bei Kunst - wie eben schon gesagt - die eigene Wahrnehmung im Vordergrund. Interessanter ist also, was die Kunst in uns selbst auslöst und wie und wieso sie das tut.

Folgende Situation hat sich im zweiten Semester abgespielt. Ich hab ein Seminar mit dem Titel Unanständige Bilder besucht. Ja, ich weiß was ihr jetzt denkt, aber alle anderen Kurse waren voll! Und die Bilder, an die ihr dabei jetzt vielleicht denkt, wurden dort nicht gezeigt. Eher so Sachen, wo jemand eine heilige Mutter Maria mit Elefantendung gemalt hat, oder eine Photografie von jemandem, der auf eine Jesusfigur gepinkelt hat (No offense, ich will hier keine Christen beleidigen).

Anyway, es kam eine Diskussion darüber auf, dass ein solches Bild Empfindungen auslösen kann (hier zum Beispiel vermutlich Ärger). Die meisten Studenten machten aber den Fehler, sich an das zu halten, was sie aus der Schule gelernt haben. Ein solches Exemplar Student stellte also fest:

"Wenn mich also ein Bild traurig macht, dann wollte der Künstler mit dem Bild Trauer ausdrücken."

An dieser Stelle war ich tatsächlich so genervt, dass ich da einhaken musste und sagte, dass das doch total individuell sei. Ich nahm also das erstbeste Bild zur Hand, was ich in meinem Block fand. Dieses war ein ausgedrucktes Vorlesungsskript aus einer Mathevorlesung.

Dann sagte ich: "Dieses Bild wird vermutlich in den meisten von Euch Abneigung, Angst oder qualvolle Erinnerungen an die Schule hochkommen lassen. Ich hingegen verbinde damit Freude und Interesse. Was davon hat der Künstler, mein Mathedozent, jetzt ausdrücken wollen? Ich denke, er hat gar nichts ausdrücken wollen, sondern uns einfach das Mitschreiben während der Vorlesung ersparen."

Der ganze Kurs hat mich angeschaut, als sei ich verrückt.

Nur die Dozentin hat gelacht und das Beispiel gelobt xD

Und wenn ihr jetzt behauptet, dass ein Skript zu einer Mathevorlesung jetzt keine Kunst sei (was auch nicht sein muss, aber ein Bild ist es trotzdem und darum ging es), dann lest euch das hier durch:


Der Betrachter macht die Kunst


Habt ihr schonmal von Duchamp gehört? Der Typ hat gesagt, dass Kunst erst dadurch entsteht, dass der Betrachter sie überhaupt erst zu Kunst macht. Das Beispiel lautete "Oh, die Büroklammer ist ein solch nützliches und tolles Ding. Und trotzdem nimmt kaum jemand die Schönheit dieses Designs wahr. Also stelle ich eine Büroklammer auf einem Podest aus."

Das ist an der Stelle noch keine Kunst. Wenn der Betrachter jetzt die Büroklammer auf dem Podest sieht und denkt "toll, Wahnsinn, eine Büroklammer" und dann weitergeht, ist nichts passiert.

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Wenn der Beobachter sich die Büroklammer dann aber ansieht und sich denkt. "Wow, so hab ich die Büroklammer ja noch gar nicht wahrgenommen" (dann passiert das gleiche wie bei der Tür) und der Betrachter erhebt die Büroklammer in diesem Augenblick zu Kunst.

Somit sind wir also selber Schuld, dass Leute auch Exkremente ausstellen. Erst wir haben sie ja zu Kunst gemacht xD

Ich hab meine Freunde dahingehend wohl einmal zu oft belehrt. Zu meinem vorletzten Geburtstag haben sie mir tatsächlich eine Büroklammer auf einem kleinen, roten Podest geschenkt ...

Natürlich darf in einem solchen Seminar dann auch nicht die Diskussion fehlen, ob dann alles zu Kunst wird, wenn man es an die Wand hängt. Und ob der Feuerlöscher an der Museumswand dann auch zu Kunst wird ...

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Das erstmal zu Kunst. Wenn mir weitere Anekdoten einfallen, schreibe ich sie auf. Das waren die einprägsamsten xD

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