Kapitel 4 - Der erste Schultag

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Dunkelheit umfing Sirius. Nur die regelmäßigen, dumpfen Schläge und das darauf folgende schmerzerfüllte Stöhnen waren zu hören.
Doch die Schatten begannen sich zu lichten und gaben den Blick auf eine gekrümmt am Boden liegende Gestalt frei. Sirius erkannte sie sofort. Der große, dünne Körper, die dunkelblonden, dichten Haare und die Narben, die den gesamten Körper überzogen; Das war unverkennbar Remus. Immer wieder trafen ihn die Schläge einer Person, die sich nun auch allmählich vor Sirius materialisierte.
Eine düstere Gestalt. Eine Frau mit langen schwarzen Haaren. Seine Mutter!
“NEIN!” , schrie Sirius, als ihm endlich gelang, die Szene vor ihm zusammenzusetzen.
“Lass ihn in ruhe!”
Sirius stürzte sich auf Walburga und drängte sie von Remus weg.
“Er ist ein dreckiger Werwolf!”, schimpfte seine Mutter, “So ein Umgang bringt schande über uns! Über die gesamte Familie Black! Ich will mir gar nicht vorstellen, was ihr schon alles miteinander getrieben habt! Diese Viecher sind unberechenbar und widerlich!”
Sirius ließ mit Tränen in den Augen von seiner Mutter ab und beugte sich über den am Boden liegenden Werwolf. Sanft strich er ihm einige verirrte Haarsträhnen aus dem Gesicht und half ihm vorsichtig, sich aufzusetzen.
“Alles gut?”, fragte er verängstigt, doch ehe er eine Antwort zu hören bekam, schrie seine Mutter erneut.
“WIDERLICH!”
Nur wenige Augenblicke später stand sie mit gezogenem Zauberstab vor Sirius und sprach mit bedrohlicher Stimme den Fluch, den Sirius schon seit seiner frühesten Kindheit zu fürchten gelernt hatte: “Crucio!”
Augenblicklich erfasste ihn ein unbeschreiblicher Schmerz. Wimmernd krümmte er sich am Boden. Immer wieder durch fuhren ihn die Schmerzwellen, seine Muskeln krampften und er hoffte auf eine schnelle Erlösung, in welcher Form auch immer sie kommen mochte.
Walburga schien seinen Wunsch erfüllen zu wollen, denn sie sprach bereits den letzten, in diesem Moment wie ein Segen erscheinenden Fluch: “Avada Ked....”

Doch bevor sie ihr grausames Werk vollenden konnte wurde Sirius aus dem Schlaf gerissen.
“Wach auf Sirius!”, schrie James ihm praktisch direkt ins Ohr. “Wenn du noch länger schläfst verpasst du das Frühstück.”
Noch ein wenig orientierungslos schaute Sirius sich im Schlafsaal um. James hatte sich nur ein Handtuch um die Hüfte gewickelt und von seinen nassen Haaren begannen sich die ersten Tropfen zu lösen, die auf Sirius veschwitztem Gesicht landeten.
Halb von James verdeckt konnte er Peter erkennen, der versuchte seine Krawatte zu binden, was ihn selbst nach fünf Jahren noch rehlemäßig verzweifel ließ. Nur Remus konnte er nirgends entdecken.

“Du siehst aus, als wäre der blutige Baron hier reinspazier.”, kommentierte James Sirius Geschichtsausdruck, “Schlecht geschlafen?”
“Schlaf? Kann mir das jemand genauer erklären?”, erwiderte Sirius und rang sich ein hoffentlich zumindest halbwegs glaubhaftes lachen ab.
James schüttelte nur den Kopf und murmelte etwas von wegen “Jungs in der Pubertät”.
Langsam gelang es Sirius sich aus dem Bett zu bewegen und in seine Schulkleidung zu schlüpfen. Remus hatte sich immer noch nicht blicken lassen, doch keinen der anderen schien das zu stören. Trotzdem konnte Sirius nicht aufhören, sich sorgen zu machen. Gestern noch war er mehr tot als lebendig gewesen. In der Nacht hatte er diese herzzerreißenden Schmerzensschreie von sich gegeben und dann hatte Sirius selbst auch noch einen mehr als nur beunruhigenden Traum gehabt. Zwar würde er sich nicht als abergläubisch bezeichnen, aber er hatte auch ohne den Traum definitiv genug Gründe, um sich Sorgen zu machen.

Wenige Minuten später war Sirius zusammen mit James und Peter auf dem Weg in die große Halle.
“Kommt Remus nicht mit?”, traute er sich jetzt endlich zu fragen.
“Nein”, antwortete Peter, “Er musste sich heute morgen mit McGonagall im Krankenflügel treffen. Sie hat gestern wohl doch mehr mitbekommen als wir dachten”
“Ist vielleicht besser so”, überlegte James, “Er sah echt nicht gut aus. Irgendwas ist diesen Monat anders. Wir haben ihn schon oft kurz nach der Verwandlung gesehen und nie hatte ich das gefühl, dass es so schlimm ist.”
“Ja”, stimmte Sirius zu und musste unwillkürlich an die letzte Nacht denken, “Wir müssen irgendwas tun, um ihn aufzuheitern.”
“Wir könnten ihm ein paar Bücher vorbeibringen”, schlug Peter vor.
“Und Sirius und Ich besorgen noch ein paar Schokofrösche aus dem Honigtopf”, fügte James voller enthusiasmus hinzu. Sirius stimmte zu und obwohl die Aufmerksamkeit dieses mal nicht ihm galt, ließ der Gedanke an diese außergewöhnlichen Freunde ein warmes Gefühl in ihm aufsteigen.

Meet me at Fullmoon [Wolfstar]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt