2 - Rotes Blut auf weißem Schnee (2)

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Der Tag zog sich unnötig in die Länge und Ashley erwischte sich immer wieder, wie sie sich wünschte nicht zu studieren und sich einfach nur um ihr Rudel zu kümmern. Wozu all dieses unnütze Wissen, wenn man sich eine Klinge besorgen und einem unnötigen Schwein die Kehle aufschneiden konnte?
Andererseits hatte sie sich dieses Doppelleben selbst ausgesucht. Für Liv, einigermaßen, aber auch ihrer... es schüttelte sie kurz... ihrer Menschlichkeit wegen.
Es gab zu ihren Begebenheiten eigentlich keinen Sinn empathisch zu sein, doch bedachte man den Teil ihres Lebens, in dem sie Liv's beste Freundin war, musste sie wohl auch das beherrschen. Nur in wenigem Maße und auch nur, wenn sie bei ihr war, aber trotzdem war es da.
Dieses seltsame Mitgefühl das zuließ, dass sie sich von Layla teils gemobbt und genervt fühlte.

Am Ende war einem Mitgefühl und Empathie nur im Weg, denn in einer selbstsüchtigen Welt konnte nur der Selbstsüchtige erfolgreich sein!

Und dann noch die Eröffnung von Liv, dass sie heute Abend in das neue Café gehen würden, das angeblich so toll war! Und natürlich musste sie Layla einladen, denn anscheinend, war sie nun ihre beste Freundin mit der sie über Kunst quatschen konnte.
Justins: „Nicht eifersüchtig werden, Ash.", half ihr da genauso wenig. Nun musste sie sich schöne Klamotten heraussuchen um Layla auszustechen und nebenbei auch noch gute Miene für Liv spielen.
Beinahe hätte sie ihr Mittagessen wieder auf den Tisch gekotzt.

Selbst Stunden später im heimischen Whirlpool schaffte Ashley es nicht sich zu entspannen. Es war wie ein verdammter Teufel, der in ihrem Gehirn Amok lief und jede einzelne Zelle mit Layla füllte, die es gab.

„Wo gehst du denn hin?", fragte Luise verwundert, als Ashley sich gerade ihre Lederboots schnürte.
Sie hatte einen Korb mit Wäsche unter dem Arm und eine Augenbraue beinahe mütterlich mahnend erhoben.
„Liv will in ein Café.", erklärte sie kurz angebunden und kämpfte mit dem Schnürsenkel.
„Ein Stripcafé?", neckte Luise und biss sich auf die Unterlippe um nicht zu kichern.
Nun, die Hotpants, die Netzstumpfhose und das Bauchfreie Top, sowie die Lederjacke, waren nun wirklich nichts womit man in ein Café ging.
„Nein?", kam es patzig von Ashley als sie aufstand.
Luise kicherte und flüsterte: „Wen willst du denn dann beeindrucken?"

Darauf antwortete Ashley gar nicht, sondern schnappte ihre Tasche und begab sich nach draußen, wo ihr Fahrer schon wartete.
„Bitte verhütet, ja?!", kreischte Luise ihr noch halbherzig nach und am liebsten hätte Ashley ihr ihren Mittelfinger gezeigt, wären ihre Hände nicht mit Handy, Tasche und Lippenstift überfordert.

Pünktlich um Acht blieb der teure Mercedes vor dem Café stehen und Ashley klappte kurz der Kiefer hinunter.
Es war klein aber doch etwas Besonderes. Die Terrasse auf der man sitzen konnte hatte als Abgrenzung Wasserfälle und die Außenfassade war durch und durch schwarz, sowie fast alles, wie Ashley feststellen musste.

Am Eingang warteten bereits ihre Freunde und sie stolzierte mit einem breiten Grinsen auf diese zu, bekam bei Liv's Blick jedoch leicht Bauchweh. Die Kiefermuskeln ihrer Freundin waren angespannt und sie betrachtete Ashley missmutig.
Ihre Augen suchten die Gegend ab und kurz überlegte Ashley ob sie nicht einfach sofort umdrehen und wegrennen sollte.
Kopfschüttelnd schluckte sie.
Was sollte das denn? Sie durfte wohl noch in ein Café gehen wie sie wollte.
„Wusste nicht, dass das hier ein Stripclub ist.", kam es dann plötzlich von Liv und Ashley zuckte zusammen. Sie sparte sich die Erklärung, dass keine Stripperin so in einen Club gehen würde und seufzte durch zusammen gebissene Zähne.
Alle Blicke lagen nun auf ihr und Justin pfiff anerkennend durch die Zähne.
„Alter?!", fuhr Liv herum. „Sporn sie nicht auch noch an! Man sollte sich schämen so weg zu gehen! Das ist nuttig!"

Stimmt, fiel es Ashley ein, Liv hatte sie noch nie so gesehen. Sie hatte immer versucht für sie normal auszusehen, aber heute war ihr das entfallen, denn eine ganz andere Person hatte ihren Kopf gefüllt. Diese trat nun auch gerade auf die kleine Gruppe zu und begrüßte sie mit:
„Hey, warum nuttig?"
Liv drehte sich mit einem breiten Lächeln zu Layla, welches aber sofort erstarb.
Selbst Ashley blieb bei ihrem Outfit die Spucke weg.

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