Auszug aus dem Tagebuch von Masch K[...] (1 Jahr, 1 Monat vor dem Mord)

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Heute Nacht bin ich aufgewacht, weil ich ein seltsames Geräusch hörte.

Wir waren heute lange auf einer schlechten Party auf der es nur süßes Bier und Sekt gab. Die Gastgeberin war eine niedliche Rothaarige, die ganz offensichtlich sehr verliebt in Riku ist, allerdings keine Ahnung hat, was eine große Haus-Party von einem normalen Oversleep-Mädchenabend mit ihren Freundinnen unterscheidet. Sie verbarg ihre Enttäuschung nur sehr schlecht, als sie feststellte, dass Riku uns mitgebracht hatte und war auch nicht besonders erfreut mich kennen zu lernen. Dako ist allerdings sehr schnell wieder gegangen, weil er Kopfschmerzen hatte. Yama und Mikki hielten etwas länger durch, weil die Rothaarige eine gemeinsame Freundin ist. Aber auch sie langweilten sich so schlimm, dass Yama in kurzen Abständen den ganzen Kühlschrank leer fraß und Mikki in unsere Richtung immer Gestiken machte, die pantomimisch darstellen sollten, wie sie sich selbst erhängte, erschoss oder Harakiri beging. Riku und ich hingen am Pool rum und soffen ekelhaftes Holunder-Bier, das wir mit Schnaps aus meinem Flachmann streckten, bis das erste Mädchen im Sekt-Rausch in das Wasser kotzte. Dann sind wir gegangen. Riku ist dann noch mit zu mir gekommen, um etwas zu kiffen. Er war beleidigt, weil ich nur noch so wenig Gras hatte, wollte aber auch nichts von meinen anderen Drogen haben. Während wir auf meinem Laptop „High Noon“ guckten, schliefen wir ein...

Dann war da dieses Geräusch. Ich bin aufgewacht davon. Es ist schwer zu beschreiben. Erst dachte ich ein Käfer hätte sich in meinem Ohr verlaufen. Yama hatte mal erzählt, dass ihm das beim Zelten passiert ist und er hören konnte, wie der Käfer in seinem Ohr gezappelt hat und schließlich gestorben ist. Etwas wie ein dumpfes Kratzen. Aber weiter weg. Nicht in meinem Ohr. Vielleicht eine Maus in der Wand? Im 17. Stockwerk?

Da war noch dieses Erlebnis von dieser Stimme im Bad an das ich mich erinnert fühlte. Deswegen konnte ich es nicht einfach ignorieren.

Ich richtete mich auf. Schrack leicht zusammen als Riku sich neben mir bewegte. Es ist nur eine Maus in der Wand, dachte ich. Warum bin ich so nervös?

In meiner Wohnung gibt es nicht viel Licht. Eigentlich nur in der Küche. Im Flur gar nicht und im Bad auch nicht. Wenn man das Bad benutzt empfielt es sich ein Handy mitzunehmen oder die Tür offen zu lassen, damit Licht aus der Küche reinfällt. Für mich reicht es eben. In meinem Zimmer habe ich eine Schreibtischlampe, die neben meiner Madratze steht. An Rikus Seite des Bettes steht noch der Laptop, wo Gary Cooper gerade den bösen Jungs gegenüber tritt und zielsicher zu seiner Waffe greift. Der Schwarzweißfilm auf dem Bildschirm gibt gerade genug Licht ab um Rikus Jacke mit dem Zebra-Muster zu beleuchten, die er als Kopfkissen benutzt. Ich greife über Rikus schlafenden Körper hinüber, um sie anzuknipsen. Dabei spürte ich meinen Herzschlag ganz oben in der Brust. Alles gut, alles gut. Chill dich. Was soll hier sein? Ein Einbrecher? Niemand bricht in so einer Gegend ein. Was soll er dir klauen? Die alte Dose Kirschsaft, die seit deinem Einzug im Schrank steht ist wahrscheinlich das wertvollste hier.

Knipps.

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