Auszug aus dem Tagebuch von Masch K[...] (1 Jahr 5 Tage vor dem Mord)

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Riku hat mich zu einer kleinen Feier mitgenommen, die sich im Nachhinein als Orgie erwies. Die 150 einfachen Passionen...

„Warum hast du mich nicht gewarnt?“, fragte ich ihn, während ich versuchte die junge Dame neben mir zu ignorieren, die wunderbar langsam ihre Hand zwischen ihren fülligen, dunklen Schenkeln bewegte. Riku drückte mich an den Schultern auf die Couch neben die Frau herunter und meinte nur gleichgültig:
„Wenn ich es dir gesagt hätte, wärst du nicht mitgekommen., du kleiner Schisser.“

Daraus konnte ich ihm nicht einmal einen Vorwurf machen. Rikus Sucht nach Gesellschaft ist bisweilen größer, als sein Bemühen selbst eine gute Gesellschaft zu sein.

Er grinste auf seine einzigartige Art auf mich herab.

„Solange wir uns jetzt kennen, habe ich dich nicht einmal mit einem Mädel gesehen. Ich meine, vielleicht ahst du Komplexe wegen den fetten Joker-Narben in deinem Gesicht oder dem kaputten Auge oder deiner grauen Haare oder deinem krummen Rücken oder deinem Bauchansatz oder wegen diesem schwulen Tattoo auf deinem Unterschenkel... was soll das eigentlich sein? Ein Schlumpf?“

„Das ist ein Ygma-Draag von La planète sauvage, du Höhlenmensch.“

„Auf jeden Fall ist das kein Grund dich zu verkriechen. Du hast schöne, trainierte Arme und eine sagenhafte Stimme. Frauen sind nicht so wählerisch. Und hier mal gar nicht.“

Mit diesen Worten zog er sich das Shirt über den Kopf und warf es mir auf den Schoss.

„Na? Was sagst du?“

Ich blickte für einen Moment auf seinen flachen Bauch mit den Schriftzug „Don't grow up, it's a trap“ in grober Black-Bloc-Schrift über seiner Hüfte und den beiden dezenten, schwarzen Punkte in seinem Nabel.

„Was soll ich sagen?“

„Wie wärs mit 'Danke', du Penner!“

„Danke, du Penner...“

Rikus Grinsen wurde noch breiter: „So gefällst du mir!Pass auf, damit hier keiner denkt, wir gehören zusammen, trennen wir uns mal. Da drüben wartet nämlich schon Jemand auf mich. Wenn ich dich wiedersehe, dann hast du mindestens ein Mädchen im Arm, kapiert?“

Dann verschwand er in diesem unwirklichen Raum voller Nacktheit. Rüber zu einem Mädchen mit rundem Gesicht und westasiatischen Zügen. Sie hielt ein Glas mit Zuckerrand in der Hand war in einen offnen Seiden-Kimono gehüllt mit orange-blauen Drachen darauf. Riku tippte sie von hinten an, sie umarmte ihn strahlend. Dann küssten sie sich und verschwanden wenig später. Ich werde nie verstehen, wie jemand der so dünn und schlacksig ist, wie er, so viele Damen um sich scharen konnte. Es ist wahrscheinlich einfach seine offene, flirtende Art, die es den Menschen leicht macht ihn zu mögen... oder sich in ihn zu verlieben.

Die ganze Sache war mir ziemlich peinlich. Ich scheine zu wenig voyeuristisch und zu wenig exhibitionistisch veranlagt zu sein, um einen Nutzen aus solchen Partys zu ziehen. Als die Dame neben mir sich stöhnend ihrem Höhepunkt näherte, verzog ich mich auf den Balkon und rauchte. Einmal. Zweimal. Dreimal. Ging kurz wieder rein, um mich aufzuwärmen. Ging wieder raus, rauchte noch Eine. Diesesmal mit Gras. Einmal... Zweimal...

Zu diesem Zeitpunkt nahm ich schon seit drei Wochen Ritalin und hatte in dieser Zeit insgesammt vielleicht 15 Stunden geschlafen. Mein Körper fühlte sich wie betäubt an. Die Drogen hielten mich wach, aber es war ein sehr künstliches, widerliches Gefühl. Als würde mir jemand einfach immer die Augen aufhalten. Während mein Körper sich so sehr nach Ruhe sehnte, dass ich letztens in der Bahn spontan zu weinen angefangen habe. Wie ein Kind.

Als es draußen zu regnen anfing, ging ich rein und rauchte den Joint drinnen. Der Teppig auf den ich mich legte, war schwarzrot, wie dunkles Blut und genauso weich, wie der Boden in Springs Wohnung. Mein Blick hing dabei die ganze Zeit an einer schönen Frau, etwa 25 Jahre, vielleicht älter, die auf dem Tisch neben mir tanzte. Sie trug nichts außer einem lila-schwarzen Korsett, das locker um ihrer Tailie saß und ihre kleinen Brüste nicht bedeckte. Sie war eigentlich zu dünn für meinen Geschmack, aber ihr Hintern war fantastisch. Die ganze Frau war Gestallt gewordene Herrlichkeit! Ihre trockenen Locken waren grau-blond und an einer Seite in einem kaum erkennbaren, ausgewaschenen Flieder-Ton. Mit perfekten Lippen schenkte sie mir ein hinreißendes Lächeln und zeigte mir eine wunderschöne Zahnlücke. In ihren Ohren steckten große Tunnel aus Holz und sie hatte einen Ring in einer Augenbraue. Überall auf ihrem zarten Körper waren Sommersprossen. Sogar an der Stelle, die ich mir nicht anzuschauen wagte. Dabei zerfloss sie vollständig in einem Rock-Pop-Song, der irgendwie gar nicht in diesen Sextempel passen wollte. Als sie merkte, dass ich sie beobachtete, hielt die den Augenkontakt. Auf ihrer Hüfte war ein Tattoo von dem Kanninchen aus dem Disney-Film „Bambie“. Hinter ihr brach sich das Licht. Der Jonint hatte mich mitlerweile vollkommen in die andere Welt befördert. Ich war und bin mir sicher, dass ich in diesem Moment Gott gesehen habe. Gott ist eine dürre, kleine Stripperin mit einem Disney-Tattoo direkt neben ihrer Sommersprossen bedeckten Muschi. Alles wird gut werden!

Ich führte den Joint noch ein letztes Mal zum Mund. Dann schlief ich ein. Alle Drogen der Welt hätten das nicht mehr verhindern können. Ich fiel regelrecht in Ohnmacht. Und das letzte, was ich dachte, woran ich mich aber nicht mehr wirklich erinnern kann, war, dass ich Riku sagen musste, er solle den Porno abstellen. Es ekelte mich an das zu sehen. Zwei Konsumenten beim Konsum. Aber irgendetwas stimmte nicht... Ich habe eigentlich nichts gegen Pornos. Ich kann mich nur beim besten Willen nicht mehr daran erinnern, was genau falsch damit war...

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⏰ Letzte Aktualisierung: Feb 25, 2015 ⏰

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