Am nächsten Vormittag machte er sich auf den Weg zu Katsukis Wohnung. Er trug seine warme Winterjacke und einen roten Schal. In der Hand eine Schachtel Kekse. Seine Mutter hatte sie gebacken, weil sie diese als Kinder so gerne mochten. Es wehte ein eisiger Wind, doch die Sonne lachte von einem strahlend blauen Himmel. Je näher er dem Haus kam, desto langsamer wurden die Schritte. Und als er vor der Tür stand, fand er die Idee hierherzukommen, als etwas überhastet. Er war kurz davor die Nerven zu verlieren. Vielleicht war Kacchan auch gar nicht da. Seine Kehle war staubtrocken. Die Hände schweißnass. Seit wann war er so ein Feigling? Er nahm allen Mut zusammen und klingelte. Es dauerte einen Moment, dann wurde die Tür geöffnet. Schlagartig wich jegliche Farbe aus seinem Gesicht und er zitterte wie Espenlaub im Wind.
„Deku, was machst du denn hier?" Er sah ihn mit großen Augen an.
„Äh, na ja i... ich dachte, i... ich besuche dich mal." Er fuchtelte mit den Armen herum. „Aber wenn es dir nicht passt, geh ich wieder." Er drehte sich auf dem Absatz um, als eine Hand fest nach seinem Arm griff.
„Hiergeblieben! Was hast du da?"
Izuku drehte sich langsam wieder um. „Ähm, das sind Kekse von meiner Mutter. F... Für dich."
„Na dann gib sie mir doch! Du Idiot!"
„Oh ja, natürlich." Er streckte ihm die Schachtel hin. Schlagartig glühten seine Wangen feuerrot.
„Jetzt komm schon rein!"
Er folgte Katsuki in die Wohnung. Als er das letzte Mal hier gewesen war, besuchte er noch in die Grundschule. „Wenn ich deine Nummer gehabt hätte, hätte ich dir eine Nachricht geschickt."
„Keiner hat meine Handynummer. Nur meine Eltern. Und Shoto hatte sie auch."
„Verstehe." Wie dumm zu glauben Kacchan würde ihm seine Nummer geben. Er war ein Niemand für ihn.
„Booow dein Ernst? Das sind ja selbstgebackene Erdnusscookies mit Karamellstücken."
„Du musst sie nicht essen, wenn du sie nicht magst. Wirf sie einfach weg."
„Halt die Schnauze, Deku! Ich liebe diese Dinger. Oh Mann, wie lange ich die schon nicht mehr gegessen habe." Er strahlte wie ein Kind am Weihnachtsabend. „Setz dich! Ich mach uns Tee."
Kacchan so lächeln zu sehen, ließ ihm das Herz aufgehen. Und jetzt machte er ihnen Tee. Das war so etwas wie eine Premiere. Es war nur einfacher Tee, und er interpretierte da zu viel hinein, dennoch er konnte nicht anders, als glücklich zu grinsen. Freudestrahlend setzte er sich aufs Sofa. Er hatte damit gerechnet, dass er ihm die Tür vor der Nase zuschlagen würde, aber sicher nicht, dass er Tee kochte. Vielleicht war er ja doch kein Niemand. Sein Freund kam mit einem Tablett ins Wohnzimmer. Er hatte die Kekse auf einen Teller gelegt und der Tee dampfte in der Kanne. Er stellte es auf den Tisch und setzte sich ihm gegenüber. Dann griff er nach einem der Cookies und biss genüsslich davon ab.
„Oh Scheiße, sind die lecker. Was ist? Nimm dir auch einen!"
Izuku schüttelte den Kopf. „Die sind doch für dich."
„Ich sagte ja auch nur einen", knurrte Katsuki. „Mach schon!"
„Okay, danke..."
Katsuki schenkte ihnen Tee ein und nahm sich einen zweiten Keks.
„Hast du heute Fernsehen gesehen?", fragte Izuku. „Sie werden die U.A. Ende Januar wieder eröffnen. Offensichtlich gibt es in Japan noch ein paar Kids mit Quirks, so wie wir. Ich kann es kaum erwarten."
Katsuki ließ den Kopf sinken. „Ich weiß noch nicht, ob ich an die U.A. zurückkehren werde."
„Was? Aber wieso denn?"
„Niemand braucht mehr Superhelden. Und die Menschen werden schnell feststellen, dass sie ohne sie besser dran sind. Meine Alten haben eine kleine Apotheke. Vielleicht geh ich an eine normale Oberschule und danach an eine Uni und werde Apotheker. Oder was auch immer."
„A... Aber das kann nicht dein Ernst sein." War er jetzt gänzlich durch den Wind? Kacchan - Apotheker? Das konnte nur ein sehr schlechter Witz sein. Als wollte man einen Bock zum Gärtner machen. Völlig abwegig. Was sollte das?
„Die Menschen mit Quirks sind eine aussterbende Rasse. Die Kinder, die noch keine Spezialität entwickelt haben, werden auch keine mehr bekommen. Irgendwann wird ‚One for All' die letzte Superheldenkraft sein, da sie weitergereicht werden kann. Es gibt keine Heldenagenturen mehr und keine Schurken, die zu bekämpfen wären. Also frag ich dich, wo liegt der scheiß Sinn darin?"
„Aber Kacchan, die Menschen werden immer unsere Hilfe brauchen. Es wird auch weiterhin Verbrechen geben oder Unfälle. Und könnten wir nicht unser eigenes Heldenbüro aufbauen?"
„Du willst mit mir zusammen eine Agentur gründen? Ausgerechnet mit mir? Ernsthaft?"
Tränen schimmerten in Izukus Augen. „Um ehrlich zu sein, träume ich seit unserer Kindheit davon. Mag sein, dass es nur ein dummer Kindheitstraum ist. Aber daran hat sich nichts geändert. Bitte, komm mit mir zurück an die U.A. und werde der Held, der du schon immer sein wolltest. Die Menschen brauchen dich. Ich brauche dich." Er konnte die Tränen nicht länger zurückhalten und sie liefen ungehindert über sein schmerzverzerrtes Gesicht. Er wandte sich ab. Kacchan sollte ihn nicht so sehen, heulend wie ein kleines Kind. Schon wieder.
Katsuki setzte sich neben ihn und legte eine Hand auf seine Schulter. „Hey, hast du Lust auf ein Videospiel?"
„Was?"
„Mir war die ganze Zeit scheiß todsterbenslangweilig. Da dachte ich, wir könnten uns die Zeit mit einem Spiel vertreiben. Was denkst du?"
Izuku wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und nickte.
„Gut, dann hol ich die Konsole."
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MY HERO II
FanfictionEr würde für seinen Kameraden da sein. Sein Licht in der Dunkelheit. Seine Orientierung. Er würde ihm den Halt zurückgeben, den er verloren hatte. Das Leuchten in seine Augen zurückbringen. Er würde die Finsternis von seinem Herzen fernhalten. Verhi...