Ein Date

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Es war bereits dunkel, als Deku wach wurde. Im Zimmer brannte die Nachttischlampe. Katsuki saß auf der Bettkante mit den Ellenbogen auf den Oberschenkeln und dem Gesicht in den Händen vergraben. Izuku bemerkte, dass er weinte. Er rückte zu ihm. Schlang die Arme um seine Brust. Die Beine um den Bauch. Dann legte er den Kopf an seinen Rücken. Hörte seinen Herzschlag.

Er wischte sich schnell die Tränen weg. „Du bist wach?"

„Ist es wegen Shoto?", fragte er vorsichtig. Er war sich bewusst, auf was er sich eingelassen hatte. Shoto würde immer ein Teil von ihm sein. Aber er kam damit klar ihn zu teilen. Und 50 Prozent von Kacchans Liebe waren genug. Aber war sich sein Freund dem auch bewusst gewesen?

Katsuki nickte. „Ich dachte, ich komm damit klar, und das werde ich, aber gerade schnürt sich etwas um mein Herz, das wehtut."

Tränen liefen unabsichtlich über Izukus Wangen. Kacchans Schmerz brannte ihm auf der Seele. Plötzlich schlang sich Angst um seine Seele. Würde er je genug sein, um die Lücke zu füllen, die Shotos Verlust hinterlassen hatte? „Ich verstehe das. Für mich ist es okay, aber bitte stoß mich nicht wieder weg. Ich liebe dich doch so sehr."

Katsuki sagte nichts.

„Bereust du es?" Seine Stimme brach und er klammerte sich verzweifelt an ihn. Zitterte am ganzen Leib.

Ruckartig drehte sich Katsuki um und sah Izuku erschrocken an. „Scheiße, wie kommst du denn darauf? Deku bitte, nicht weinen. Du bist doch mein kleiner Superheld. Du hast meinem Leben wieder Sinn gegeben. Ich würde sterben ohne dich. Ich frage mich, wie du mich überhaupt lieben kannst nach allem, was ich dir angetan habe. Und ich habe Angst, dass du dich eines Tages dasselbe fragen wirst. Shoto hat einen besseren Menschen aus mir gemacht, aber das heißt, noch lange nicht, dass ich dir nie wieder wehtue. So wie gerade eben. Das macht mir Angst. Ich will dich nicht verlieren."

Eng umschlungen saßen sie schweigend da. Jeder hing seinen Gedanken nach.

Nach einer Weile löste sich Izuku. „Kann ich duschen, bevor ich nach Hause gehe?"

„Klar, aber lass uns wenigstens noch etwas essen. Ich habe Pizza da."


Sie standen vor Izukus Haus. Die Laterne auf der anderen Seite erhellte die Straße nur bedingt. Izuku hatte wie Katsuki die Hände in der Jackentasche vergraben. Ihr Atem bildete Nebelwölkchen vor ihren Gesichtern.

„Danke, dass du mich begleitet hast. Aber es wäre nicht notwendig gewesen." Izuku zog die Schultern hoch und vergrub die Hände noch tiefer in seiner Jacke.

„Doch das war es", meinte Katsuki und schlang die Arme um ihn. „Hättest du vielleicht Lust, morgen in diese Smoothie-Lounge zu gehen? Du weißt schon... Also mit mir. Ich würde dich gerne einladen?"

„Ein Date?"

Katsuki lächelte. „Ja verdammt! Ein scheiß Date."

„Ja, ich würde mich freuen." Er nahm eine Hand aus der Tasche, legte sie in sein Genick und küsse ihn zum Abschied.

Izuku lag todmüde in seinem Bett und starrte die Zimmerdecke an. Sie waren jetzt also ein echtes Liebespaar. Er konnte es eigentlich nicht glauben. Zu lange war er unglücklich verliebt gewesen. Seit sie klein waren, hat er zu Kacchan aufgeschaut. Er war sein Vorbild, sein Idol. Er war immer das gewesen, was er sein wollte. Sein persönlicher Superstar, den er erst angehimmelt hatte und dann abgöttisch geliebt. Er war immer der Größte, der Stärkste, der Klügste, der Mutigste für ihn. Katsuki kannte nur eine Richtung, und zwar nach vorne. Wenn er zurückwich, dann nur, um Anlauf zu nehmen. So war er heute noch. Sie waren als Kinder die besten Freunde gewesen und er kannte ihn besser als er sich selbst. Doch später, als Katsuki sein Quirk bekam und er selbst keine Spezialität hatte, hatte er ihn oft schlecht behandelt. Ein Grund dafür war sicher, dass Kacchan nicht damit umgehen konnte, dass sein bester Freund ein Normalo war und nicht mit ihm mithalten konnte. Hilflosigkeit, Wut und Verzweiflung hatten ihn geprägt. Während seine Spezialität immer stärker wurde, musste er machtlos zusehen, wie sein Freund auf der Strecke blieb und sie sich immer weiter voneinander entfernten. Sozusagen in zwei Welten leben mussten. Bestimmt gab es noch mehr Gründe. Ihm war das immer egal gewesen. Er hatte dennoch zu Kacchan gehalten.

Als Izuku dann One for All von All Might erhielt und an der U.A. Oberschule aufgenommen wurde, glaubte sein Freund, dass er ihn hintergangen hatte, um ihn zu demütigen. Ohne dass er es wollte, wurden sie erbitterte Rivalen. Erst als All Might Katsuki alles erklärte, verbesserte sich ihr Verhältnis etwas und er hasste ihn wenigsten nicht mehr so sehr. Doch in all der Zeit hatte er mehr für ihn empfunden. Egal wie oft er ihn weggestoßen hatte, er liebte ihn um seiner selbst, denn er wusste, was für ein großes Löwenherz er hinter den Mauern besaß. Auch wenn er überzeugt war, das Kacchan ihn nie lieben würde. Als er dann mit Shoto zusammen kam, begrub er die Hoffnungen und gab ihn auf. Auch weil er ihn noch nie glücklicher gesehen hatte. Zumindest sein Kopf tat das, in seinem Herzen glomm die Liebe weiter. Und jetzt, als es eigentlich keine Zukunft mehr für sie gab, hatte sich das Blatt gewendet. Es grenzte für Izuku an ein Wunder. Er wusste nicht wann oder warum es geschehen war, aber Kacchan schien ihn tatsächlich zu lieben und zu begehren. Und es stellte sich heraus, dass Katsuki nicht nur ein toller Mann und Superheld war, er war auch noch ein toller und einfühlsamer Liebhaber. Was konnte er sich noch mehr wünschen? Wenn er nur daran dachte, in was für Sphären in sein Liebster katapultiert hatte, lief ihm ein Kribbeln durch den Körper, das er bis in die Spitze seines besten Stückes spürte. Unwillkürlich legte sich ein zartes Rosa auf seine Wangen. So etwas hatte er sich noch nicht mal in seinen wildesten Sexträumen erhofft. Was würde erst geschehen, wenn sie noch weiter gingen? Kacchan hatte sich total zurückgenommen, nur um ihm dieses Erlebnis zu bereiten. Wie sehr er ihn liebte und natürlich nicht nur für das. Schon jetzt vermisste er ihn jede schrecklich lange Sekunde. Morgen hätten sie ihr erstes offizielles Date. Er konnte nicht verhindern, dass sich ein paar Hummeln in seinem Bauch einnisteten. Seine Brust füllte sich mit einem warmen Gefühl und so schlief er endlich ein.


Die Smoothie-Lounge sah aus wie ein amerikanisches Diner im Retrostyl. Schachbrettfliesen und rote Kunstleder-Sitzbänke. Es gab frisch gepresste Säfte, Smoothies, alkoholfreie Cocktails und verschiedene Milchmixgetränke. Neugierige Blicke trafen sie. Ihre Gesichter waren vor kurzem noch oft über das Fernsehen geflimmert. Sie gehörten zu den letzten verbleibenden Superhelden in ganz Japan. Was sie fast zu so etwas wie eine Attraktion machte. Jeder wollte ihnen die Hände schütteln und sich bei ihnen bedanken. Izuku genoss die Aufmerksamkeit. Kacchan nahm es einfach nur hin, wie eine extrem lästige Pflichtaufgabe. Irgendwann wurde es ihm zu blöd. Er legte den Arm um Dekus Hals und zog ihn fort. Entschuldigend fuchtelte er mit den Händen, ergab sich dann aber seinem Freund. Die Bedienung kam auf Rollschuhen an ihren Tisch. Er bestellte sich einen Blaubeershake mit Sahne und Katsuki nahm das Gleiche.

„Ich kann es noch gar nicht glauben, dass du jetzt mein fester Freund bist."

„Glaub's ruhig. Und ich sag's dir gleich, ich bin scheiß eifersüchtig. Also Finger weg von anderen!" Katsuki zwinkerte ihm zu. „Heute Morgen war All Might bei mir. Er hat mich gefragt, ob ich nicht doch mein altes Zimmer an der U.A. haben will."

„Und was hast du ihm gesagt?"

„Ich hab ihm gesagt, dass das nicht in Frage kommt."

Izuku zog die Luft ein und seine Augen weiteten sich. War das sein Ernst? Etwas drückte ihm die Brust zusammen. „Nein...?"

„Nein. Ich will ein Zimmer neben deinem." Er grinste.

Es dauerte einige Sekunden bis er begriff, was Kacchan gesagt hatte. Dann legte sich ein verlegenes Lächeln auf sein Gesicht. „Und, wirst du es bekommen?"

„Ich denke schon. Und wenn nicht, werde ich dafür sorgen. Glaub mir!"


Leider blieb es erst mal bei diesem einen Date. Kacchan besuchte für ein paar Tage seine Eltern im Urlaub in Kobe. Doch Katsuki hatte ihn für den Silvesterabend eingeladen, um mit ihm ins neue Jahr zu feiern. Sie telefonierten viel, aber das war nicht dasselbe. Irgendwann hatte Izuku das Gefühl, die Sehnsucht würde ihn auffressen. Dann endlich war Silvester und er stand aufgeregt vor Katsukis Haustür. Diesmal musste er ihn nicht hereinbitten. Sobald er die Tür öffnete, fiel ihm Izuku um den Hals, riss ihn fast von den Füßen und küsste ihn mit brennender Leidenschaft.

Katsuki hatte Schwierigkeiten sich zu lösen. „Du hast mich doch nicht etwas vermisst?", fragte er lachend.

„Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr."

„Ich hab dich auch vermisst. Aber jetzt komm erst mal rein. Ich hab uns Sushi gemacht. Und dann spielen wir Shogi, wenn du Lust hast. Und wir haben immer noch den Film, den wir uns ansehen wollten."

MY HERO IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt