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Ten

Irgendwann gegen sechs, als Baekhyun gegangen war und wir geduscht hatten, beschlossen wir noch kurz rauszugehen. Stumm zogen wir uns Schuhe und Jacken an und ich öffnete die Tür. Taeyong ließ ich zuerst durchtreten, ganz wie ein Gentleman.

Taeyong lächelte schüchtern und ich schlüpfte hinter ihm nach draußen, sein Lächeln immer noch vor meinem inneren Auge.

Es dämmerte bereits und ich hatte keine Ahnung, wo wir hingehen sollten. Taeyong ebenso wenig, weswegen wir kurz planlos und dümmlich dastanden, bis ich mir einen Ruck gab und einfach nach links deutete. Ich wollte nicht unbedingt mit Taeyong denselben Weg gehen, den ich schniefend nach unserem "Streit" eingeschlagen hatte.

Taeyong folgte meiner stillen Aufforderung dankbar und eine Weile liefen wir nebeneinander her, ohne etwas zu sagen. Ich schob meine Hände in die Jackentaschen. Obwohl seine Anwesenheit angenehm war, war unser Schweigen eher peinlich.

"Er hat alle deine Änderungen extra gelobt", sagte ich irgendwann. Bei dem Gedanken daran, wie begeistert Baekhyun von meinem Partner gewesen war, musste ich lächeln. "Naja, die Grundideen hattest immer du. Ich habe gar nicht so viel gemacht", entgegnete der Koreaner, doch trotzdem konnte ich sehen, dass er verlegen zu Boden sah und leicht rot wurde.

"Du hast wirklich etwas Großartiges aus unserem Projekt gemacht", sagte ich ehrlich. Taeyong zuckte die Schultern. "Sagen wir, es war geteilte Arbeit", wich er aus. Ich seufzte. Von seinem eigenen Können war Taeyong noch nie überzeugt gewesen. Schon als Trainee hatte er mich gelobt ohne Ende, während er seine eigene Leistung mit keinem Wort erwähnt hatte.

So gerne wollte ich ihm sagen, dass er etwas Besonderes war und das nicht nur für mich. Doch ich schwieg und auch Taeyong sagte nichts mehr. "Ich würde Taemin dann morgen mal informieren, dass wir bald mit dem Musikvideo anfangen können. Und morgen können wir ja das mit dem Styling machen", sagte ich leise. "Klingt gut. Soll ich morgen Haarfarbe kaufen?“ Taeyong sah motiviert aus. Lächelnd nickte ich. "Wie du es dir vorstellst, ja. Ich würde sagen, wir machen es einfach nach unseren Vorstellungen und schicken dann Taemin ein Bild. Dann kann er uns einen Stylisten schicken oder es abnicken."

"Keine Ahnung, ob meine Ideen zum Film passen", murmelte der Jüngere unsicher. "Hey." Ich blieb stehen und griff in einem plötzlichen Impuls nach Taeyongs Hand. Er ließ es zu, verfestigte den Griff sogar noch von sich aus, was mich in den siebten Himmel beförderte, doch ich war mit dem, was ich eigentlich sagen wollte, noch lange nicht fertig. "Du solltest mal mehr Selbstvertrauen in dich und deine Ideen haben. Bisher waren deine Vorschläge alle super und wenn du sie mit mehr Selbstbewusstsein rüberbringst, findet Taemin sowieso alles klasse."

Taeyong sagte nichts, lief einfach stumm neben mir her und hielt meine Hand. "Ich konnte es schon damals nicht ertragen, dass du deine Ideen nie gesagt hast", murmelte ich. In Taeyongs Kopf waren schon immer so viele geniale Ideen entstanden, und jedes Mal hatte er sie, wenn überhaupt, nur mit mir geteilt.

Ich glaubte schon aus Prinzip nicht, dass es dieses Mal auch nur ansatzweise unpassend war. Aber vielleicht setzte ich auch zu viele Hoffnungen in den Anderen. Vielleicht war ich geblendet vor Liebe und hielt ihn für perfekt.

Aber er war talentiert, das war ein Fakt. Und als Idol musste man sich eben ab und zu etwas trauen. Ebenfalls ein Fakt. Unglaublich, dass der Idol-Taeyong sexy war und selbstbewusst ohne Ende wirkte, während der private Taeyong zurückhaltend war, schüchtern, mehr niedlich als heiß, und eigentlich alles abnickte, was seine Manager bestimmten. Im Schauspielern war er echt gut.

"Danke." Taeyongs Stimme war ganz leise, und ich lächelte sanft. Damals war ich immer derjenige gewesen, der Taeyong Selbstvertrauen einreden musste und irgendwie machte es nicht den Anschein, als hätte diese Aufgabe in den letzten Jahren jemand anderes übernommen. "Ach ja: Wenn wir bald das MV drehen, wollen wir dann noch festlegen, wer diesen Sub-Part macht?"

"Baekhyun fand dich da sehr gut. Außerdem können wir das nicht klar sagen, weil wir früher geswitcht haben. Aber ich finde, du warst ein besserer Sub." Meine Antwort war unbedacht und unangebracht. Ich biss mir auf die Lippe.

Shit.

"Äh, danke?" Taeyong kicherte, fand meine Worte wider Erwarten nicht komplett beleidigend und unangemessen. "Das klären wir wann anders. Ich find es gerade zu schön, um das durch eine Diskussion zu ruinieren. Über sowas. Und später würde ich dein Bein gerne noch ansehen."

Er drückte meine Hand und im Stillen musste ich ihm Recht geben. Die tief stehende Sonne, die Pflanzen am Fußweg, und Taeyongs Anwesenheit waren einfach wunderschön und beruhigend. Wir lösten unsere Hände nicht, sondern liefen einfach stumm nebeneinander her.

Und genossen die Hand des jeweils anderen.

baby don't stop [taeten]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt