35

136 14 2
                                    

Ten

Die Drinks waren schon längst leer und Taeyong sichtlich müde. Es war auch schon kurz nach Mitternacht. Irgendwie hatten wir gemeinsam in Erinnerungen geschwelgt und die Stimmung war dabei so gut wie noch nie gewesen. Ich weiß nicht mehr, wann und wie es passiert war, aber Taeyongs Kopf lehnte an meiner Schulter. Der Jüngere hatte die Augen entspannt geschlossen und ein leichtes Lächeln auf den Lippen. Er war so schön. "Yongie", wisperte ich. Keine Antwort.

"Taeyong", wiederholte ich lauter. Da er sich immer noch nicht regte, wagte ich es, ihm eine Haarsträhne aus dem Gesicht zu streichen. Das hatte ich früher auch immer gemacht, jetzt fühlte es sich jedoch anders an. Verbotener. Ich gab mir noch einige Sekunden, den schönen, jungen Mann neben mir zu betrachten, dann bewegte ich meine Schulter. "Yongie, wach auf."

Er blinzelte erst, gähnte anschließend herzhaft und steckte mich damit an, und sah mir dann in die Augen. Wir waren uns so nahe. Ich hatte ein Déja-Vu an die etlichen Abende, an denen ich ihn einfach in mein Bett getragen und ihm einen Kuss auf die Stirn gegeben hatte. "Du musst ins Bett." Das ging nach hinten los, denn der Andere schloss die Augen wieder. "Aber es ist grade so gemütlich hier", nuschelte er.

"Morgen früh nicht mehr. Komm jetzt, steh auf", murrte ich und rüttelte an seinem Arm. "Oder soll ich dich wieder tragen?" Es war ausgesprochen, bevor mein Kopf es verbieten konnte. Ich biss mir hart auf die Lippe, doch mein Projektpartner lächelte nur aus müden Augen. "Ja", sagte er schlicht und ich war sprachlos. Sollte ich jetzt meinen Ex wie früher, im Brautstyle, hochheben? Die Entscheidung wurde mir abgenommen, als Taeyong seine Arme ausbreitete.

Ich nahm ihn hoch, versuchte so gut es ging, den Taeyong-Geruch zu ignorieren, der durch seine Arme um meinen Hals nur noch verstärkt wurde. Ich fühlte mich wie im siebten Himmel, als ich Taeyong mit einem Ruck hochhob und dann behutsam in sein Zimmer trug. Er schien mir immer noch zu vertrauen, denn er hielt sich kaum fest und schloss wieder die Augen. Irgendwann kippte sein Kopf an meine Brust, was mich lächeln ließ. Da er wohl nicht mehr ansprechbar war, legte ich Taeyong sanft auf seinem Bett ab, deckte ihn ordentlich zu und stellte seinen Handywecker auf neun Uhr.

Da regte sich Taeyong. "Danke", wisperte er und schaute mich aus müden Augen an. Ich lächelte einfach nur als Antwort. Ob ich ihm einfach einen kurzen Kuss geben sollte? Vielleicht hatte ich Glück und morgen würde er es als Traum abstempeln, in dem Zustand, in dem er jetzt war. Taeyong hatte meinen sehnsüchtigen Blick wohl bemerkt und auch seine Augen huschten gelegentlich zu meinen Lippen.

Kurz schien es, als wollte er etwas sagen, doch er ließ es bleiben und stützte seinen Kopf auf seiner Hand ab. Wie hypnotisiert kniete ich mich zu ihm runter. "Alles gut so?"

"Ja, fast."

Der kurze Kuss, der darauf folgte, fühlte sich so vertraut und doch so neu und aufregend an.

Dass sein Entsperrcode immer noch derselbe war wie vor Jahren, fiel mir in meinem Gefühlschaos erst auf, als ich schon längst im Bett lag. Wie automatisiert hatte ich einfach sein Handy entsperrt, obwohl ich das seit Jahren nicht getan hatte. Mit 2702, meinem Geburtsdatum - das brachte mich erst zum Stutzen, später zum Lächeln.



baby don't stop [taeten]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt