36. This Moment That Time Stops

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~ Akita, 31. August 2012 ~

Nach dem heutigen Vormittagstraining geht es am Nachmittag mit dem individuellen Training weiter. Iwasaki hat mir wieder ein Einzeltraining angeboten, welches ich natürlich angenommen habe. Gerade bei meinem Linkshänder-Angriff brauche ich noch dringend Hilfe. Ohne Zuspielerin allerdings schwierig. Meine beste Freundin hat mich nämlich wieder einmal verlassen. Einerseits um ihr eigenes Zuspiel zu verbessern. Andererseits will sie meinen Bällen entgehen, die sie sonst wieder treffen. Verständlich. Zu meinem Glück meinte Iwasaki, dass er sich noch etwas für das weitere Training überlegen wird. Mal abwarten, um was es sich dabei handelt.

Jetzt warte ich auf den besagten Nationalspieler in der Halle. Die Wartezeit überbrücke ich schon einmal mit ein paar Aufschlägen. Natürlich mit links. Dank Iwasakis Hilfe klappt es schon deutlich besser als noch letzte Woche. Seine Tipps sind wirklich Gold wert und haben mir viel gebracht. Ein unglaublicher Fortschritt. Es ist aber noch lange nicht perfekt. Interessant wäre es auch mal zu sehen, wie der Ball vom Gegner angenommen wird. Diesbezüglich kann ich sicherlich Elaine begeistern. Sie freut sich die ganze Zeit schon darüber meine Bälle, die mit links geschlagen werden, anzunehmen. Meine Lieblingschaotin scheut eben keine Herausforderung.

Ich werfe den Ball hoch und nehme Anlauf, bevor ich hochspringe. Mit links hole ich aus und schlage zu. Der Ball fliegt über das Netz und landet in der rechten Ecke des Feldes. Sicher komme ich auf dem Boden auf. Ein perfekter Sprungaufschlag mit links. Wahnsinn. Ein unbeschreibliches Gefühl. Neben mir vernehme ich ein Klatschen. Immer noch begeistert drehe ich mich um. „Sehr gut. Wenn du so weiter machst, wirst du noch viele damit überraschen. Deine Bälle werden nur schwer annehmbar sein", kommt es von Iwasaki, „Und entschuldige, dass du warten musstest. Dafür habe ich dir jemanden mitgebracht." Mein Blick fällt auf die pinkhaarige Person neben ihm. Amari. Mit ihr habe ich jetzt nicht gerechnet. „Bilde dir ja nichts ein. Ich mach das nur, weil ich darum gebeten wurde", meldet sich die Zuspielerin der Aoba Johsai gleich zu Wort. Ob da nicht doch mehr dahinter steckt, als sie zugibt? Was soll's. „Wir werden an deinem Angriff und Amaris Zuspiel arbeiten", klärt er mich auf, „Da ihr beide schon warm seid, können wir gleich anfangen."

Gesagt, getan. Die ersten paar Male ist das Zusammenspiel gar nicht so leicht. Amaris Zuspiel ist unglaublich gut. Ihre Bälle sind leicht zu treffen. Aus fast jeder Position. Sie weiß bereits nach kurzer Zeit, welche Bälle der Angreifer am einfachsten treffen kann und passt sich dementsprechend an. Eine wertvolle Fähigkeit für ein Team. Aber ich stelle mich dafür einfach zu blöd an. Im regulären Training hat sie mir auch schon öfters zugespielt. Mit rechts hatte ich keine Probleme. Allerdings ist es mit links nochmal eine komplett andere Sache. Komplizierter. „Alisya, nimm beim Ausholen den Oberkörper und die Schulter mehr mit. Dafür hast du sie und behalte die Spannung im Arm bis zum Schluss aufrecht", weist Iwasaki mich an, „Konzentrier dich auf dem Ball." „Hai", stimme ich zu und wische mir einmal über die Stirn. Mir ist warm. Kurz lasse ich meine Schultern kreisen, um diese zu lockern. Das dürfte doch nicht so schwer sein. Ich hab es doch schon mal geschafft. Also machbar. Iwasaki wirft der Zuspielerin den Ball zu. Ich renne los und stoße mich vom Boden ab. Gleichzeitig hole ich mit meinem linken Arm aus. Der Ball erscheint vor mir, allerdings treffe ich ihn nur ganz knapp. Doch die Kraft war da. Er fliegt einmal seitlich quer durch die Halle, prallt an der Wand ab und kommt schließlich auf dem Boden zum Stillstand.

Iwasaki musste dem gefährlichen Querschläger sogar ausweichen. Ups. So war das jedenfalls nicht geplant. „Na immerhin müssen wir nichts an der Kraft machen", kommt es von Iwasaki, der den Ball wieder aufhebt, „Amari, versuch mal den Ball ein kleines Stückchen weiter zuzuspielen. Stell dir den Punkt bildlich vor, wo der Schlagarm des Angreifers ist. Du bist zu stark auf einen rechtsschlagenden Angreifer fixiert. Ob der Schlagarm rechts oder links ist, sollte dir egal sein. Du musst auf beides eingehen können." „Wie hoch ist bitte die Wahrscheinlichkeit, dass ich nochmal einem Linkshänder zuspielen muss?", höre ich Amari murmeln. Doch ihre Worte wurden gehört. „Das Training ist nicht unbedingt dazu da, dass du einem Linkshänder zuspielen kannst. Ein etwas weiterer Ball kann vielseitig eingesetzt werden. Beispielsweise für Überraschungsangriffe oder Finten." Brummend stimmt die Zuspielerin schließlich zu. Da hat er schon recht.

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