Die folgenden Nächte gestalten sich im Übrigen kein Stück anders, was den Lärmpegel betrifft. Entweder es ist Musik oben, oder weiblicher Besuch nebenan – manchmal sogar beides hintereinander.
Es ist zum Verrücktwerden. Mittlerweile bin ich an einem Punkt angelangt an dem ich schon mit dem Gedanken spiele, mir eine Dartscheibe mit Audens Gesicht drauf zuzulegen.
Das einzig Gute an dieser Woche ist, dass das Umzugsunternehmen endlich meinen ganzen Kram vorbeigebracht hat. Während ich also dabei bin alles einzuräumen, stelle ich meine Bluetooth-Box auf ein Regal im Wohnzimmer und mache Musik an – sehr laute Musik.
Mit schief gelegtem Kopf lausche ich ›Venus‹ von Bananarama und entscheide, es noch lauter zu machen. Als ich mir sicher bin, dass man es bis nach unten ins Erdgeschoss hören muss, nicke ich zufrieden.
Mit einem diabolischen Grinsen mache ich mich daran, die Kartons zu öffnen. Immer wieder schiele ich zur Eingangstür und lausche auf ein heftiges Klopfen – nicht dass ich es hören würde, wenn ich nicht speziell darauf achte. Und selbst dann ist es nur Glücksache.
Während ich meine sauber gefalteten Küchentücher aus einem der Kartons hole, passiert es schließlich: es klopft, und das sehr energisch. Ich kann es mir gerade noch verkneifen, böse grinsend die Hände zu reiben, als ich zur Tür tapse.
Ich gucke durch den Spion und sehe einen mir nur allzu bekannten Mann mit wirren blonden Locken und einem nicht sehr erfreuten Gesicht. Breit grinsend öffne ich schwungvoll die Tür.
Okay, darauf war ich nicht vorbeireitet.
Wenn ich ihn schon letztens sehr anziehen fand – auch wenn es mir nicht gefällt, das zuzugeben – so strömt Auden in diesem Moment Sex-Appeal aus, wie die Sonne UV-Strahlen. Woran genau das liegt, kann ich nicht einmal festmachen. Ich denke, es ist die Tatsache, dass er mich so intensiv anschaut und wirkt, als würde er mir jeden Moment an die Kehle springen.
Warum ich ausgerechnet das heiß finde, weiß nur der Herrgott allein.
»Callah!«, knurrt er jetzt auch noch und sieht mich mit diesen dunkelbraunen Augen an. Sofort schießt mein Puls in die Höhe und ich spüre brennende Hitze an Stellen meines Körpers, an denen ich definitiv keine spüren will. Verdammt, so war das nicht geplant.
»Hör auf, meinen Namen so zu sagen!«, maule ich. Er wirft die Arme in die Luft und ruft: »Ein Wunder, dass du das bei diesem Lärm überhaupt gehört hast!«
Dieser Typ treibt mich noch zur Weißglut!
»Dein scheiß Ernst?!«, kreische ich. Wenn ich mich in diesem Moment selbst sehen könnte, würde ich mich vermutlich nicht wieder erkennen. Ich war noch nie die leidenschaftlichste Person, Schreien ist bei mir also normalerweise nicht drinnen.
Er breitet die Arme aus. »Hey, wenigstens mache ich Musik und nichts, was einem das Trommelfell zum Bluten bringt!«
Den Refrain, den ich normalerweise laut mit gröle, nehme ich in diesem Moment kaum wahr. Ich bin viel zu wütend. Nein, das stimmt nicht, ich bin rasend vor Wut. Ob auf ihn oder auf mich ist schwer zu sagen.
Schnaubend überbrücke ich die Distanz zwischen uns und steche meinen Zeigefinger in seine Brust. »Meine Ohren bluten ganz bestimmt, wenn ich dir noch ein verdammtes Mal beim Sex zuhören muss, du Wüstling!«
Amüsiert kräuselt er die Lippen. »Hast du mich gerade Wüstling genannt?«
»Ja! Du bist ein Wüstling!«
»Nein, ich habe einfach nur gern Sex.«
»Urgh, erspar's mir! Ich will gar nicht wissen, was für ein blühendes Bouquet an Geschlechtskrankheiten du mit dir rumschleppst.«
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Nachtluft
RomanceOPEN NOVELLA CONTEST 2021 - SHORTLIST Callah liebt Eric. Sie legt ihm ihr Herz in die Hände und heiratet ihn in dem Glauben, auch seines zu besitzen. Doch als die junge Grafik-Designerin eines Nachts als Überraschung in seinem Hotelzimmer aufkreuzt...